
Foto: (c) albaberlin.de
Am 7. Spieltag der Basketball-Bundesliga hat Alba Berlin in einer kampfbetonten Partie den Serienmeister der letzten Jahre, Brose Bamberg, mit 75-77 niedergerungen. In einer spielerisch nicht besonders hochwertigen Partie, die eher von der Spannung lebte, konnte das Gästeteam die Partie mit einem 23-13 gewonnenen Schlussviertel das Spiel, in dem es fast durchgehend zurück lag, noch drehen und knapp gewinnen. Die Berliner hatten in Spencer Butterfield und Luke Sikma ihre besten Punktesammler (je 13), Sikma rundete seine starke Gesamtleistung noch mit 9 Rebounds, 4 assists, 3 steals sowie einem Effektivitätswert von 24 ab. Die Gastgeber hatten im erst vor wenigen Tagen verpflichteten NBA-Veteranen Dorell Wright (549 NBA-Spiele zwischen 2004 und 2015) ihren besten scorer (18 Punkte).
Rückblende
Partien zwischen dem aktuellen Schwergewicht der Liga – Brose Bamberg – und Alba Berlin, die Ende der 90er / Anfang der 2000er Jahre in der Basketball-Bundesliga das Maß der Dinge waren, haben ihren besonderen Reiz. Sie waren immer etwas Besonderes, sind immer noch etwas Besonderes und werden wohl auch in Zukunft etwas Besonderes bleiben. Die Fans der beiden Teams hegen eine gut gepflegte Antipathie und auch die Teams würden sich wohl nicht gegenseitig zur Weihnachtsfeier einladen. Dafür ist die Konkurrenz zu groß. Eine Konkurrenz, die in den letzten Jahren aufgrund zu großer Leistungsunterschiede etwas schwächelte, nun aber in alter Stärke und Schärfe wieder aufflammt.
Jeder dürfte mit dem ewig jungen Duell zwischen „Franken“ und „Preussen“ andere Assoziationen verbinden, manch einer sich an den letzten Berliner Auswärtssieg in Bamberg im Jahre 2009 zurück erinnert fühlen, andere an die Saison 2012/13, wo man gleich drei Mal in Folge – teils deutlich – die Franken besiegen konnte, wieder andere vielleicht noch weiter zurück denken, an Playoff Sweeps zu den Berliner Hoch-Zeiten und den Pessimisten schwirrt vielleicht ein 103-52 im Kopf herum. Der Schreiber dieses Beitrags denkt beim Aufeinandertreffen zweier Schwergewichte des deutschen Basketballs an einen der legendärsten Boxkämpfe der Geschichte. Der „rumble in the jungle“ George Foreman gegen Muhammad Ali – heute vor genau 43 Jahren in Zaire.
Entscheidend für diese Wahrnehmung ist der durchaus positive Effekt, dass Alba Berlin in dieser Saison überhaupt mal wieder als Schwergewicht wahrgenommen wird. In den letzten Jahren wirkte eine Partie gegen Bamberg ja eher wie Oscar de la Hoya gegen Wladimir Klitschko, ein ungleicher Kampf in unterschiedlichen „Gewichtsklassen“. Inzwischen kann ALBA wieder die „dicken Jungs“ herausfordern – und nicht nur das.
Trotzdem war Bamberg im Heimspiel gegen Berlin natürlich klarer Favorit. So wie einst George Foreman vor eben genau 43 Jahren vor dem Fight gegen Ali, hatte alle seine 40 Profi-Kämpfe bis dato gewonnen, 37 davon durch knock out (k.o.), neun der letzten zehn innerhalb der ersten beiden Runden. Foreman war also in blendender Form und der wohl physisch stärkste Boxer dieser Ära. Mit dem „dicken Georg“, der 30 Jahre später mit gütiger Mithilfe der Punktrichter Axel Schulz „besiegen“ sollte, hatte er 1974 noch absolut nichts gemein. Bei den Buchmachern war Foreman klarer 3:1 Favorit. Nicht weniger deutlich sahen die Wettbüros die Favoritenrolle bei brose bamberg gegen ALBA BERLIN; für einen Bamberger Sieg gab es 1,32 Euro für einen eingesetzten, für einen Berliner Sieg stattliche 3,50 Euro. Bamberg hat in den letzten Jahren die Bundesliga dominiert und sich sachte der Spitze des europäischen Basketballs angenähert. Ein Mäzen aus der Automobil-Zuliefererbranche ermöglicht einen Etat von über 20 Millionen Euro, einen Kader mit 17 Spielern, gleich 9 ausländischen Profis, einem eingebürgten Ex-Berliner (Leon Radosevic) sowie vier deutschen und einigen internationalen Nationalspielern. In den letzten gut 3 Jahren haben die brose baskets genau ein einziges Hauptrundenspiel in der Bundesliga verloren, zu Hause sind sie eine Macht bzw. waren es bis jetzt. Für einen BBL-Sieg der Berliner in der Mehrzweckhalle über dem Bamberger Kaufland muss man in den Geschichtsbüchern sogar bis ins Jahr 2009 zurück blicken.
