
Endlich geht es wieder los! Auch wenn unsere Albatrosse schon vor zwei Wochen ihr offizielles Pflichtspieldebüt gegen Bamberg gaben, markiert das erste Bundesliga-Heimspiel dieser Saison nun irgendwie endgültig das Ende einer langen Offseason. Insbesondere für diejenigen, die in Quakenbrück nicht dabei waren. Der Auftakt gegen den ewigen Rivalen aus dem Frankenland, mit dem belächelten Gewinn des Plastik-Pokals, war zwar nett. Aber jetzt geht es um richtige Punkte im Kampf um einen guten Tabellenplatz. Und mit Blick auf den kommenden Gegner fällt uns ein: Bundesliga-Alltag, here we come!
Denn in der o2-World trifft das Team aus der Hauptstadt auf die MHP Riesen Ludwigsburg. Der Begriff graue Maus für die Schwaben ist sicherlich nicht völlig unangebracht. Trotz einer guten Phase vor einigen Jahren (BBL-Halbfinale 2007 / Pokalfinale 2008) und der Entstehung einer neuen Spielstätte 2009, hat der Verein kein klares Image . Wechselnde Heimspielstätten, Vereinsnamen und Logos dürften hier auch dazu beigetragen haben. Die letzten beiden Jahre erlebte der Verein eine Talfahrt, die im sportlichen Abstieg in der abgelaufenen Saison kulminierte. Nur weil Aufsteiger Düsseldorf keine Lizenz erhielt, blieben die Ludwigsburger dank einer Wildcard in der Liga.
Ohne arrogant klingen zu wollen: Es gibt für uns Berliner sicherlich interessantere Liga-Gegner. Wobei uns ein traditioneller Verein wie Ludwigsburg in der Liga natürlich willkommener ist, als der Retorten-Chaos-Verein aus Düsseldorf!
Backcourt:
Michael Stockton / Takumi Ishizaki / Tanner Smith / Keaton Grand / Calvin Harris / Shawn Huff / Mario Stojic / Tim Koch
Frontcourt:
Adam Waleskowski / Robert Tomaszek / Patrick Flomo / Gregory Echenique
Headcoach:
John Patrick
Mit Blick auf dem Roster der Gäste stellt sich heraus: Interessante Namen die mehr versprechen als eine graue Maus! Doch der wirkliche Reibungspunkt für die Berliner Fans sitzt auf der Bank der Ludwigsburger. John Patrick übernahm im Verlauf der letzten Spielzeit die Barockstädter, vor dem Abstieg konnte er sie aber nicht bewahren. In der Hauptstadt ist der Trainer vor allem durch seine vergangenen Tätigkeiten in Göttingen und Würzburg bekannt. Die vom US-Amerikaner gecoachten Teams sind dafür bekannt knallhart zu verteidigen und damit auch individuelle Nachteile zu kaschieren. Mit vergleichsweise geringen Mitteln erreichte Patrick damit gute Ergebnisse. Die Handschrift Patricks wird jedoch in Berlin alles andere als gern gesehen. Die bissige Verteidigung ist in der Vergangenheit oft mehr als nur gallig gewesen und bewegte sich am Rande des Regelwerks. Eine konsequente Linie der Schiedsrichter, die zum Vorteil Patricks oft ausbleibt, würde schnell die Teamfoulgrenze Rot aufleuchten lassen. Insbesondere vorletzte Saison beschwerten sich Marco Baldi und Co. über die harte Gangart des Gegners und entfachten so eine hitzige Stimmung zwischen Würzburg und Berlin. Letztes Jahr musste der US-Amerikaner noch mit einem Kader arbeiten, der nicht von ihm zusammengestellt wurde. Im Sommer hatte er nun freie Hand und führte einen Radikal-Umbruch durch. Wir sind gespannt wie das Team von Sasa Obradovic, der von seinen Spielern ja ähnlich eine aggressive Herangehensweise verlangt, auf den Stil von Patrick reagiert.
