Zugegeben, die Auswärtsfahrt ist schon ein wenig her, trotzdem lohnt es sich vielleicht noch einmal einen Blick darauf zurück zu werfen. Denn es war eben nicht „just another road trip“ sondern etwas Besonderes. Besonders gleich in mehrerer Hinsicht.
Bei dieser Fahrt konnte man als Fan das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Alba Berlin hatte den Bus gesponsert, die Fans haben dafür 5,00 Euro für die Kinderkrebsstation des Virchow-Klinikum gespendet. Günstig zu einem Auswärtsspiel gekommen und auch noch Gutes getan, was will man mehr? Welcher der beiden Fakten die Fans letztlich mehr motiviert hat, an dieser Fahrt teilzunehmen, ist nicht überliefert, auf jeden Fall wollten bei dieser Auswärtsfahrt außergewöhnlich viele Fans dabei sein; gut für Alba und seine Fans, gut für die Kinder der Krebsstation. Über 100 Fans machten sich mit zwei Bussen auf den Weg nach Vechta. Das ist schon etwas Besonderes, oft genug wird es schwer, überhaupt einen Bus halbwegs zu füllen. Kein Wunder, denn aufgrund der weiten Entfernungen, die man als Berliner zu den Auswärtsspielen fahren muss – ein wirkliches Derby haben wir ja überhaupt nicht – ist das in der Regel nicht gerade ein preiswertes Vergnügen, welches sich gerade jüngere Fans nicht allzu oft leisten können. Bei dieser Fahrt war es jedoch erfreulicherweise anders. Eigentlich ist rational betrachtet eine Auswärtsfahrt sowieso ziemlich unsinnig; 20 Stunden unterwegs, zu wenig Platz für lange Beine, zu wenig Schlaf im Bus, zwei Stunden Basketball, wenn man Pech hat schlechte Plätze in der Halle und mit Fahrkosten, Eintrittskarten, Essen und Trinken ist schnell mal ein Hunderter weg. Aber Fans denken nicht (nur) rational und eine Auswärtsfahrt bringt auch eine Menge positive Aspekte mit sich. In emotionaler Hinsicht, in Sachen Gruppengefühl und ein Auswärtsspiel ist noch mal ein deutlich intensiveres Erlebnis, als ein Spiel zu Hause zu sehen. Ein gutes Beispiel für die positiven Punkte, die für eine Auswärtsfahrt sprechen, war gerade das Spiel bei Rasta Vechta.
Besonders war auch das Reiseziel Vechta. Ein über Jahre gewachsener Verein, der ohne wild cards oder sonstigen schnick schnack sportlich von Liga zu Liga zu Liga aufgestiegen ist (eine Gemeinsamkeit mit Alba Berlin) und in der niedersächsischen Kleinstadt so etwas wie das kulturelle Zentrum darstellt. Biste drin (im Raste Dome), biste in! Wer was auf sich hält, pilgert zu den Heimspielen in den Rasta Dome – nicht nur um sich das Basketballspiel anzusehen sondern auch um hinterher noch stundenlang zu schnacken und zu klönen. Und dass sich ein Fanclub „Klettverschluss“ nennt, ist auch ziemlich einmalig auf der Welt. Wer sich für die interessante Geschichte des Vereins interessiert, kann das noch mal detailliert in unserem Vorbericht (Zu Gast bei Rasta Vechta) und im „Tagesspiegel“ (Die Jamaikaner aus der Schul-AG) nachlesen.
Hin
Die Organisation einer Auswärtsfahrt, gerade in dieser Größe, ist auch ein hoher logistischer Aufwand, dafür gebührt denen Dank, die das in ihrer Freizeit freiwillig und unentgeltlich auf sich nehmen. Um 11:45 Uhr trafen sich alle Alba-Fans am Ostbahnhof. Fast alle. Jeder sucht sich (s)einen Platz. Schon dabei prallen ca. eine Million Wünsche, wer mit wem warum und wer mit wem nicht warum nicht aufeinander. Irgendwann hat dann aber doch jeder irgend einen Platz gefunden. Dann auf zum Lager an der O2 world und jede Menge Fan-Utensilien eingeladen, ohne die man nicht auskommt oder meint nicht auskommen zu können. Noch mal eine „Extrarunde“ zurück zum Ostbahnhof, die letzten Nachzügler eingeladen und schon konnte es los gehen. Jeder richtet sich so gut wie möglich ein, um die kommenden sechs Stunden Busfahrt so gut wie möglich zu überstehen. Die Strategien sind individuell und vielfältig; Gespräche, Spiele, Berge an Lesestoff, Blödeleien, das eine oder andere Getränk. Spätestens in Charlottenburg fragt der erste, ob es noch weit ist und wir bald da sind. Irgendwann startet der erste Gesangsversuch, zündet aber nicht so richtig. Das wird im Laufe der Fahrt besser werden.
Der Bus zuckelt so vor sich hin, mittendrin eine Pause, um mal die Beine gerade zu machen und sich mit festen und flüssigen Lebensmitteln zu versorgen. Braunschweig, Hannover, Bremen, Oldenburg und nach „schon“ sechs Stunden ist Vechta erreicht.
Da

Nach Ankunft des Busses am Zielort läuft auch oft das mehr oder weniger gleiche Prozedere ab. Die vielen Materialien, die sechs Stunden zuvor in den Bus geladen wurden, müssen nun wieder raus. Und werden auf die Leute verteilt, die sich immer ganz vorbildlich darum reissen, das Zeug in die Halle schleppen zu dürfen ;-). Fahnen werden geschwenkt, Banner ausgebreitet, aber vor allem geht es darum, sich schon mal Gehör zu verschaffen. Lauthals wird gesungen, daß „Alba da“ ist. Die Vechteraner hätten es vermutlich auch so gewusst, aber sicher ist sicher. Aufstellung in Gruppenstärke hinter den Bannern, Marsch vor die Halle.
