Nachwuchsbasketball ist hip, en vogue, in aller Munde. JBBL und NBBL sorgen für landesweiten Wettbewerb, die U-Nationalmannschaften erreichen inzwischen in der A-Gruppe oft einstellige Platzierungen, die Basketball-Bundesliga verlangt hauptamtliche Nachwuchstrainer. Quotierungen in der ersten und zweiten Liga tun ihr Übriges. Kein Verein kann es sich mehr leisten, nicht in Nachwuchsarbeit Zeit, Geld und know-how zu investieren.
Das war nicht immer so. Bis vor einigen Jahren war das Kooperations-Programm zwischen dem TuS Lichterfelde und Alba Berlin relativ allein auf weiter Flur. Sehr viel, was heute im Nachwuchs-Basketball Standard ist, hat seinen Ursprung in Berlin, in dieser Kooperation zwischen ALBA und TusLi. Dieses Engagement war so vorbildlich wie konkurrenzlos und damit auch recht angenehm für Alba Berlin. Wer im Nachwuchs-Basketball weiter kommen wollte, versuchte bei TusLi / Alba zu landen. Bei der WM 2002, als Deutschland mit Platz 3 den grössten Erfolg in der Geschichte des deutschen Basketballs erreichte, standen 10 Spieler im Kader, die in jungen Jahren für TusLi und/oder Alba gespielt hatten.
Das ist ein Jahrzehnt her, nur ein Jahrzehnt möchte man sagen. Denn in dieser einen Dekade hat sich vieles, sehr vieles, geändert. Von Konkurrenzlosigkeit ist man inzwischen weit entfernt, landesweit als auch selbst in Berlin … und das ist auch gut so! Vordergründig erst mal für die Liga insgesamt, aber auf längere Sicht auch für Alba, denen eine starke Liga mit einheimischen Identifikationsfiguren ebenfalls hilft. Aktuell ist die Situation schwierig für alle Vereine, da der Bedarf an gut ausgebildeten deutschen Basketballern am besten noch mit Spielerfahrung auf hohem Niveau viel grösser als deren Anzahl ist. Diese Diskrepanz im Bereich Angebot und Nachfrage führt zu aktuellen Problemen auf beiden Seiten, großer Konkurrenzkampf auf der einen Seite, zu(?) große “comfort zone” auf der anderen. Das wird sich nivellieren; bei größerem Bedarf, werden die Vereine noch mehr in professionelle Nachwuchsarbeit investieren, bei besseren Möglichkeiten für junge Spieler, werden mehr von denen eine professionelle Karriere anstreben. Momentan sind jedoch hochklassige deutsche Spieler noch eine ebenso seltene wie begehrte Spezie, selbst junge Spieler auszubilden, eine Pflichtaufgabe. Diese dann auch mal im eigenen Profiteam spielen zu sehen ist eine nur selten erfüllte Sehnsucht der eigenen Fans, aber auch Anspruch des Vereins (Ein Thema, dem man mal einen eigenen Beitrag widmen könnte).
Ins Trainingslager nach Kranjska Gora haben sechs junge Spieler Alba Berlin begleitet, von denen einige in Zukunft das Profi-Team ergänzen werden. Mit allen sechs Spielern – aufgeteilt in zwei Gruppen – hat albainside über das Trainingslager, ihre aktuelle Situation und ihre Zukunftspläne gesprochen. Beginnen möchten wir mit den Spielern, die momentan noch zur Schule gehen und die Aufmerksamkeit zwischen Schule und Basketball aufteilen (müsssen), d.h. Sebastian Fülle (20), David Herwig (19) und Kenneth Ogbe (17; vom Kooperationspartner Urspring).
