Playoffs in der MSH: Erinnerungen, Teil I

Die Saison 2013/2014 ist jetzt schon eine Denkwürdige. Schon lange hatten wir in Berlin keine Mannschaft mehr, die sich so sehr verausgabt, so bissig verteidigt und es schafft, die Emotionen auf das Publikum zu transportieren. Wettbewerbsübergreifend gab es nur eine einzige Heimniederlage, von 29 Heimspielen wurden 28 gewonnen! Nebenbei wurde, trotz finanzstarker Konkurrenz der „Pokal“ verteidigt. Und das beste soll nun kommen: Alba startet in die alles entscheidende Phase der Saison. Die Playoffs waren in den vergangenen Jahren meistens kein schöner Anblick. Seit dem Umzug in die Arena am Ostbahnhof gab es bereits drei Erstrunden-Aus, dazu eine bittere Halbfinal-Niederlage 2009. Einzig 2011 hatte die Mannschaft schon eine Hand am Pokal, bevor Bamberg mit zwei Dreiern das Spiel noch drehte. Playoffs, das waren in den letzten Jahren weitaus mehr Enttäuschungen, als Vorfreude und Jubel.

Dieses Jahr nährt sich jedoch die Hoffnung, dass es anders kommt. Die Mannschaft begeisterte bisher, selbst der Ausfall von Leon Radosevic sorgt nicht für Panik. Das Bauchgefühl sagt: Dieses Mal kann es endlich mal wieder eine lange Postseason werden!

Gekrönt wird die Vorfreude, durch den Playoff-Auftakt in der Max-Schmeling-Halle. Dachte jeder von einigen Monaten noch, das Eurocup-Spiel gegen Rom sei eine einmalige Sache und der Blick in die Vergangenheit müsste danach nicht mehr herausgeholt werden, führt der Weg im Mai nun also wieder nach Prenzlauer Berg. Einen schöneren Playoff-Auftakt könnte es nicht geben. So viele Schlachten wurden auf dem Parkett in der MSH geschlagen, zahlreiche Meisterschaften gewonnen. Aber es gab auch einige Tragödien, die wir auch nicht aussparen wollen, denn im Bezug auf Emotionen stehen die bitteren Niederlagen den glorreichen Siegen in nichts nach. Jedem Alba-Fan dürften ganz bestimmte Playoff-Serien als Erinnerung im Kopf herum schwirren, schließlich dürften ab 1997 die meisten Anhänger zum Verein gestoßen sein. Zeit also in Erinnerungen zu schwelgen und sich noch einmal an die aus unserer Sicht denkwürdigsten Serien um die Deutsche Meisterschaft in der MSH in drei Teilen zu erinnern … (hier geht es zu Teil II und Teil III sowie hier zur Umfrage nach DER emotionalsten Playoff-Serie schlechthin)

 1996/97: Das „erste Mal“ war immer noch am Schönsten!?

Alba Berlin 1996-97, Foto (c): Alba Berlin
Alba Berlin 1996-97, Foto (c): Alba Berlin

In 24 Jahren „Alba Berlin“ gab es einige Saisons, die man gut und gerne als historisch bezeichnen kann. Kaum jemand wird wahrscheinlich widersprechen, wenn wir die Saison 1996/97 als die historischste bezeichen. Historie quillt bei dieser Saison aus allen Ecken. Das erste Mal, das erste Mal, das erste Mal … Das erste Mal spielte mit Alba Berlin ein deutscher Basketballverein in einer hyper-modernen Mulitfunktionsarena; zum Saisonauftakt war Alba Berlin nicht nur vom Westen in die Mitte Berlins gezogen sondern auch in eine Spielstätte, die einen Quantensprung darstellte, angesichts der Tatsache, daß die Hälfte der Liga noch in besseren Turnhallen spielte. Zum ersten Mal spielte Alba Berlin in der Beletage des europäischen Basketballs, der Euroleague, und erreichte dort – von begeisterten Massen getragen – auf Anhieb eine positive Bilanz (10 Siege – acht Niederlagen) und den Einzug ins Achtelfinale. Der Neuling schlug dabei zwei Mal Olympiakos Piräus, zwei Mal ZSKA Moskau, Bologna, Maccabi Tel Aviv, Mailand uam. Zum ersten Mal hat Alba Berlin in dieser Saison einen nationalen Titel gewonnen, im Pokalfinale wurde dieser gegen den MTV 1846 Giessen gewonnen (mit einem damals überragenden Vladi Bogojevic,  der zur kommenden Saison nach Berlin wechseln sollte). Das erste Mal gelang es Alba Berlin in der Vereinsgeschichte, die Hauptrunde der Bundesliga zu gewinnen. Und das auch noch mit der überragenden Bilanz von 24-2 Siegen. Zum ersten Mal gelang es mit Alba Berlin einem BBL-Team 24 Spiele in Folge zu gewinnen. Zum ersten Mal sollte es Alba gelingen, den Erzrivalen aus Leverkusen in einer Playoff-Serie zu schlagen …

