Teamvorstellung: TBB Trier

Teamfoto TBB Trier; Quelle: (c) Treveri Basketball AG / Foto: Helmut Thewalt
Teamfoto TBB Trier; Quelle: (c) Treveri Basketball AG / Foto: Helmut Thewalt

Bei der Bewertung von Trier muss man aufpassen. Aufpassen, sich bei der Einschätzung nicht von Sympathie verleiten zu lassen. Und die – Sympathie – gibt es in jedem Fall, bei Trier schlägt das Berliner Herz mehr als nur ein bisschen mit. Kein Wunder, wenn man betrachtet, wer sich alles in Trier wieder findet, der aus Berlin stammt oder mal in Berlin gespielt hat. Thomas Päch, Bill Borekambi, Oskar Fassler, Oliver Clay, Philipp Zwiener, Andreas Seiferth, Yoshiko Saibou, Dragan Dojcin – und last but not least Henrik Rödl. Als Rödl zur Saison 2010/11 sein Amt in Trier aufnahm, war das ein Pardigmenwechsel, nahezu der Beginn einer neuen Zeitrechnung im Trierer Basketball, der Beginn von neuem Selbstbewusstsein und Spaß an der Mosel. Das lag natürlich nicht daran, weil Rödl das Wasser teilen oder drüber laufen kann sondern an viel viel harter Arbeit nicht nur im Profibereich sondern in allen Bereichen rund um den Verein und war durchaus auch mit Geburtsschmerzen verbunden. Fraktionsbildung im Management, vermeintliche Urkundenfälschung, reinigendes Gewitter, re-start.

In erster Linie begann aber ein grundlegend neues Konzept mit dem Schwerpunkt auf der Ausbildung junger Spieler, nicht nur deutscher. In der sportlichen Endabrechnung hat sich das gar nicht besonders ausgewirkt – in den beiden Saisons vor Rödl landete man auf den Plätzen 10 und 15, in den beiden Saisons mit ihm auf den Plätzen 10 und 14. Wesentlich geändert hat sich  allerdings die Wahrnehmung des Trierer Basketballs in der deutschen Basketball-Landschaft mit einem klar erkennbaren, eigenständigen Profil. Erstaunlich ist, daß man das an der Mosel nicht dazu nutzen konnte, das Umfeld dazu zu bewegen, sich mehr Spiele live in der Halle als bisher anzusehen; die Zuschauerzahlen stagnieren gegenüber der Vor-Rödl-Ära, sind sogar ganz leicht gesunken. Die große, moderne Arena Trier ist nicht mal zu 2/3 gefüllt.

Dabei bietet das neue Profil des TBB Trier jede Menge Potenzial für Identifikation. Potenzial ist generell ein Stichwort, das im Zusammenhang mit Trier immer wieder auftaucht. Keine Verpflichtung, bei der Coach Rödl nicht das vorhandene Potenzial des neuen Spielers betont. Auch der begrenzten finanziellen Mittel geschuldet basiert das Grundkonzept von Rödl darauf, junge Talente vor dem Höhepunkt ihrer Karriere zu verpflichten und weiter zu entwickeln. In der Natur der Sache dieses Konzepts liegt es natürlich, dass diese Spieler früher oder später den Sprung auf das nächste level der Karriere machen, sich größere sportliche Herausforderungen und / oder die größeren Fleischtöpfe suchen. So musste man vor der aktuellen Saison Philipp Zwiener nach Bremerhaven, Dru Joyce nach Oldenburg, Oskar Faßler nach Gießen und Maik Zirbes gen Bamberg ziehen lassen.