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Warten. Verteilung der Eintrittskarten. Endlich rein in die Halle. Der Vechta Dome ist eine kleine, sympathische Halle. Eine 3.000er Halle, die einen komplett umlaufenden Oberring hat, haben selbst Leute, die schon viele Hallen in ganz Europa gesehen haben, so noch nicht erlebt. In eben diesem Oberring finden auch die Alba-Fans ihre Plätze. Hinter der eigenen Bank wäre es noch schöner gewesen, aber es sind zusammenhängende Plätze in einem Block. Durchaus ein Vorteil, wenn man bedenkt, daß es ein Verein im Süden schon mal schafft, elf Fans auf vier Blöcke zu verteilen. Auf jeden Fall ein Block, wo man unter sich war und Platz hatte, seine Banner und Fahnen ordentlich zu präsentieren. Da zunächst die Halle noch nicht besonders gefüllt war, konnte die Berliner Fraktion schon mal ausgiebig Stimmung in eigener Sache machen, die eigenen Spieler und ein bisschen auch sich selbst feiern.
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Zum Spiel selbst braucht man nicht mehr viel zu schreiben, nichts ist älter als das vorvorvorvorvorletzte Spiel. Wer mag, kann auf der Alba-Homepage noch mal den Spielbericht nachlesen oder sich das Spiel hier in kompletter Länge ansehen:
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Wir sahen ein Spiel, das von hoher Intensität geprägt war und knapp genug, um über die meiste Zeit spannend zu bleiben und beiden Fangruppen berechtigte Hoffnungen auf den Sieg zu machen. Aus dieser Konstellation entwickelte sich eine großartige Stimmung auf den Rängen. Faire Stimmung. Mit eigens für das Spiel gestalteten Bannern schafften die Alba-Fans Sympathien bei den Rasta-Fans. Diese zahlten in der ortsüblichen Währung – hopfenhaltige Kaltgetränke – zurück, wodurch sich wiederum die Alba-Fans genötigt fühlten … kann sich jeder denken, wie es weiter geht, nicht Wenige verließen am Ende selig lächelnd die Halle. Höhepunkt der sich gegenseitig positiv hochschaukelnden Stimmung waren letztlich Wechselgesänge quer über die Halle zwischen Rasta- und Alba-Fans:

Gemeinsam mit den Fans des gegnerischen Teams vor, während und nach dem Spiel feiern zu können, ist etwas von wirklich hohem Wert. Die Freiheit, sich auch bei Auswärtsspielen überall hin bewegen zu können und in der Regel in Kontakt mit netten Leuten zu kommen, ist ein hohes Gut. Das unterscheidet unseren Lieblingssport dann auch in sehr positiver Weise von anderen Sportarten. Und genau das macht auch den Spaß an Auswärtsfahrten aus. Ob man gleich von Fan-Freundschaft reden muss, soll jeder für sich entscheiden. Der Begriff „Freundschaft“ wird eh inflationär gebraucht und seit man im weltweiten web virtuelle „Freunde“ hat, von denen man viele noch nie im realen Leben gesehen hat, hat sich die Bedeutung klar geändert. Gegenseitige Sympathie trifft es wohl besser und ist großartig genug, da zwischen unterschiedlichen Fan-Gruppen auch nicht selbstverständlich. Meist ist es gegenseitige Sympathie zwischen einigen Personen oder kleinen Gruppen, die sich mal persönlich kennen lernen und ähnliche Ansichten haben. In nur sehr seltenen Fällen entwickeln sich aus persönlichen Kontakten (über die Jahre) wirkliche Freundschaften.
Zurück
Auswärtssieg, ein sehr positiver Aspekt für lange Rückfahrten! Die Fan-Materialien müssen wieder zurück zum Bus, natürlich reißen sich die Leute wieder darum, die zurück schleppen zu dürfen. Das Team wird noch gebührend abgefeiert und nachdem sich die Mannschaft und die Fans voneinander verabschiedet haben, macht sich auch der Tross der Fans auf den Rückweg. Wieder 6 Stunden zurück. Ein großes Ziel bleibt noch: Etwas Essbares in den Magen zu kommen. Das gestaltet sich auf dieser Fahrt schwieriger als vermutet und dauert und dauert und dauert und dauert … und endet an einer Raststätte, deren Essensangebot übersichtlich bis nicht vorhanden ist, was auf die seit zwei Stunden geschlossene Küche zurück zu führen sein könnte. Man kann nicht immer gewinnen. Nach der Pause versuchen dann fast alle irgendwie ein bisschen zu schlafen, in einem Bus ein große Herausforderung. Manchen gelingt es sogar und denen ist der Neid und die Bewunderung der anderen gewiss. Auch die längste Fahrt geht irgendwann vorbei und gegen vier Uhr morgens rollen die Busse wieder in Berlin ein. Die Materialien kommen wieder ins Lager und die Fans verteilen sich in alle Richtungen. Müde, aber wohl alle mit einem positiven Gefühl. Wer dabei war, wird es wohl sicher wiederholen. Wer noch nie oder schon länger nicht mehr dabei war, sollte mal überlegen, ob das nicht auch was für ihn/sie wäre, auch wenn es mal nicht für einen guten Zweck ist. Das Team kann Unterstützung gerade auswärts immer gebrauchen.
2 Gedanken zu „Rasta – Vechta / Alba – Berlin“