Hallo Sebastian, David und Kenneth, die meisten Basketballfans werden euch noch nicht kennen; wir möchten die Gelegenheit nutzen, euch ein wenig vorzustellen. Ihr seid als junge Spieler von Alba Berlin bzw. vom Kooperationspartner Urspring und zum ersten Mal im Trainingslager von Alba Berlin dabei, normalerweise trainiert ihr mit Nachwuchsteams oder unterkassigen Amateur- bzw. Halbamateurteams. Wie groß ist für euch die Umstellung in punkto Intensität und Professionalität?
Sebastian Fülle (SF): Von der Intensität und Belastung her ist das Training hier im Trainingslager generell ein bis zwei level höher als z.B. Regionalligatraining. Du kannst als junger Spieler enorm viel von den älteren Spielern lernen, weil die ja jahrelange Erfahrung haben. Am Anfang lernst du viel, versuchst, dir viel abzuschauen, spielst gut mit und dann versuchst du, das umzusetzen, was dir die älteren Spieler beigebracht haben. Aber erst mal musst du versuchen irgendwie reinzukommen, dann entwickelst du dich weiter und das Training wird für einen selbst dann auch immer besser.

Macht ihr im Trainingslager genau das gleiche mit wie die Profis oder gibt es für euch junge Spieler ein besonderes Programm für das Training hier in Kranjska Gora?
David Herwig (DH): Im Großen und Ganzen machen wir das gleiche Programm im Training wie die Profis. Am Vormittag macht der Athletiktrainer mit uns ein spezielles Programm, wo besonders viel Wert darauf gelegt wird, fit für die Saison zu werden. Da machen wir auch viel im Bereich Schnelligkeit, Koordination und Kraft. Wir hatten auch schon mal ein Training im Freien. Da sind wir mit Pulsuhr gelaufen. Das dient der Kontrolle und Überprüfung diverser Körperwerte. Beim Abendtraining trainieren wir viel Taktik, da versuchen wir junge Spieler viel mitzunehmen, um später davon in der Saison profitieren zu können.

Kenneth, du trainierst ja normalerweise beim Kooperationspartner Urspring. Das Nachwuchsprogramm dort ist ja ein wenig anders als das bei Alba aufgebaut, mehr an die Organisation wie an amerikanischen highschools angelehnt. Wie funktioniert dort die Koordination zwischen Schule und Training?
Kenneth Ogbe (KO): Wir haben immer zwei Trainingseinheiten pro Tag, ein mal Krafttraining, ein mal Basketballtraining. Aber eigentlich immer nach der Schule, so gut wie nie vor der Schule. Also ich steh’ auf, gehe zur Schule bis halb vier oder halb sechs, danach in mein Kraftraining und danach noch Basketballtraining. Am Anfang der Saison haben wir auch schon mal vor der Schule Training, um sechs Uhr, ein mal in der Woche, aber wenn die Saison los geht und die Belastung besonders hoch ist, haben wir eigentlich nur noch die beiden Trainingseinheiten pro Tag nach der Schule.

Sebastian, du hast die komplette Vorbereitung der U20-Nationalmannschaft auf die Europameisterschaft mitgemacht, bist dann aber als Allerletzter aus dem Kader gestrichen worden. Wie sehr wurmt einen so etwas oder sorgt das für noch mehr Motivation für die Zukunft?
SF: Ich hatte viel Kontakt zum Bundestrainer, wir haben viel miteinander gesprochen. Ich wusste von Anfang an, dass ich erst mal als 13. Mann eingeplant bin und musste damit rechnen, wenn sich niemand verletzt. Trotzdem habe ich alles gegeben, es ist natürlich schade, daß es nicht geklappt hat, aber natürlich ziehe ich daraus die Motivation, in Zukunft noch ein bisschen mehr zu geben, noch besser zu werden. Das war das letzte Jahr für mich in der U20-Nationalmannschaft, vielleicht im nächsten Jahr in der A2-Nationalmannschaft, mal sehen, was da in Zukunft kommt.
