Ein Foto aus besseren Zeiten, die aber auch schon ein knappes Jahrzehnt zurück liegen, weckt Erinnerungen. Das letzte Meisterteam von Alba Berlin! Von dem übrigens immer noch sieben Spieler aktiv sind: Bobby Brown in der NBA, Philipp Zwiener in der ProB in Oldenburg, Sasa Rasic bei Transilvania Cluj in Rumänien, Mladen Pantic bei KK Mornar in Montenegro und mit Nico Simon (Braunschweig), Julius Jenkins und Immanuel McElroy (beide Jena) sogar drei in der BBL. Johannes Herber schreibt, Sasa Nadjfeji und Dragan Dojcin haben – mehr oder weniger erfolreich – die Trainer-Karriere eingeschlagen, Oskar Faßler hat nichts mehr mit Basketball zu tun und sich eher spirituellen Dingen zugewendet und Goran Nikolic ist als Agent tätig. Meistertrainer Luka Pavicevic hat es nach Japan verschlagen, wo er vor kurzem Nationaltrainer wurde. Wehmut kommt auf, beim Blick auf den aktuellen Zustand des einst so großen Berliner Basketball-Verein, besonders, wenn man an das durch und durch chancenlose Spiel des aktuellen Teams am Wochenende gegen Bayern München Basketball und die peinliche zweite Halbzeit gegen Jena denkt. Es war ein Manifest, die schmerzhafte Dokumentation, wie unendlich weit Alba Berlin inzwischen von der nationalen Spitze entfernt ist. Und es kommen einem die Sterne in den Sinn …
… nein, nicht die am Himmel, nicht die, die der Boxer beim k.o. sieht, nicht die, die irgendwo stehen und ständig jemand fragt wo, sondern um gute, alte „Hamburger Schule“. Die Musiker von „Die Sterne“ hatten 1996 sicher nicht Alba Berlin im Kopf, als sie einen ihrer größten Hits veröffentlichten, aber die Frage, die sich die Deutschpop-Band in einem ihrer größten Hits stellte, kann man sich auch in Bezug auf die Situation von Alba Berlin stellen: Was hat dich bloß so ruiniert?
Damit die Spätgeborenen, die 1996 noch aufmerksam dem Singsang der Teletubbies lauschten wissen, worum es eigentlich geht:
Sicher könnte man sich mit der aktuellen Situation von Alba Berlin beschäftigen, dem absoluten Formtief und den damit verbundenen Leistungen, interessanter finden wir jedoch die Frage, was wann passiert ist, damit Alba statt das dominante Team der Liga zu sein inzwischen nur noch eines von vielen Teams ist.
Na dann mal rein in die Exegese …
Warst du nicht fett und rosig?
Warst du nicht glücklich?
Bis auf die Beschwerlichkeiten
Mit den anderen Kindern streiten
Mit Papa und Mama
Oh ja! Fett im Geschäft war Alba wirklich, rosig die Zeiten, ein Hort von Glückseligkeit. Ein knappes Jahrzehnt von Mitte der 90er bis Mitte der 2000er Jahre. Man beherrschte die Liga nach Belieben, eine Meisterschaft reihte sich an die andere, sog. „sweeps“ in den Playoffs inklusive. Beschwerlichkeiten waren überschaubar und „die anderen“ machten den Berlinern diese Vormachtstellung nicht wirklich streitig. Der Blick richtete sich nach Europa, wo man sich ebenfalls aufgemacht hatte, zur erweiterten Spitze zu hören. Nationale Titel sollten irgendwie nebenbei abfallen. Doch es sollte anders kommen …
Wo fing das an und wann?
Was hat dich irritiert?
Was hat dich bloß so ruiniert?
Irgendwann ging es nicht mehr in dieser Richtung weiter. Das Wo? ist recht klar; natürlich in der Basketball Bundesliga. Das Wann? ist schon schwieriger, das ist eher ein Prozess als ein Ereignis gewesen. Ein Teil der Wahrheit ist dabei sicher, dass man während der Ära Pesic mehr Geld ausgegeben hat, als gut und richtig war, das Ziel Europas Spitze war zu verlockend. So etwas geht nicht ewig, nachdem man jahrelang geklotzt hat, musste dann ab Mitte der 200er auch mal gekleckert, d.h. gespart werden. Einer von mehreren Aspekten, der die Vormachtstellung gekostet hat. Dass man nach dem Abgang von Svetislav Pesic eher auf die kleine, interne „Familien“-Lösung mit Mutapcic und Rödl statt auf einen internationalen Coach setzte, hat sportlich auch Einiges gekostet.
Dass sie nicht zuhören wollten
Oder nichts glauben
Waren sie dumm zu dumm um zu verstehen
Wovon du erzählt hast
Wollten sie die Wahrheit rauben
Und dich einsperren
In ihren Kaktusgarten
Konnten sie damit nicht warten?
