Premieren gab es an diesem Abend ohne Ende. Erstes Spiel der Saison 2014/15 der Basketball-Bundesliga, erstes Punktspiel im Stream-Angebot der BBL und Telekom, erster „Hunderter“ der Saison, erstes Pflichtspiel bei den Profis für Kevin Wohrath und Moritz Wagner, erstes BBL-Spiel für Niels Giffey, erstes BBL-Spiel für Alba von Jamel McLean und Alex Renfroe, erster Sieg von Alba Berlin!

Alba Berlin gegen BG Göttingen lautete die Ansetzung des ersten Spieltags der neuen Saison der BEKO Basketball Bundesliga, Ausgabe 2014/15. Pokalsieger, Vizemeister, Euroleague-Teilnehmer gegen den Aufsteiger aus Niedersachsen, der aufgrund der finanziellen Möglichkeiten auch gleich als Kandidat für den direkten Wiederabstieg gilt – deutlicher und klarer konnte die Ausgangssituation vorab nicht sein. Es war von vornherein klar, dass dieses Spiel seinen Reiz nicht direkt aus dem sportlichen Vergleich ziehen würde. Göttingen hatte im Sommer mit der Verpflichtung des ehemaligen NBA-Stars und Weltenbummlers Khalid El-Amin (35) für Aufsehen gesorgt, die Vorbereitung lief aber aufgrund vieler Verletzungen alles andere als optimal.
Trotz aller Vorbereitungsspiele, trotz Championscup ist ein „echtes“ Punktspiel doch noch mal etwas anderes, da sieht man dann wirklich wo man steht. Somit geht man immer mit einer gewissen Anspannung in das erste „echte“ Saisonspiel. Auch als Fan. In erster Linie überwiegt aber die Freude, nach einer langen Sommerpause endlich wieder „richtigen“ Basketball zu sehen. Nichts gegen den Mickey-Mouse-Pokal aka Championscup, aber Punktspiele sind eben doch noch mal etwas anderes. Im Nachhinein war Skepsis unbegründet, Alba Berlin gewann souverän mit 110-74 gegen überforderte Götttinger, die aber wenigstens eine Rekord-Niederlage (höchste Niederlage der Göttinger in Berlin bisher: 91-54) vermeiden konnten. Topscorer waren für Alba Vojdan Stojanovski und Niels Giffey mit jeweils 16 Punkten, während bei Göttingen Khalid El-Amin der überragende Spieler war, aber auch der deutsche Forward Dominik Spohr positiv überraschen konnte. Wer sich für Basketball interessiert, dürfte das Spiel gesehen haben bzw. kann es sich – sofern er Telekom Kunde ist und/oder das BBL-Abo abgeschlossen hat – noch- bzw. erstmals re-live ansehen. Zu viele Worte muss man im Detail nicht mehr über den Spielverlauf verlieren. Allerdings kann man mal einen Blick auf ein paar Spieler werfen, die das Spiel auf die eine oder andere Weise geprägt haben bzw. darauf, inwieweit sich die Erwartungen der off-season mit ersten Saisonspiel schon bewahrheitet haben.
Auffälligster Akteur war bei den Gästen Khalid El-Amin. Trotz inzwischen hohem Basketball-Alter von 35 Jahren, ist es immer noch eine Augenweide, ihm beim Spielen zuzusehen. Qualität ist keine Frage des Alters, jedenfalls nur zweitrangig. Er kann immer noch für sich selbst kreieren und sein Blick für die Mitspieler ist großartig, die daraus resultierenden Anspiele phänomenal. Es ist ihm zu wünschen, dass seine Fitness für die komplette Saison reicht, davon wird der Erfolg der Göttinger in ganz wesentlichem Maße abhängig sein.
Bei Alba Berlin stand aufgrund der Vorgeschichte natürlich Akeem Vargas (alba-inside Interview hard work pays off) im Fokus, schließlich hatte er einen sehr wichtigen Schritt seiner Karriere eben beim Gegner aus Niedersachsen gemacht, hat noch gute Erinnerungen und Beziehungen zum Ex-Team und Coach Johan Roijakkers ist immer noch eine Art Mentor und Vertrauensperson. Besonders belastet hat diese Konstellation Vargas jedoch nicht: „Ich bin mit einem guten Gefühl in das Spiel gegangen. Wir haben in der Woche sehr gut trainiert und haben dieses Jahr auch ein gutes Team zusammen, egal ob mit Alex [Renfroe] heute oder mit Banic gegen die Bayern. Ich habe mich komplett auf unser Spiel konzentriert, war nicht besonders angespannt oder extra angespannt wegen Göttingen. Mit den Ex-Kollegen beschäftige ich mich jetzt nach dem Spiel, da ist noch genug Zeit, für etwas ’small talk‘, mich zu unterhalten, das ist schön.“ Das Spiel verlief für Akeem Vargas nicht besonders auffällig, weder in die eine noch in die andere Richtung. Defensiv hat er sich wie immer rein gehängt und sah gegen El-Amin von den Alba-guards noch am besten aus. Offensiv hat er ein paar Bälle verteilt und in der Ecke auf die Chance auf den Wurf gewartet. Die kam jedoch selten, offensiv hat Alba einfach ein paar andere Optionen auf dem Feld. Sein einziger Wurfversuch (3er aus der rechten Ecke) sah nicht schlecht aus, war aber trotzdem vorbei. Beim Zug zum Korb hat er Fouls gezogen und die Freiwürfe bis auf einen rein gemacht. Er selbst war mit dem Spiel nicht unzufrieden „Ich denke, das war ein solides Spiel von mir. Ich habe für die Mannschaft und den Erfolg meinen Teil beigetragen“.
