alba inside goes Juschne, Yuzhny, Yuzhne, Южне (und diverse andere Schreibweisen)! Juschne, diese Stadt am Schwarzen Meer, bekannt für … ähm … nüscht! Sofern man einen Industriehafen und Chemiefabriken nicht als Sehenswürdigkeiten ansieht. Anders sieht es da schon bei der nächstgrößeren Millionen-Stadt Odessa aus. Reich an Geschichte und auch tatsächlich materiellen Gütern, Kulisse für Puschkins „Eugen Onegin“ oder Sergej Eisensteins Stummfilmklassiker „Panzerkreuzer Potemkin“ sollte unsere „Basisstation“ für diese Tour sein. Immer mal wieder werden wir gefragt: Wie kommt man eigentlich auf die Idee zu so einer Alba-Auswärtsfahrt?
Tja, wie kommt man auf diese Idee, die doch reichlich obskur und abgedreht klingt. Tatsächlich … klingt es wohl nicht nur so. Im Grunde genommen ist es – natürlich – keine reine Alba-Auswärtsfahrt sondern auch gleichzeitig Urlaub. Das dazugehörige Auswärtsspiel von Alba ist im Prinzip der Aufhänger, die Klammer um alles, der Rahmen für die Organisation solch einer Fahrt. Und das seit vielen Jahren. Der Vorteil ist ein fixer Termin. Unternehmungen, die mit „Irgendwie müsste man mal irgendwie zusammen irgendwo …“ verlaufen oft im Sande. Besser läuft es, wenn Spieltermin und -ort den Rahmen abstecken und man da herum eine gemeinsame Tour organisiert. Ein weiterer Vorteil ist, dass man dadurch auch mal an Orte auf dieser Welt kommt, die man sonst nicht zwingend ansteuern würde. Ventspils, Nymburk, Vilnius, Oostende, Siauliai uam. In den wilden Jahren ging es auch schon mal im Linienbus nach Zagreb, heutzutage dann doch bequemer per Flugzeug. Mal sind es zwei Leute, mal 20, meist irgendwas dazwischen. Meist wird versucht, vor Ort eine Wohnung zu mieten – Selbstbestimmung aka Selbstversorgung ist ein hohes Gut – mal tut es aber auch ein Hotelzimmer. Nach der sich abzeichnenden Zusammensetzung von Albas Zwischenrunden-Gruppe im Eurocup war die Idee der Reise nach Odessa schnell geboren, letztlich fanden sich dieses Mal aus diversen Zeit- und sonstigen Gründen jedoch nur zwei Leute. Klein, aber fein, diese „Gruppe“, die ja eigentlich gar keine ist, denn zu einer Gruppe gehören ja mindestens drei.
Nun also Odessa. Der organisatorische Koordinationsaufwand ist bei zwei Leuten natürlich sehr gering, Flüge, Hotel, Reiseführer und Absprachen mit Chimik Juschne schnell geklärt. Von Sonntag früh bis Freitag Abend sollte es also ans Schwarze Meer gehen.
Sonntag, 26.01. Der Wecker klingelt. 5:55 Uhr, in Worten fünf Uhr fünfundfünfzig! Wer hatte eigentlich diese doofe Idee mit Odessa? Im Halbschlaf die üblichen morgendlichen Routinen in Bad und Küche abgespult und ab nach Schönefeld. Bus brummt, S-Bahn zuckelt. Die, die noch unterwegs sind, treffen auf die, die schon wieder unterwegs sind. Alle wirken so, als wollen sie einfach nur ihre Ruhe haben, die einen endlich, die anderen noch. Ein Penner macht, was er dem Namen nach zu tun hat: er pennt. Vor den Scheiben wird die Muddastadt schwarz zu grau. Dunkelgrau, hellgrau, blau wird es nicht mehr. Schwarz und grau sind überhaupt die (un-)modischen Farben dieses tristen Morgen, aber uns interessiert es nur am Rande, denn wir wollen ja weg. In Schönefeld kaufe ich mir noch ein Flughafen-Restaurant. Ach nein, ich bezahle nur eins, bekommen tue ich jedoch lediglich einen großen Kaffee und einen Muffin. Einchecken zum Aeroflot-Flug nach Moskau, alles wie immer. Die nette Dame am check-in fragt, ob wir die Plätze am Notausgang mit mehr Beinfreiheit möchten, klar wolln wa! Erste Erkenntnis des Tages: Der Singsang der Stewardessen bei der Startroutine hat in jeder Sprache der Welt die gleiche Melodie. Man muss kein Wort russisch verstehen, um zu wissen, welches Sprüchlein gerade dran ist, man muss nur auf die Melodie achten. Der Flug verläuft ohne Komplikationen, das Essen ist richtig schlecht, aber der Kaffee noch schlechter.