Bei so vielen „ersten Malen“ erwartete die Basketball-Welt (okay, vielleicht nicht die ganze, aber zumindest die deutschen Basketball-Fans und -Experten) auch den ersten Meistertitel von Alba Berlin. Das Team, das in der Vorsaison – wieder einmal – im Finale an Leverkusen gescheitert war, wurde für die Saison nochmals mit gleich einer handvoll neuer Spieler wie Wendell Alexis, Stephen Arigbabu, Mithat Demirel, Henning Harnisch und Sascha Hupmann verstärkt. Diese bildeten mit den verbliebenen erfahrenen Leistungsträgern wie dem heutigen Head coach Sasa Obradovic (27), Henrik Rödl (27) oder Teoman Öztürk (28) und den „jungen Wilden“ Marko Pesic (19), Jörg Lütcke (20) sowie Ademola Okulaja, Alex Frisch und Drazan Tomic (alle 21) einen hochkarätig und tief besetzten Kader. Die Voraussetzungen waren geschaffen, jetzt musste es „nur noch“ auf dem Feld umgesetzt werden.

Die Hauptrunde der Basketball-Bundesliga – damals noch mit 14 Teams – wurde souverän gewonnen. Den oben erwähnten 24 Siegen in Reihe, folgten in den letzten beiden Spielen zwei für die Platzierung unbedeutende Niederlagen in Leverkusen und zu Hause gegen Bonn. Als Erster startete man somit in die Playoffs … und hatte dort in der ersten Runde – damals noch als best of seven Serie gespielt – den Gegner FT/MTV Braunschweig mit 4-0 Siegen „gesweept“. Im Halbfinale wartete dann auf Team und Fans ein emotionales highlight gegen den Serienmeister Leverkusen, der sieben Jahre in Folge Meister geworden war und dabei wieder und wieder und wieder und wieder Alba Berlin besiegt hatten. Weitere Brisanz erhielt das Duell durch den Wechsel der Nationalspieler Henning Harnisch und Sascha Hupmann zur aktuellen Saison von eben diesem Leverkusen zu Alba Berlin. Einem deutlichen Heimsieg zum Auftakt der Serie folgte eine hauchdünne Auswärtsniederlage, ein weiterer deutlicher Heimsieg und mit einem 20 Punkte Sieg (100-80) am 27.04.1997 wurde die Ära Leverkusen ein für alle Male beendet. Für die Fans ansich schon ein Moment völliger Glücksseligkeit, aber doch nur ein weiterer Schritt auf dem Weg zu Größerem …

… denn der letzte Schritt fehlte noch! Die Meisterschaft, das finale grande! Dafür hatten sich ebenfalls – recht überraschend – die Telekom Baskets Bonn als Aufsteiger in ihrer Premierensaison in der Basketball-Bundesliga qualifiziert. Euphorie hüben, Euphorie drüben bildete die Basis für einen für beide Vereine aussergewöhnlichen Saisonabschluss. Das Bonner Team um Coach Bruno Soce, den Kroaten Sinisa Kelecevc, den amerikanischen Aufbauspieler Eric Taylor, die aus Berlin an den Rhein gewechelten Sebastian Machowski und Gunther Behnke, Oldie Arvid Kramer (40), Klaus Perwas oder den Rhodewald-Brüdern hatte Bamberg aus den playoffs gesweept. Alba war also gewarnt und auf ein hartes Stück Arbeit vorbereitet. Zudem lag auf dem Berliner Team mit immerhin sechs deutschen Nationalspielern gegen den Aufsteiger vom Rhein natürlich die Favoritenrolle. So kam es dann auch im ersten Spiel in der heimischen Max-Schmeling-Halle auch zu einer nervösen, verkrampften Partie, die ein nervenstarker Sasa Obradovic mit sicher verwandelten Freiwürfen am Ende für Alba entschied (94-88). Das nahm Druck vom Alba-Team, das zweite Spiel in Bonn ging dank 20 Punkten von Sasa Obradovic und je 15 von Wendell Alexis und Henning Harnisch überdeutlich mit 109-78 an die Berliner Gäste. Der Bonner Widerstand war gebrochen, zwei Tage später würde in der Schmeling-Halle endlich der erste Titel perfekt gemacht werden. Denkste! Alles war vorbereitet, die 9.000 Tickets für das Spiel in wenigen Stunden ausverkauft. Die Fans, die kein Ticket ergattern konnten, hofften auf Regen, denn dann wollte die ARD statt Tennis Basketball übertragen. Freibier stand bereit, T-Shirts waren gedruckt, blaue und gelbe Luftballons hingen in grossen Netzen unter der Hallendecke. Bloß die Bonner und deren 2.000 per Sonderzug angereisten Fans hatten so gar keine Lust auf eine (Vize-)Meisterfeier in Berlin. So knapp vorm ersehnten Ziel verkrampften fast alle Berliner Spieler, das Spiel war knapp, das Spiel wankte, eine Minute vor Schluss brachte Rödl die Berliner mit vier Punkten in Führung, Machowski antwortete postwendend mit einem Dreier und Obradovic verwandelte nur einen von zwei Freiwürfen – 77 zu 75. Bonn kann nicht mehr punkten und Alba hat 2,2 Sekunden vor Schluss eigenen Einwurf. Da konnte nichts mehr schief gehen! Aber es ging schief! Gunther Behnke fängt den Einwurf ab, passt zu Eric Taylor, der drückt aus 8 Metern ab – und trifft! Aus die Maus, grenzenloser Jubel bei den 2.000 Bonner Fans, lange Gesichter bei den Berlinern. Somit ging die Serie am Pfingst-Wochenende 2007 zurück auf den Bonner Hardtberg. 1.500 Berliner Fans wollten dabei sein, mehr als 600 Karten gab es für das Gastteam jedoch leider nicht. Für die zu Hause Gebliebenen wurde das Spiel immerhin im TV auf dem Regionalsender B1 in einem „Sportpalast extra“ übertragen. In der Schmelinghalle wurden die blauen und gelben Luftballons unter dem Hallendach belassen, falls es am Pfingstmontag doch noch zum absoluten Showdown in Spiel Fünf kommen sollte. Kam es aber nicht! In Spiel Vier war Alba wieder ähnlich souverän wie schon in Spiel Zwei, auswärts lief es in der Serie bessser. Obradovic (21 Punkte), Harnisch (21) und Alexis (19) fanden ihre Treffsicherheit wieder und Bonn hatte in der zweiten Halbzeit nicht mehr viel dagegen zu setzen und schon Minuten vor Schluss begann im Berliner Block die Meister-Party. Abfiff, grenzenloser Jubel, Sektdusche, Medaillen, Hauerts berühmte Zigarren … und kurz vor 16 Uhr an diesem für Alba Berlin historischen 17. Mai 1997 darf endlich, endlich Kapitän Henrik Rödl die wahrscheinlich hässlichste Sport-Trophäe der Welt, ein extrem mißlungenes komisches Holzbrett, in die Höhe recken. Durch den Fakt, daß auch die Bonner als Aufsteiger mit dem Vizemeister-Titel etwas zu feiern hatten, entwickelte sich danach eine außergewöhnliche Basketball-Party, bei der beide Fangruppen gemeinsam noch stundenlang feierten. Alles zusammen eine Menge guter Gründe, diese Serie als eine der emotionalsten in der Geschichte Alba Berlins anzusehen. Das „erste Mal“ war immer noch am Schönsten!