Ihr spielt teilweise in drei oder vier Mannschaften, macht “nebenbei” noch eure Schulausbilung, euer Abitur. Wie kriegt man das alles unter einen Hut, das alles miteinander koordiniert?
DH: Bei Fülle und mir ist es ähnlich, wir sind beide auf einer Sportschule. Wir haben so eine Art “Streckung” im Abitur, das heißt, wir haben drei Jahre Zeit für die letzten beiden Schuljahre und dadurch etwas weniger Unterricht. Das gibt uns etwas mehr Zeit, zu trainieren, auch mal vor der Schule zu trainieren. Ein paar Mal in der Woche haben wir noch ein paar extra Wurfeinheiten, Krafttraining oder Anderes und nachmittags oder besser gesagt am späten Abend dann ganz normales Teamtraining. Dazwischen müssen wir dann noch sehen, daß wir es mit unseren Hausaufgaben hinkriegen. Von der Schule ist das alles ganz gut organisiert und koordiniert, damit wir alle unsere Aufgaben schaffen können.
Welche Rolle spielen eure Eltern dabei, damit ihr diese Doppel- und Dreifachbelastung geregelt bekommt? Wie unterstützen die euch dabei?
DH: Die tragen einen wirklich großen Teil, den größten Teil, dazu bei. Bei mir schon seit über 10 Jahren. Früher haben sie mich zu jedem Training gefahren und wieder abgeholt, aber auch jetzt unterstützen sie mich noch, kommen zu jedem Spiel, helfen, wo sie nur können.
SF: Bei mir ist es ähnlich. Meine Eltern und meine Großeltern die sind alle total fasziniert vom Basketball, die fahren zu jedem Spiel mit, fahren mich auch manchmal zum Training oder ich kann mir das Auto nehmen, was auch extrem hilft, weil es die reinen Fahrzeiten sehr verkürzt. Ich bin total glücklich, dass meine Familie da so sehr dahinter steht.
KO: Seit ich im Internat an der Urspring-Schule bin sehe ich meine Mutter leider nicht so oft, vielleicht ein mal im Monat oder wenn wir zufällig ein Spiel in München haben, aber ich habe trotzdem viel Kontakt zu ihr, telefoniere fast täglich mit ihr. Sie unterstützt mich sehr, auch bei so einer Sache, daß ich hier im Trainingslager dabei sein darf. Darüber bin ich froh.
Kenneth, du gehst jetzt noch ein Jahr zur Schule. Wie sind danach deine weiteren Pläne? Planst du, so wie dein Bruder ans College zu gehen oder möchtest du erst mal dein Glück in Deutschland versuchen?
Ich tendiere eher dazu, in Deutschland zu bleiben, aber ich möchte mir auf jeden Fall erst mal noch alle Möglichkeiten offen lassen. Tendenziell sehe ich aber auf jeden Fall meine Zukunft eher in Deutschland.
Sebastian und David, wie sind eure Pläne für die Zeit nach dem Abi? In der kommenden Saison seid ihr ja auf jeden Fall noch bei Alba, oder?
SF: Ich bin sehr zufrieden bei Alba und hoffe, wenigstens die nächsten zwei bis vier Jahre bei Alba bleiben zu können.
DH: Ich bin vollkommen zufrieden. Ich bin schon drei oder vier Jahre hier und hoffe, auch in Zukunft. Ich hoffe, nächste Saison wieder aus der 1. Regionalliga in die ProB aufzusteigen, dann haben wir beste Möglichkeiten hier.
Vielen Dank und größtmöglichen Erfolg für die nächste Saison und die weitere Zukunft und viel Glück dabei.
Im zweiten Teil sprechen wir dann mit den Spielern, die sich dank bereits abgeschlossener Schulausbildung komplett auf Basketball konzentrieren können: Joey Ney, Can Kleiner und Steven Monse.
Wenn man jetzt böse ist, legt man die zuletzt erwähnte Zufriedenheit als zu große Comfort Zone aus 😉