Kader (externer link)

Backcourt:
Jarrett Howell, Bastian Doreth, Joshiko Saibou
Barry Stewart, Mathis Mönninghoff
Nate Linhart,

Frontcourt:
Brian Harper, Dragan Dojcin, Jone Pedro Lopes
Andreas Seiferth,Vitalis Chikoko, Kilian Dietz, Luka Buntic

Headcoach:
Henrik Rödl

Henrik Rödl musste – teils gezwungen, teils gewollt – das Team recht kräftig durcheinander rütteln, sieben Abgängen stehen sieben Neuzugänge gegenüber, von denen einer mit Barry Stewart (24) ein Wiederkehrer ist. Gerade die Rückkehr des defensivstarken shooting guards aus Gießen ist eine DER Schlüsselverpflichtungen für die neue Saison. Nicht nur, dass man damit einen Konkurrenten aus dem unteren Tabellendrittel schwächt – Stewart war in der letzten Saison maßgeblich für zwei Trierer Niederlagen gegen Gießen verantwortlich – , man gewinnt damit auch einen Leistungsträger zurück, der bereits das Trierer Spiel und die BBL gut kennt und nun eben ein Mehr an Erfahrung als bei seinem ersten Auftritt im Trierer Trikot mitbringt. Für die backup Position als shooting guard konnte Rödl, sicher auch dank des inzwischen sehr guten Rufs bei der Förderung junger, deutscher Spieler, den Kapitän der deutschen U20-Nationalmannschaft, Mathis Mönninghoff (20) verpflichten, welcher seine insgesamt enttäuschende College Karriere an der renommierten Gonzaga vorzeitig abgebrochen hat, um in Trier viel Spielpraxis im Profibereich zu erhalten. Den Spielaufbau wird man an der Mosel in der kommenden Saison Neuzugang Jarrett Howell (28) anvertrauen, der in die recht großen Fußstapfen von Dru Joyce treten muss, den man nach Oldenburg ziehen lassen musste. Howell ist ein guter Werfer von aussen und gibt dem insgesamt jungen Team Erfahrung, die er auf mittlerem europäischen Niveau (Rumänien, Bulgarien) erworben hat. Teilen wird er sich die Zeit mit dem großen Talent Bastian Doreth (23). Der Neu-A-Nationalspieler konnte vom FC Bayern München Basketball ausgeliehen werden, welche sich Spielpraxis für Doreth erhoffen. Mit seiner defensiv aggressiven Spielweise kann Doreth jedem Gegenspieler das Leben schwer machen. Für ein paar Minuten gut ist auch der Ex-Berliner Yoshiko Saibou (22), der in seine zweite Saison in Trier geht. Konstanz und Vielseitigkeit gibt es auch in der neuen Saison auf der kleinen Flügelposition mit Nate Linhart (25), der ebenfalls die zweite Saison im Trierer Trikot bestreiten wird. Linhart ist ein guter Verteidiger – schlechte Verteidiger würde Rödl nicht verpflichten – und reboundstark.

Im Frontcourt ist die Lücke, die Maik Zirbes (nach Bamberg) und Philipp Zwiener (nach Bremerhaven) hinterlassen haben – natürlich – sehr sehr groß und eins zu eins auch nicht zu schließen. Versuchen wird man das über eine größere Tiefe im Kader. Die Hauptlast kommt dabei auf Center Andreas Seiferth (23) und Power Forward Brian Harper (27) zu. Harper bringt die für Trier so ungemein wichtige internationale Erfahrung mit. Er ist dank seines guten Wurfs eine der Hauptoptionen in der Offfensive, auch beim Rebound wird er einen wichtigen Anteil beitragen (müssen). Für Seiferth bietet sich die große Chance für den großen Durchbruch, die Bedingungen dafür sind mit viel, viel Spielzeit als starting Center sehr gut. Eine signifikante Steigerung wird auch nötig sein. Hinter Seiferth wurden zwei interessante back ups verpflichtet. Mit Vitalis Chikoko (21) wurde ein großes Talent an die Mosel geholt. Wer ihn letzte Saison in Göttingen gesehen hat, für den war das Talent unübersehbar. Noch überraschender war die Verpflichtung des Streetballers Jone Pedro Lopes (22) für die C/PF Position. Der Portugiese mit deutschem Pass, der aus der 2. Regionalliga nach Trier kam, spielt erst seit kurzer Zeit organisiert Basketball und hat noch viel Entwicklungspotenzial. Beiden gemeinsam ist Unerfahrenheit und fehlende Masse. Dragan Dojcin (36) ist der Kapitän und die rechte Hand von Coach Rödl auf dem Feld und geniesst dessen absolutes Vertrauen. Mit seiner Routine bleibt er cool wenn es heiss wird und ist Vorbild und Halt für die jungen Mitspieler. Die Vorbereitung lief für den Veteran allerdings alles andere als optimal, er war die meiste Zeit verletzt.