2006/07: Beim ersten Mal tats noch weh…

Kurze Playoffs 2006-07 für Alba Berlin; Foto (c): life4sports.de
Kurze Playoffs 2006-07 für Alba Berlin; Foto (c): life4sports.de

Die Playoffs 2007 sollten zum vergessen werden – in doppelter Hinsicht. Als Dallas Mavericks Sympathisant holte einen das völlig überraschende Ausscheiden in der ersten Runde gegen die Golden State Warriors in jenem Jahr schon zurück auf dem Boden. Doch es kam noch dicker.

Alles schien angerichtet für die Mission Titelgewinn: Nachdem durch zahlreiche Verletzungen verpassten Meistertitel 2006, sollte es 2007 endlich mal wieder klappen. Von der Vorjahresmannschaft war zwar nur wenig übrig geblieben, dennoch ging Alba (mal wieder) als Tabellenerster in die wichtigste Saisonphase und traf dort auf das Team der Artland Dragons. Trotz aller Warnungen, trotz eines Trainingslagers noch vor den Playoffs (in Spanien? Oder wars in der Türkei?) und trotz der Ankündigung Marco Baldis in einer Basketballzeitschrift, man wolle sich die Golden State Warriors als positives Beispiel nehmen: es ging alles komplett schief. Alba verliert das erste Spiel hauchdünn, in der zweiten Begegnung verspielte die Mannschaft eine hohe Führung und kassiert die nächste Niederlage. Mit dem Rücken zur Wand erwarteten alle den Wendepunkt in der Schmeling-Halle. Die Rahmenbedingungen stimmten, selten war die Halle so sehr in Gelb geschmückt – Alba hatte erstmals dazu aufgerufen, in Gelb zu erscheinen – und selten die Zuschauer so bereit.

Was folgte war eine Schmach und Demütigung sondergleichen. Die Dragons trafen gefühlt jeden Wurf (selbst Malik Badiane verwandelte zum Schluss einen Dreier) und fertigten die Albatrosse mit mehr als 20 Punkten Differenz ab. Selten entlud sich die Enttäuschung der eigenen Fans so sehr über die eigene Mannschaft ab wie an diesem Tag: Das Team wurde mit einem gellenden Pfeifkonzert (vereinzelt flogen auch Gegenstände) in die Offseason verabschiedet.

Diese Niederlage bedeutete das Ende der kurzen Ära von Henrik Rödl als Cheftrainer in Berlin und führte zu einem (weiteren) großen Umbruch in der Mannschaft. Was blieb war der Spott über das Playoff-Motto „Jetzt Wir!“ und eine geschockte Alba-Nation. Es handelte sich schließlich um das erste Ausscheiden in der ersten Playoff-Runde seit dem Umzug in die Max-Schmeling-Halle. Und beim ersten Mal tat’s noch weh …

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