In Moskau Sheremetjovo ist der Plan, innerhalb einer Stunde vom Flieger aus Berlin zum Flieger nach Odessa zu wechseln. Wir kommen auch problemlos zu unserem gate und warten aufs Einsteigen. Bis dahin alles nach Plan, dann jedoch über die Lautsprecher die Information, dass sich die Passagier des Flugs nach Odessa bitte an der Information einfinden möchten. So weit, so schlecht! Aber wo ist die überhaupt? Schwarmintelligenz hilft weiter, einfach der Masse der vermuteten Mit-Betroffenen hinterher. Ein wichtiger Mensch der Aeroflot erklärt was, die Russen brummen und zetern (wer will es ihnen verdenken?) … und ich schnappe ab und zu mal ein russisches Wort auf. Das russische Wort für Nacht fällt öfter, uns schwant nichts Gutes. Wir suchen uns eine englischsprachige Aeroflot-Mitarbeiterin. Die ist nett, hat aber nichts Nettes zu sagen. Kurz und knapp: Unser Flug fällt wegen schlechtem Wetter aus, sie bucht uns auf den nächsten Flug um Mitternacht um, bis dahin bringen sie uns in einem Hotel unter. Die Russen können gleich abtreten und sollen um Mitternacht wieder da sein. Die nächste Gruppe, die abgefertigt wird, sind Ausländer mit Visa oder ohne Visapflicht, vor allem Ukrainer. Dann sind wir dran, die Ausländer ohne Visa, die den Transitbereich des Flughafens nicht verlassen dürfen; eine handvoll Leute, deren Nationalität wir nicht ermitteln konnten, drei Seemänner aus Lettland, mit denen wir ins Gespräch gekommen sind (und die russisch verstehen), eine Deutsche, die schon auf dem Flug aus Berlin war und eben wir. Dann begann ein Marathon unglaublichen Ausmaßes, verbunden mit zig Mal Kontrolle unserer Papiere, diversen Stempeln, unzähligen Malen security check und immer wieder Bewegen von einem Platz zu einem anderen und warten, warten, warten. Die Hintergründe sind für uns nicht durchschaubar, aber letztlich sitzen wir in einem Aeroflot Bus, der uns in ein Hotel bringen soll. Es wird niemanden wundern, daß auch der ständig irgendwo anhält und wartet, zwischendurch mal kreuz und quer übers Rollfeld gurkt und tatsächlich nach einer dreiviertel Stunde an einem Hotel ankommt. Wieder Passkontrollen, Papierkram und – natürlich – warten! Wir bekommen ein Zimmer, das brauchbar ist, Internet und Fernsehen bietet. Die komplette Etage des Hotels ist von Aeroflot für Ausländer ohne Visa angemietet, sozusagen exterritoriales Gebiet. Man darf sich auch nicht frei in dem Hotel bewegen, lediglich zwischendurch mal zum Essen, da aber auch mit Bewachung. Um 22 Uhr soll uns ein Bus wieder abholen und wieder zum Flughafen bringen. Erwartungsgemäß ist um 22 Uhr kein Bus da. Auf Nachfrage heisst es – na was wohl? – wir sollen warten! Immerhin nur 45 Minuten. Auch der Bus schafft es nicht ohne mehrere längere oder kürzere Stopps zum Flughafen, schafft es aber letztlich doch. Dort erwartete uns der wasweisichwievielte security check. In den wilden Jahren war ich als DJ mal auf einer Russland-Tournee und hatte mir damals geschworen, nie nie nie nie wieder einen russischen Inlandsflug zu nehmen; offiziell ist Moskau – Odessa kein Inlandsflug (mehr), ganz praktisch irgendwie schon. Der Mitternachtsflug nach Odessa war mit einer halben Stunde Verspätung nahezu sensationell pünktlich, nur eine einzige Passkontrolle in Odessa fast schon laissez faire. Gepäck abholen, Taxi suchen und Preis aushandeln, zum Hotel fahren, einchecken … und schon war um 01:30 Uhr in der Nacht, die Anreise geschafft. Geschafft waren wir auch, nur noch ins Bett gefallen.

Dienstag, 27.01. Wir nutzen erst mal die Gelegenheit unser Hotel zu checken. Und haben eine gute Wahl getroffen, alles Top. Gerade auch das Frühstück ist hervorragend und wir können uns gestärkt auf den Weg zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt machen. Erschwert wird das von einer eklig bissigen Kälte mit Schneefall und scharfem Wind. Wir sind Touristen und tun, was Touristen so tun. Denkmäler, Museen, Theater, Kirchen. Odessa war einst mal eine sehr reiche Stadt und das sieht man noch an vielen Ecken, bei schönem Wetter kann es hier sehr schön sein. Odessa ist eine recht junge Stadt, gewissermaßen eine Retortenstadt, die 1794 von der russischen Zarin deutscher Herkunft, Katharina der Großen, per Dekret gegründet wurde. Maßgeblich aufgebaut wurde Odessa von deutschen Einwanderern aus der Pfalz, Würtemberg und Bayern, die Architektur ist durch deutsche und österreichische Architekten geprägt. Allerdings sieht man auch an einigen Ecken, dass sich die Sowjet-Macht größte Mühe gegeben hat, das alles herunter zu wirtschaften. In der unabhängigen Ukraine geht es aber mit Kultur und Architektur wieder bergauf, nicht zuletzt durch großzügiges Sponsoring reicher Odessiter, die mal ausgewandert sind, aber nie ihre Herkunft vergessen haben. Details zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt sind für Unbeteiligte sicher so spannend, wie der viereinhalb stündige Diavortrag von Omas letztem Ostsee-Urlaub (Oma am Strand, dann Oma am Strand und noch mal Oma am Strand). Das ersparen wir euch mal.
Dienstag ist noch mal Touri-Tag und Mittwoch dann schon game day. Dann berichten wir von unseren Erlebnissen um das Spiel herum. Stay tuned!
3 Gedanken zu „Yuzhne adventure tours – Ein Reisebericht, pt I“