Einer der – vielleicht DER – Schlüsselmoment war die Liberalisierung des Spielermarkts. Alba Berlin war der erste Verein, der sehr intensiv in professionelle Strukturen im Nachwuchsbasketball investiert hatte, gemeinsam mit dem TuS Lichterfelde. Eine Professionalität, die wirklich Lichtjahre von der Konkurrenz entfernt war. Auch etwas, was dem gesamten deutschen Basketball zugute kam, 2003 spielten bei der WM 10 von 12 Spieler, die bei Alba bzw. TusLi ausgebildet wurden. Diese Investitionen waren auch eine Frage des Geldes und des es-sich-leisten-können, aber auch bzw. in erster Linie eine Frage von Überzeugungen und des Konzepts. So haben TusLi und Alba junge Spieler hervor gebracht, die sich in der zweiten Liga in Lichterfelde und der ersten bei Alba optimal entwickeln konnten. Genau das war der Vorteil gegenüber der Konkurrenz, nicht die 2, 3 ausländischen Profis. Mit dem nahezu kompletten Wegfall der Beschränkungen für ausländische Spieler waren diese über Jahre getätigten Investitionen in junge, deutsche Spieler sehr, sehr viel weniger wert, DER große Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz somit obsolet. Aus rein finanziellen Gründen hätte Alba Berlin damals wohl auch darauf weitgehend verzichten müssen, aber eigene Konzepte und Überzeugungen sprachen dagegen. Ja, sie – die anderen Vereine, „die BBL“, – wollten nicht zuhören, waren zu „dumm“ zu verstehen, welche Bedeutung deutscher Nachwuchs und dessen Förderung für den gesamten deutschen Basketball und die Nationalmannschaft hat. Das eigene Hemd, sprich günstige ausländische Spieler in großer Auswahl, war den meisten näher. Dass das auch dem Platzhirsch Alba einen Wettbewerbsvorteil nimmt, war sicher ein gern gesehener Nebeneffekt Jahre später hat man erst gemerkt dass das der Beginn der dunkelsten Periode des deutschen Basketballs war. Die Korrelation zwischen dem Einsatz von bis zu 9 Ausländern und dem sportlichen Abstieg von Alba Berlin lässt sich klar belegen.
Wo fing das an?
Was ist passiert?
Hast du denn niemals richtig rebelliert?
Kannst du nicht richtig laufen?
Oder was lief schief?
Und sitzt die Wunde tief in deinem Inneren
Kannst du dich nicht erinnern?
Bist du nicht immer noch
Gott weiß wie privilegiert?
Hat Alba Berlin nie richtig rebelliert? Für Rebellion steht Alba in der Tat nicht! Der Verein ist konservativ aufgestellt. Zu konservativ? Wäre manchmal mehr Mut, mehr Rebellion nötig? Alba Berlin betont immer wieder die Langfristigkeit, man will in 20 Jahren noch in der Spitze mitspielen, die stabile Basis ist den Machern wichtig. Ein schlauer Mensch / Fan meinte kürzlich „Wenn die Basis tatsächlich so sicher und stabil ist, wie immer betont wird, DANN könnte man doch von dieser Basis auch mal mehr Risiko wagen, denn die stabile Basis bleibt ja“. Daran könnte etwas dran sein.
Sitzt die Wunde im Innern? Vielleicht nicht die Wunde, aber vielleicht ein Teil des Problems. Der „inner circle“ hat sich über zwei Jahrzehnte wenig verändert. Das hat Vorteile, man vertraut sich und weiß, auf wen man sich verlassen kann. Es hat aber auch Nachteile. Es gibt wenig Erneuerung, wenig neue Blickwinkel, wenig Einfluss von außen. Bei Alba Berlin vielleicht von allem ein bisschen zu wenig. Ein neuer Sportdirektor, der seine Erfahrungen aus der ACB und NBA einbringt und einen anderen Fokus hat, ist zumindest mal ein Anfang …
Oder was lief schief? Da kommen ein paar Punkte in den letzten Jahren zusammen:
– Der Hauptsponsor ALBA AG hat(te) so einige wirtschaftliche Probleme, konnte das Tempo der Konkurrenz bei den Etaterhöhungen nicht so richtig mitgehen. Gleichzeitig ist er dermaßen dominant, dass der Basketballclub für andere Sponsoren nicht mehr ausreichend interessant ist. Der Basketballverein ist mit „Alba“ besetzt.
– Die Halle, sorry Multifunktions-blablub-Sponsor-„Arena“! Mit dem Riesenteil ist auch ein Stück Wir-Gefühl und „Intimität“ zwischen Fans und Verein abhanden gekommen. Mehr Konsumenten, weniger emotionale Bindung! Im Basketball spielt echter ROI (return on investment) bei Entscheidungen nicht so eine große Rolle wie im Fussball, sogar eher eine untergeordnete Rolle, da ist Emotionalität viel entscheidender dafür, wo man sein Geld reinsteckt. Dieses Gefühl stellt sich in der Riesenhalle nicht so richtig ein, die ist eher was für return on investment.