Vojdan Stojanovski (alba-inside Interview “Wenn man Sasa zuhört, kriegt man keine Probleme”) hat im Vergleich zur letzten Saison einen deutlichen Schritt nach vorn gemacht. Das nicht nur wegen seines „perfekten Spiels“ gegen Göttingen mit 100 % Wurfquote (2/2 Zweier, 2/2 Dreier, 6/6 Freiwürfe) und weil er mit 16 Punkten Topscorer des Spiels war. Seine Körpersprache ist einfach anders, selbstbewusster, als noch vor Jahresfrist. Er liefert die „instant offense“, die mit David Logan verloren gegangen ist. Es wird für Alba Berlin sehr wichtig sein, dass man neben Niels Giffey mit Stojanovski noch einen weiteren, konstant verlässlichen perimeter shooter hat.
Bei eben genanntem Niels Giffey (alba-inside Interview: Niels Giffeys Weg vom Nachwuchstalent zum Profi) brachte die Saisonvorbereitung deutlich mehr Fragezeichen als Antworten. Die Leistungen waren doch recht schwankend, er brauchte recht viele Würfe für seine Punkte, aber pünktlich zum Saisonstart ist er voll „da“. Gutes timing! Neben seiner guten Trefferquote ist er vor allem durch enormen Einsatz positiv aufgefallen. Allein in einem Angriff hat er mehrmals „gehustled“ und den Ball einfach nicht verloren gegeben. Positive Körpersprache, positive Ausstrahlung. Trotzdem, ein Einsatz auf der Position des Power Forwards, wie er in der off season diskutiert wurde, wirkt eher wie eine „Notlösung“. Kann man vielleicht mal kurz machen, aber da gibt es bessere Alternativen, sowohl für die Position als auch für den Einsatz Giffeys.

Die „Geschichte des Abends“ hat aber ohne Zweifel der Youngster der Albatrosse, Moritz Wagner (17) (wir hatten ihn mit einem längeren Interview bereits vorgestellt). Von null auf hundert hat er sich in die Herzen der Zuschauer gespielt, die ein Gefühl für Geschichten dieser Art haben. Junge aus dem Prenzlauer Berg, fast 10 Jahre das Alba-Programm durchlaufen, schafft es ins Profiteam, bekommt seinen ersten Einsatz in einem Pflichtspiel und begeistert die Massen mit selbstbewusstem Spiel und wird „man of the match“. Der Einsatz kam für Moritz Wagner einigermaßen überraschend „Das habe ich mir nicht erträumt, aber es fühlt sich gut an.“ Als der Trainer meinte, dass er ins Spiel kommt, ist „das Herz in die Hose gerutscht. Vorher hatte mir vorgestellt, dass die Jungs da so locker auflaufen und ich wohl sehr aufgeregt sein würde, aber dann war ich gar nicht aufgeregt. Es war gar nicht so schlimm, wie ich dachte. Die ersten zehn Sekunden waren heftig, aber dann ging es.“ Wie im alba-inside Interview bereits erwähnt, ist er jemand, der sich nicht versteckt, vielleicht ein ganz wesentlicher Unterschied zu anderen Nachwuchstalenten, die ab und an mal so wirken, als würden sie hoffen, nicht angespielt zu werden. „Ich habe einfach versucht, das zu machen, was ich immer tue und das habe ich, glaub ich ganz gut geschafft“. Das kann man so sagen! Nach sechs Minuten Spielzeit standen sechs Punkte, ein Rebound und ein sehr sehenswerter Block zu Buche. Was aber mehr begeisterte als die reinen Zahlen, war die erfrischende Spielweise und der unbedingte Wille, sich durchzusetzen. Gerade der Korbleger nach zweimaligem fast-Ballverlust, ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Wer nun glaubt, dass Wagner nach dem Spiel mit dem Kopf im Himmel schweben würde, sieht sich getäuscht. Tatsächlich wirkt er sehr „geerdet“, ist mit dem Erreichten bei weitem noch nicht zufrieden „Ich habe jetzt ‚garbage time‘ gespielt, das war ein toller Einstand, aber ich möchte auf dem Boden bleiben. Ich feiere mich jetzt nicht dafür. Im Endeffekt möchte ich ein richtiger Basketballer sein, der nicht nur die letzten sechs Minuten spielt. Daran werde ich weiter arbeiten und natürlich helfen solche Minuten dabei, Selbstvertrauen zu tanken“. Bis dahin wird noch einiges Wasser die Spree hinunter fliessen, aber der Anfang ist gemacht. Der Körper ist noch nicht der eines Profis, aber Talent und Einstellung als Basis für eine positive Entwicklung stimmen.
Hier noch mal die Punkte und der Block von Moritz Wagner im Zusammenschnitt:
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Ein Gedanke zu „Premieren, Premieren, Premieren – Alba Berlin vs BG Göttingen“