George Foreman war amtierender Weltmeister und klarer Favorit und trat auch so auf. Er bestimmte offensiv den Kampf und war der aktive Kämpfer, schlug mehr und drängte Muhammad Ali immer wieder in die Seile. Brose Bamberg begann die Partie gegen Alba mit dem Selbstbewusstsein des Champions und Favoriten in eigener Halle. Der Meister führte recht schnell durch Punkte des Ex-Berliners Bryce Taylor und des geborenen Berliners Maodo Lo, die Berliner konterten vornehmlich durch Luke Sikma am Brett. Foreman dominierte den Kampf in Kinshasa, Bamberg in der brose arena. Muhammad Ali konterte immer wieder mit schnellen Gegenangriffen und ließ sich nicht entscheidend treffen, so wie Alba Berlin sich nie so richtig abschütteln ließ. So wie Ali seine bessere Fußarbeit nutzte, nutzte Alba seine Vorteile am Korb durch Clifford, Radosavljevic und Sikma.
Beim rumble in the jungle setzte sich nach und nach immer mehr Alis Strategie durch, Foreman war zwar über lange Zeit der aktivere Boxer, aber Ali ließ viele Schläge ins Leere und Foreman sich müde laufen. Es war ein typisches Duell Schlagkraft gegen Schnelligkeit. Beim Rückstand half Großmaul Ali neben seiner Schnelligkeit („Letzte Nacht betätigte ich den Lichtschalter in meinem Schlafzimmer und war im Bett, bevor der Raum dunkel war. Ich bin so schnell, dass ich durch einen Hurrikan laufen kann, ohne nass zu werden.“) auch sein ausgesprochen großes Selbstbewusstsein („, die Annahme, nicht mehr oder weniger als schlicht der „Größte“ zu sein. Als die Größten würden sich die Spieler von Alba Berlin vermutlich nicht bezeichnen, aber ein Saisonstart mit nur einer Niederlage sorgte für genügend Vertrauen in die eigene Stärke, um sich nicht abschütteln zu lassen. Dabei hätten nach dem Dreier von Nicolic zum -11 eine halbe Minute vor dem Ende des dritten Viertels weniger Leute auf Alba gesetzt als auf Ali nach der 5. Runde in Zaire.
Foremans Schläge erzielten mit zunehmender Dauer des Kampfs immer weniger Wirkung, wurden immer unpräziser, die Beine immer langsamer. Ali hatte sich die Kraft besser eingeteilt, die schnelleren Beine, länger die richtige Distanz für seine Schläge („float like a butterfly, sting like a bee“). Der Kampf kippte langsam aber sicher. Alba Berlin gelang es ab dem dritten Viertel auch das Spiel langsam zu drehen, ließen die Chance zum Ausgleich aber nahezu fahrlässig liegen und Bamberg konnte sich zum Ende dieses Viertels durch 8 Punkte in 3,5 Minuten durch Nikolic noch einmal ein Stück absetzen, auch wenn Alba auch schon das dritte Viertel gewinnen konnte, wenn auch nur knapp.
In der achten Runde war es dann soweit, Ali ließ Foreman in der Runde viel schlagen und Kraft verbrauchen und wenig treffen, um dann in den letzten 30 Sekunden zu kontern. Mit einer Serie von Treffern gegen die kaum noch vorhandene Deckung Foremans erzielte er die entscheidenden Wirkungstreffer, die zum knock out führten. Ganz so martialisch ging es in Franken nicht zu, Müdigkeit und nachlassende Deckung (Verteidigung) seitens der Gastgeber waren aber auch klar zu sehen, die die Berliner zu vor-entscheidenden „Wirkungstreffern“ – respektive offenen Dreiern durch u.a. Peno, Butterfield und Siva sowie einigen Steals führte. 5:40 Minuten vor dem Spielende ging Alba Berlin erstmal in Führung und behauptete diese auch dank eines nervenstarken Marius Grigonis an der Freiwurflinie bis zum Ende.

Nachspiel
Nach dem Spiel jammerte der Coach von brose bamberg dann noch ein wenig über die große Belastung seines Teams, „Heute waren wir nicht bereit das Spiel mit ausreichend Energie zu Ende zu bringen. Unser enger Spielplan zwingt uns dazu auch gute Spieler, wie heute Hackett, pausieren zu lassen damit sie ihren Körper regenerieren können.“ Dass Alba Berlin mangels 9 Ausländern dieses „Luxusproblem“ gar nicht erst hat, sondern immer alle Spieler in allen Spielern einsetzen muss, war ihm da offenbar ebenso entfallen, wie der Fakt, dass die Berliner unter der Woche auch eine 11stündige Anreise nach Limoges mit Spiel und natürlich wieder zurück sowie die Anreise nach Bamberg in den Knochen hatten. „Berlin hatte die ganze Woche Zeit um sich auf uns vorzubereiten.“ zeugt entweder von Ignoranz oder mangelnder Ernsthaftigkeit bei der Vorbereitung auf den Gegner. Die Antwort auf die Frage, warum er denn bei vermeintlicher oder tatsächlich hoher Belastung nur acht Spieler mit einer Spielzeit von mehr als 10 Minuten eingesetzt hat, blieb Andrea Trinchieri schuldig, weil sie ihm nicht gestellt wurde. Dabei wäre diese Antwort durchaus interessant gewesen. Aber die Aufarbeitung der Niederlage sollte man den Bambergern selbst überlassen.
Und die Berliner? Die fuhren so schnell es bei dem Sturm möglich war nach Hause und feierten gemeinsam Halloween. Grund genug hatten sie ja. Die Stimmung im Team scheint absolut zu stimmen. So seh’n Sieger aus…

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