– Die andere Halle. Dadurch, dass Alba Berlin die Max-Schmeling Halle frei gemacht hat, bot das Raum für die anderen „Randsportarten“, die diesen zum Teil gut genutzt haben. Die Füchse und Volleys haben im letzten Jahrtausend noch vor dreistelligen Zuschauerzahlen gespielt, füllen jetzt mit einigen tausend Fans die MSH. Damit ziehen sie nicht nur Zuschauer, die sonst eher zum Basketball gegangen wären, sie sind in dieser größeren Rolle auch interessanter für Sponsoren, von denen es in Berlin eh nicht allzu viele gibt. Sinngemäß gilt vieles auch für die Eisbären, die viele Zuschauer in die Arena ziehen. Auch der Berliner kann den Euro nur ein Mal ausgeben.
Bist du nicht immer noch Gott weiß wie priviligiert? Ja, die Berliner sind in gewisser Weise priviligiert. Weltstadt, moderne Halle, immer noch recht viele Zuschauer – das sind grundsätzlich erst mal ganz gute Voraussetzungen. Hat man sich von den ansich guten Voraussetzungen zu lange blenden lassen und geglaubt, alles andere würde sich schon finden?
Wo fing das an?
Was ist passiert?
Was hat dich bloß so ruiniert?
Wo fing das an?
Was ist passiert?
Was hat dich bloß so ruiniert?
Wo fing das an?
Was ist passiert?
Was hat dich bloß so ruiniert?
Wo fing das an?
Was ist passiert?
Was hat dich bloß so ruiniert?
Wie gesagt, alles zusammen und jedes Teilchen ein bisschen hat dafür gesorgt, dass Alba Berlin vom ehemaligen Platzhirsch zum nur noch einem Mitläufer geworden ist. Den Speed geben leider andere wie Brose Bamberg, Bayern München oder Ulm vor. Ruiniert ist dabei natürlich im übertragenen Sinne zu sehen.
Was nun, Alba? Fazit!
Dass etwas passieren muss, sollte allen klar sein, denn Basketball funktioniert in einer Stadt wie Berlin, die ein riesiges Angebot in Sachen Sport und Entertainment bietet, nur, wenn man an der Spitze mitspielt. Ganz klar ist auch, dass weder 1.500 Leute mehr in der Halle noch neue Kleinsponsoren die Lücke zur Spitze schließen werden. Basketball ist leider nicht bedeutend genug, um damit große Sponsorengelder zu generieren. Am Ende wird es nur über strategische Sponsoren, man kann auch das böse Wort Mäzene in den Mund nehmen, gehen. Oder die Alba AG erhöht ihr Engagement, denn denen kann es auch nicht recht sein, wenn der eigene Name mit Niemandsland in Verbindung gebracht wird. Die Frage ist, inwieweit sie es können oder wollen. Ansonsten sollte sich der Hauptsponsor in seiner Dominanz etwas zurück nehmen und Raum für mögliche andere Interessenten schaffen. Ein Gedanke, der den Verantwortlichen bei der AG und dem Verein seit Jahr und Tag Bauchschmerzen bereitet. Denn es bedeutet Abgabe von Entscheidungsgewalt, Mitsprache von Anderen. Nichtstun ist allerdings auf keinen Fall eine Lösung, denn dadurch ändert sich nichts, sondern dreht die Spirale immer weiter Stück für Stück nach unten. Und DAS möchte sich nun wirklich niemand vorstellen, dem (Berliner) Basketball am Herzen liegt …
Konkret:
1. Wo früher wenigstens zweitklassige Amerikaner geholt wurden, müssen es jetzt drittklassige Spieler (Atsür) richten, deren einzige Stärke ihr Pass ist.
2. Neueinkäufe kommen zu 90 Prozent aus ausländischen Ligen und haben nicht immer BBL Niveau (liegt auch am gestiegenen BBL Niveau). Anstatt bei Oldenburg oder Ulm zu wildern und so die Konkurrenz zu schwächen.
3. Der Verein zählte vor drei Jahren zu den besten Teams in Europa (7-7 in der TOP 16 Runde). Seit dem hat meinen neuen Trainer geholt, der als Experiment gelten muss, einen Sportdirektor, der durch die Niederungen der unterklassigen amerikanischen Ligen tingelt und ein Nachwuchssystem aufgebaut („größter Verein Deutschlands“) ohne Nachwuchs.
4. Hoffnung macht einzig, dass im Basketball zwei gute Spieler ausreichen können, um ein Team rumzureißen. Vielleicht findet ja Alba solche Spieler mal zufällig. Kikanovic, Milosaljevic, Giffey, Miller und Siva haben jedenfalls ein sehr gutes Niveau.
Andere Personalien in letzter Zeit (Ashley, Johnsohn) sorgen für Stirnrunzeln. Hier muss auch Baldi hinterfragt werden.
Die Alba“Führung hat einen Trainer verpflichtet,der von Verteidigung kaum Ahnung hat
Man denkt immer es kann nicht schlimmer werden,.denkste
es wurde in den letzten Wochen noch schlechter.
Vielleicht ist Marco Baldi zu lange an der Spitze und Der Sportdirektor fehl am Platz?
W.Riedel