Spitzenreiter, Spitzenreiter … und keiner weiß warum?

Tabelle_17STAlba Berlin ist zur Halbzeit der BEKO Basketball Bundesliga, also nach 17 Spieltagen souveräner Spitzenreiter. ACH! Diese „sensationelle Neuigkeit“ dürfte für die meisten wohl nicht wirklich eine sein, der gemeine Basketball-Fan hat ja immer einen Blick auf die Tabelle. Dass Alba auf Platz Eins steht ist klar und niemand – sofern er Fan des Hauptstadtclubs ist – wird wirklich etwas dagegen haben, nichtsdestotrotz kann man sich die Frage stellen, WARUM das so ist? Woher kommt dieser Erfolg, was kann und macht Alba besser als die Konkurrenz? Darüber haben wir uns mal Gedanken gemacht und versucht, anhand von fünf Punkten herauszuarbeiten, worin die Gründe darin liegen könnten, dass Alba aktuell die Nase gegenüber der Konkurrenz vorn hat, selbst wenn zum Ende der Hinrunde hin die Dominanz nachgelassen und die Leichtigkeit etwas verflogen ist.

1) Kontinuität

One Team huddle

Nach Jahren größerer Fluktuation und vor allem nach dem Komplettaustausch des Teams nach der vorletzten Saison, ist es dem Management im vergangenen Sommer gelungen, das Team weitgehend zusammen zu halten bzw. hatte überhaupt das Bestreben, das Team überhaupt zusammen halten zu wollen. Maßgeblich dafür war natürlich der Erfolg – Pokalsieg und BBL-Finale – der Vorsaison. An dem Grundsatz, daß nicht erfolgreiche Teams auseinander fallen und erfolgreiche zusasmmen bleiben, hat sich nichts geändert. Nach einer vermurksten Saison will man nicht unbedingt den Großteil der Spieler halten und Spieler ziehen auch weiter, wenn das Team keinen Erfolg hat. Kontinuität um der Kontinuität wegen ist kein Wert ansich, sondern muss begründet sein. Gründe, das Team zusammen zu halten, gab es im letzten Sommer genug.  Gleich acht Spieler des aktuellen Kaders trugen bereits in der letzten Saison das gelbe Trikot mit blauem Logo und können und wollen es auch in dieser tun. Das tut dem Team sehr gut, die Spieler kennen sich gegenseitig, wissen um die Laufwege, Spielweise, Eigenheiten der Kollegen, Abläufe sind schon teilweise automatisiert. Auch menschlich weiss man nach einem oder mehreren Jahren Zusammenarbeit viel besser, was man voneinander zu halten hat und es fällt leichter, für einen guten Bekannten auszhelfen, als für einen Fremden. Da geht es dem Basketballer nicht anders als dem Bauarbeiter. Gerade zu Saisonbeginn machte sich der Fakt der klar besseren Eingespieltheit gegenüber der Konkurrenz sehr positiv bemerkbar.

2) Defense

Die zuvor genannte Kontinuität kam gerade auch der Defense von Alba Berlin zugute. Gerade dafür ist eine gute Abstimmung extrem wichtig und gerade dabei macht es sich bezahlt, wenn sich die Mitspieler kennen und aufeinander verlassen können. Gute Defense beginnt bei den guard Positionen, d.h. beim Druck auf den gegnerischen Spielaufbau. Wenn der Gegner seine Systeme nicht vernünftig einleiten kann, bekommt er nicht besonders gute Würfe bzw. muss durch nicht so effektive Einzelaktionen den Abschluss suchen. Mit Cliff Hammonds / Akeem Vargas verfügt Alba über das wahrscheinlich defensiv beste guard Duo der Liga, das Gegenspieler gut und gerne entnerven kann. Kein Team forciert beim Gegner so viele Ballverluste wie Alba Berlin (18,3). Aber natürlich ist Defense immer Teamsache und generell hat jeder Spieler, der keine vernünftige Defense spielt, bei head coach Sasa Obradovic einen schweren Stand. Dementsprechend hängen sich alle Spieler – im Rahmen ihrer Möglichkeiten – in der Defense voll rein. Die defensive Raumaufteilung lässt den Gegnern wenig Platz. Nicht umsonst hat Alba nach der Hälfte der Saison das beste Defensive Rating* der gesamten BBL. (* – Das Defensive Rating berücksichtigt nicht nur die bloße Anzahl der Gegenpunkte, sondern bezieht auch noch das Spieltempo [pace], d.h. die Anzahl der Ballbesitze, mit ein). Die Defensive ist idR verlässlicher als die Offensive. Offensiv kann man mal einen schlechten Tag hat, wo nichts geht, nichts fällt; mit einer stabilen Defense kann man in solchen Spielen dann immer noch erfolgreich sein. Als Beispiel könnte man dafür das Spiel in Bayreuth anführen, wo man selbst nur 68 Punkte (Negativwert der bisherigen Saison) erzielen konnte, aber dank guter Defense den Gegner bei 58 halten konnte.