Wenn nicht in Trier, wo dann? Die Förderung deutscher Nachwuschsspieler ist Kern der Philosophie von Henrik Rödl. Dass er das kann, hat er in der Vergangenheit nachdrücklich bewiesen. Dadurch ist eine Vertrauensbasis entstanden, die junge Spieler meist nicht lange zögern lässt, wenn ein Angebot von Rödl kommt. Die Riege der deutschen Spieler ist trotz der schwer wiegenden Abgänge von Zirbes und Zwiener immer noch recht beeindruckend, gerade für ein Team aus dem unteren Tabellendrittel. Drei (borderline) A-Nationalspieler wie Bastian Doreth, Andreas Seiferth und Mathis Mönninghoff kann kaum ein Team vorweisen, schon gar nicht in diesen Regionen der Tabelle.

So rosig die Situation sich aktuell darstellt, so sehr muss man sich aber auch Gedanken um die Zukunft machen. Mit dem größeren Bedarf an jungen deutschen Spielern steigt auch die Konkurrenz. Für Trier wird es deutlich schwieriger, weiterhin wirklich große Talente zu verpflichten. Schon in der kommenden Saison erreichen die deutschen Zugänge nicht die Qualität der deutschen Abgänge, in der übernächsten wird es nicht leichter. Doreth wird wohl wieder zurück nach München gehen, bei Seiferth ist es ebenfalls sehr wahrscheinlich, dass er nach einer guten Saison in Trier den nächsten Schritt machen wird. Aus dem eigenen Nachwuchs kommt relativ wenig, bis auf Zirbes hat es noch niemand in den Profi-Bereich geschafft. Das wäre aber für die Zukunft enorm wichtig; andere Vereine werden noch mehr als bisher versuchen, die eigenen Talente an sich zu binden. Dass Henrik Rödl selbst auch früher oder später nach einer neuen Herausforderung auf einem höheren level streben könnte, hängt ebenfalls als Damoklesschwert über Trier. Der Aufschwung in Trier ist schon sehr stark mit der Person Rödl verknüpft.

Der Kader ist qualitativ nicht unbedingt besser geworden, dafür ist das Trierer Team in der nächsten Saison tiefer besetzt. Das Team ist insgesamt sehr jung besetzt, das wird zu Schwankungen führen, die auch den einen oder anderen Sieg kosten werden. Viel wird davon abhängen, wie schnell sich die jungen Spieler an das Niveau der BBL anpassen können. Gerade der Frontcourt hat qualitativ etwas verloren, Chikoko (21), Lopes (22) und Seiferth (23) verfügen über wenig Erfahrung und auch wenig Masse. Ausboxen könnte ein Problem werden und damit auch Rebounding. Die Center brauchen Hilfe von den guards. Wesentlich für Erfolg und Mißerfolg wird sein, inwieweit Trier sein aggressives Spiel durchbringt, man muss früh Druck auf die gegnerischen Guards machen, den Pass auf die Center verhindern. Im Setplay wird es schwierig.
Insgesamt steckt aber ausreichend Talent und Können im Team, wenigstens ein Teil der jungen Spieler wird sich so positiv wie erwartet und benötigt entwickeln. Das reicht gegen die direkten Mikonkurrenten.

Prognose: Trier schneidet in etwa so ab, wie in der vergangenen Saison, d.h. Platz 14 – 16

4 Gedanken zu „Teamvorstellung: TBB Trier“

    1. Da fehlt ein „nicht“ oder? (… verstehe ich nicht …)
      Das Foto haben – natürlich – nicht wir gemacht, das wurde uns freundlicherweise vom Verein zur Verfügung gestellt. Aber so schlecht ist es mE nicht. Wenn man Verbundenheit zur Stadt ausdrücken will, ist es sinnvoller das Foto an einem Alltags-Ort statt vor einem Monument zu machen.

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