An der bisherigen Bilanz mit zwei Siegen und einer Niederlage, hat Point Guard Micheal Stockton einen großen Anteil. Der Sohn der NBA-Legende John Stockton, dirigiert bisher erfolgreich die Offensive und fügte sich scheinbar problemlos in die BBL ein (vergangene Saison war er noch in der ProA für Karlsruhe unterwegs). Mit Ausnahme des gegen Vechta völlig überraschend eingesetzten Japaners Takumi Ishizakis, setzt Patrick wie bei seinen vorherigen Stationen im Back Court auf US-Amerikaner. Neben Stockton überzeugte aus dem US-Quartett bei den Guards in den bisherigen Pflichtspielen Tanner Smith und Keaton Grand mit Punkten. Die Stärke dieser Spieler dürfte aber auch in der Defensive liegen.
Auf der Small Forward Position finden sich dagegen keine Amerikaner, sondern ein Deutsch-Kroate und ein finnischer Nationalspieler. Bei letzterem handelt es sich um Shawn Huff, bei ersterem um Mario Stojic. Ein Spieler der europaweit bekannt ist und in der Vergangenheit für namhafte Vereine seine Sneaker geschnürt hat (u.A. Reald Madrid und Treviso). Stojic hat zwar seinen sportlichen Zenit überschritten aber mit seinem deutschen Pass ist er für die Ludwigsburger Gold wert. Denn die restlichen deutschen Spieler im Kader dürften bestenfalls als solide eingestuft werden, die Verantwortung liegt in den Händen der ausländischen Akteure. Shawn Huff spielte bei der vergangenen Europameisterschaft ein mehr als solides Turnier und trug seinen Teil dazu bei, dass die Finnen zu den absoluten Überraschungsmannschaften zählten.
Unter dem Korb sind die Rollen zwischen ausländischen Spielern und Akteuren mit deutschem Pass auch klar verteilt. Dort ist der bullige Venezuelaner Gregory Echenique gesetzt, denn Patrick Flomo, Adam Waleskowski und Robert Tomaszek dürften keine Bäume ausreißen.
Mit dem Abstieg dürften die Schwaben dieses Jahr wohl eher wenig zu tun haben. Das liegt auch an dem neuen Namenssponsor MHP und einem Etat von ca. 2,6 Millionen Euro. Die zwei Siege gegen Gegner (Bremerhaven und Vechta) die sich auf Augenhöhe, beziehungsweise etwas darunter befinden, waren schon ein Indiz dafür. Auch wenn John Patrick jetzt das Zepter schwingt und dieser in seinen vorigen Stationen mit wenig Budget regelmäßig die Playoffs erreichte: die Konkurrenz um die ersten acht Plätze ist scheinbar qualitativ besser aufgestellt. Es müsste schon einiges zusammenkommen, um die Ludwigsburger nach 34 Spieltagen auf einem Playoff-Platz zu katapultieren. Eine Position im gesicherten Mittelfeld erscheint realistischer. Schließlich hat Patrick, anders als in Würzburg und Göttingen, nicht eine als Festung bekannte Arena im Rücken.
Trotzdem sollte die Mannschaft nicht unterschätzt werden, ein Achtungserfolg ist immer möglich. Die von Patrick eingeimpfte knüppelharte Verteidigung kann immer für Überraschungen sorgen.
Für Alba ist das Spiel sicherlich kein leichtes. Nach der unnötigen Auftaktniederlage gegen Quakenbrück muss die Mannschaft kleine Lernerfolge beweisen. Der Ausfall von Jonas Wohlfahrt Bottermann ist zwar ärgerlich, aber bei dem beschaulichen Frontcourt der Gäste nicht zu tragisch. Gegen die aufreibende Spielweise von Patrick sind insbesondere die Guards/Flügelspieler gefragt. Dennoch darf die Rebound-Arbeit nicht vernachlässigt werden, schließlich waren fehlende Abpraller beim Spiel in Quakenbrück ein Grund für die Niederlage-
Ein Spaziergang wird es nicht, alles andere als ein Heimsieg wäre aber in jedem Fall eine Überraschung. Auch wenn es sicherlich attraktivere Gegner gibt und Ludwigsburg erwartungsgemäß kaum Zuschauer anlockt, ist die Vorfreude auf das Spiel groß!