3) Balance

Auch offensiv verfügt Alba über eine gute Variabilität, diverse unterschiedliche Möglichkeiten, um erfolgreich zum Abschluss zu kommen. Die Balance zwischen inside und outside game passt. Alba hat die beste Dreierqoute der BBL, obwohl – oder besser gesagt weil – sie die wenigsten Versuche von downtown nehmen. Wenn sie einen Dreier nehmen, dann ist selten mal ein Notwurf dabei, die sind sehr oft gut heraus gespielt. Die hohe Dreiergefahr sorgt wiederum dafür, dass die Gegner Albas Spieler nicht draussen stehen lassen können. Stojanovski, Vargas, King und Renfroe gehören zu den besten Dreierschützen der Liga, aber auch Giffey oder Hammonds strahlen Gefahr aus. Und Redding trifft die Dreier auch, wenn sie wirklich wichtig sind … Diese Dreiergefahr macht „das Feld weit“, d.h. die Gegenspieler müssen weit aussen verteidigen und somit mehr Platz direkt unterm Korb lassen. Dieser Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass die langen Leute bei Alba wie Radosevic und Banic auch über einen guten Mitteldistanzwurf verfügen. Den entstehenden Platz unterm Brett können sowohl die Center für einfache Punkte als auch die forwards bzw. guards wie Redding, Renfroe oder Hammonds zum Zug zum Korb. Nicht überraschend hat Alba Berlin aktuell die beste Feldwurfqoute der Liga (einziges Team über 50 %) und ist offensiv das effektivste Team mit dem besten Offensiv Rating (der FC Bayern München Basketball hat zwar absolut mehr Punkte erzielt, brauchte dafür aber aufgrund von Verlängerungen 25 Minuten mehr und auch deutlich mehr Ballbesitze).

4) Rotationstiefe und Teamhierarchie

Alba Berlin kann in dieser Saison besser mit den Kräften haushalten, als in manchen Jahren zuvor. Das machte sich zum Ende einiger Spiele bemerkbar, wo Alba oft noch eine Schippe drauflegen konnte, während der Gegner abbaute. Als Beispiel sei das Spiel in Bremerhaven erwähnt. Mal abgesehen von Cliff Hammonds muss kein Spieler deutlich über 25 Minuten spielen. Alba kann eine vollwertige 10er Rotation spielen und – wenn es der Spielverlauf hergibt – auch mal Nachwuchsspielern Einsatzminuten geben. Vielleicht noch wichtiger ist, dass der Kader nicht nur tief aufgestellt ist, sondern auch qualitativ breit ist. Mit Giffey, Hammonds, King, Radosevic, Redding, Banic, McLean, Renfroe und Stojanovski gab es bisher in 17 Spielen acht verschiedene Topscorer. Das macht es den Gegnern schwer, sich auf einen oder wenige Spieler zu konzentrieren und bei Alba kann immer mal ein anderer in die Bresche springen, wenn andere gerade eine offenisve Durststrecke durchmachen. Sicherlich auch ein Punkt, den man bei der Analyse des Erfolgs nicht unter den Tisch fallen lassen darf, ist der Fakt, dass Alba bisher von langwierigen Verletzungen weitgehend verschont wurde, mal abgesehen von den Spielern, die sich bereits vor der Saison verletzten (Tabu, Seiferth), aber dazu mehr unter 5) Nachverpflichtungen. Innerhalb der Rotation gibt es eine klare Herarchie, was sicher nicht unwesentlich mit der eingangs erwähnten Kontinuität zu tun hat. Jeder Spieler hat eine Rolle innerhalb des Teams und füllt diese aus. Und das – so wirkt es zumindest beim Blick von aussen – ohne persönliche Eitelkeiten und den Blick auf die eigenen Statistiken. Der Teamgedanke und -erfolg scheint im Mittelpunkt zu stehen.

5) Nachverplichtungen

SAMSUNG CSC

Auch vor dieser Saison blieb Alba Berlin leider nicht von langfristigen Verletzungen verschont. Jonathan Tabu und Martin Seiferth verletzten sich leider, bevor sie überhaupt ein einziges Pflichtspiel für Alba absolvieren konnten. Das ist für die Spieler persönlich ganz, ganz bitter. Aber „Glück“ im Unglück (auch wenn einem das Wort „Glück“ im Zusammenhang mit Verletzungen schwer über de Lippen geht) war, dass diese Verletzungen vor der Saison passierten und noch genug Zeit für adäquate Nachverpflichtungen war. Nicht mit jeder Nachverpflichtung der vergangenen Jahre hatte Alba Berlin ein glückliches Händchen gehabt, das kann man in der aktuellen Saison nicht behaupten. Die Verpflichtungen von Alex Renfroe und Marko Banic erwiesen sich als letztes i-Tüpfelchen, um den Kader „rund“ zu machen. Die letzten Bausteine, die vielleicht noch fehlten. Marko Banic bringt jede Menge internationale Erfahrung auf hohem Niveau mit, die dem Team insgesamt noch ein wenig fehlt. Zudem ein nahezu perfekter Rollenspieler, der relativ wenige, aber fast nur gute Würfe nimmt und nicht überraschend der Spieler mit der zweitbesten Feldwurfquote der gesamten BBL (67,5 %) ist. Alex Renfroe bringt eine unglaubliche offensive Potenz mit und kann in diesem Bereich David Logan ein wenig ersetzen, auch wenn er nicht ganz über dessen go to guy Qualitäten verfügt. Fähigkeiten, die gut in ein Team passen, das im back court eher durch harte Defensivarbeiter besticht. Auch die aktuelle Nachverpflichtung von Jannik Freese für den verletzten Jonas Wohfarth-Bottermann könnte sich in Bezug auf die Rotationstiefe noch als guter Schachzug erweisen. Aber zu den einzelnen Spielern haben wir ins uns ebenfalls Gedanken zur Saisonhalbzeit gemacht. Zu den „Halbjahres-Zeugnissen der Alba-Spieler hier entlang

Ein Gedanke zu „Spitzenreiter, Spitzenreiter … und keiner weiß warum?“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert