Mutmacher! Albas „unmögliche“ Auswärtssiege in Europa …

An diesem Donnerstag kann Alba Berlin dem Ziel, deutsche „Euroleague-Geschichte“ zu schreiben, einen großen Schritt näher kommen. Ein Sieg bei Panathinaikos Athen lässt das Viertelfinale greifbar nah rücken. Am letzten Spieltag zu Hause gegen den amtierenden Champion Maccabi Tel Aviv könnte man selbst den Einzug ins Viertelfinale klar machen und wäre somit unter den besten acht Teams in Europa. Und dann wären es „nur“ noch drei Siege bis zum Final Four. Eine sensationelle Entwicklung. Doch noch handelt es sich um einen Traum, Alba geht als Underdog in das Spiel. Das muss nicht zwangsläufig schlecht sein, die Berliner haben in der Vergangenheit schon einige Male „unmögliche“ Auswärtsspiele in Europa gewonnen …   

Zusammenhalt! Der Schlüssel für Albas Erfolg.
Zusammenhalt! Der Schlüssel für Albas Erfolg.

Ein Auswärtssieg in Athen wirkt nicht nur wegen der Mythologie des Gastgeberlandes wie eine „Hercules“-Aufgabe. Wenig spricht im Vorfeld für die Berliner. Zu stark sind die Griechen besetzt, zu sehr individuell überlegen, zu groß unterm Korb, zu treffsicher von aussen! Das erfolgreichste europäische Team der letzten 20 Jahre hat in der Saison 2014/15 sicher nicht das stärkste Team der letzten 20 Jahre zur Verfügung, trotzdem ist es immer noch eine europäische Macht. Wenn auch nicht mehr einer DER Top-Favoriten auf den Titel. Unschlagbar sind sie nicht, haben in dieser Saison schon zehn Mal verloren, aber ihre Heimhalle OAKA mit einem Fassungsvermögen von fast 19.000 Zuschauern ist immer noch eine Festung. Dort haben sie nur gegen das spanische Top-Team aus Barcelona verloren. Alba hat am Donnerstag also ein dickes Brett zu bohren. Die Ausgangslage ist für beide Teams recht klar. Panathinaikos Athen kann sich mit einem Sieg über die Berliner sicher für das Viertelfinale qualifizieren, hätte bei einer Niederlage aber immer noch die Chance, mit einem Sieg am letzten Spieltag in Belgrad die Top8 klar zu machen. Ob ihnen das als Gruppendritter oder -vierter gelingt, ist ziemlich egal. Man hätte in einem möglichen fünften Viertelfinalspiel kein Heimrecht und ob man dort auf ZSKA Moskau, Fenerbahce Istanbul oder den Stadtrivalen Olympiakos Piräus trifft, steht völlig in den Sternen. Für Alba ist der Traum bei einer Niederlage vorbei, sofern nicht – ziemlich überraschend – Galatasaray Istanbul in Tel Aviv gewinnen würde. Viel Hoffnung machen diese Fakten nicht, ebenso wenig das Hinspiel in Berlin, aber …

nicht nur McLean muss im Rückspiel über sich hinaus wachsen ...
nicht nur McLean muss im Rückspiel über sich hinaus wachsen …

Hoffnung bezieht das Team aus anderen Aspekten. Alba hat die letzten Spiele national wie international unter teilweise außergewöhnlich widrigen Umständen gewonnen. Das schweißt ein Team zusammen, der Zusammenhalt ist durch die Verletzungen der letzten Wochen eher größer geworden, da wird gegenseitig geholfen, einer kämpft für den anderen. Alba muss am Donnerstag zwar gegen eine lautstarke Halle anspielen, mental spricht jedoch mehr für die Berliner. Für Panathinaikos wäre ein Verpassen der Top8 eine mittlere Katastrophe, die Griechen haben Druck! Alba hingegen kann nichts mehr verlieren, das Team hat jetzt schon eine großartige Euroleague-Saison gespielt, die erfolgreichste eines deutschen Teams, seit die Liga von der ULEB organisiert wird. In den Vor-ULEB-Zeiten war auch nur Alba selbst besser. Ein wichtiger Punkt – und auf den wollen wir hier als Mutmacher näher eingehen – ist, dass Alba schon öfter in der Situation war, auf europäischem Parkett mit dem Rücken zur Wand zu stehen und unbedingt einen Auswärtssieg bei einem scheinbar schier übermächtigen Gegner zu benötigen! Und mehr als ein Mal ist es auch gelungen, diesen Sieg dann auch tatsächlich einzufahren, wenn er dringend benötigt wurde. Drei dieser besonderen Momente der Alba-Geschichte möchten wir hier vorstellen:

Euroleague-Saison 1999/2000 – Auswärtssieg bei Panathinaikos Athen

Weit, d.h. bis ans Ende des letzten Jahrtausends, muss man zurück blicken, um von einem Auswärtssieg von Alba Berlin beim kommenden Gegner Panathinaikos Athen berichten zu können. Aber es gab ihn! Ganz genau in der Saison 1999/2000 – und die Umstände waren seinerzeit nicht weniger widrig als heutzutage, die Aussenseiterrolle Albas vor 15 Jahren nicht minder deutlich als 2014/15. Alba hatte am letzten Spieltag der ersten Runde der Euroleague noch die Chance, mit einem Sieg in Athen an Real Madrid vorbei zu ziehen und diese Phase als Dritter der Tabelle abzuschließen, was in der zweiten Phase Spiele gegen die Teams der Plätze 4 – 6 der Parallelgruppe gebracht haben würde. Allerdings war man dafür auf eine Niederlage von Real Madrid angewiesen, gegen die man zwar das Heimspiel gewonnen, den direkten Vergleich jedoch verloren hatte. Panathinaikos hatte bis zu diesem Spieltag alle seine 9 Spiele gewonnen, Alba vier Siege bei fünf Niederlagen erreicht. Am Tag vor der Reise nach Athen hatte Alba den Spielmacher Frankie King wegen diverser Verstösse gegen die Teamdisziplin entlassen. Sportlich betrachtet war Frankie King einer der absoluten Leistungsträger des ALBA-Teams und einer der top scorer der Bundesliga sowie der Euroleague (5.-bester). Zudem war mit Stephan Baeck ein Leistungsträger schon länger verletzt. Somit machte sich eine kleine, unerfahrene Truppe, in der lediglich Henrik Rödl, Wendell Alexis und Geert Hammink älter als 24 Jahre waren, auf den Weg zum schier übermächtigen – bis dato ungeschlagenen – griechischen Gegner. Auch damals hatte man – eine Parallele zum Spiel am kommenden Donnerstag – das Heimspiel gegen die Griechen verloren. Der gerade 21 Jahre alt gewordene Stipo Papic, der sonst nur für wenige Minuten Spielzeit gut war, fand sich plötzlich in der Starting Five wieder und zahlte das Vertrauen mit einem seiner besten Spiele für Alba zurück. Der 20-jährige Nino Garris kam zu seinem Euroleague-Debüt und spielte unbekümmert auf. Der gemeine Fan, damals auch noch 15 Jahre jünger, sass Fingernägel kauend vor dem Inforadio, wo Guido Ringel und Andreas Witte Bilder aus Athen zu Wörtern und Wörter zu Bildern in den Köpfen der vor dem Radio mitfiebernden Zuhörer machten. Die Alba Youngster überraschten die Athener mit einer Zonenverteidigung und brachten die Griechen damit zunächst aus dem Konzept. Allerdings nicht lange, bis zur Halbzeit entwickelte sich ein ausgeglichenes Spiel, Nino Garris machte per frechem Dreier seine ersten Euroleague-Punkte für Alba Berlin. Nach der Pause entwickelte sich das Spiel jedoch so, wie es vorher jeder erwartet hätte. Das griechische Starensemble um europäische Top-Spieler wie den Italiener Serben Dejan Bodiroga, Euroleague-MVP Zejlko Rebraca, die israelische Legende Oded Kattash, den heutigen Trainer von medi Bayreuth und damaligen deutschen Nationalspieler Mike Koch uam. spielte nach und nach immer mehr seine individuelle Klasse aus. An erster Stelle jedoch ein Spieler, mit dem Alba auch am kommenden Donnerstag wieder das mehr oder weniger große Vergnügen haben wird: Antonis Fotsis! Der machte damals schon mit 18 Punkten (Topscorer) den Berlinern das Leben schwer. Als die Athener „Weltauswahl“ knapp 5 Minuten vor Schluss mit 14 Punkten in Führung lag, glaubte kein Grieche mehr an eine mögliche Niederlage und wohl nur der aller optimistischste Alba-Fan an einen Sieg! Aber auch damals galt schon, dass ein Alba Termin erst dann besiegt ist, wenn wirklich abgepfiffen ist. Wendell Alexis‘ dritter Dreier im Spiel (bei vier Versuchen), steals von Rödl und Alexis, wichtige Rebounds und zwei sog. „and one“ durch Patrick Femerling sorgten für eine Aufholjagd. Der damals noch junge Berliner Center (24) war es auch, der in der letzten Spielminute für den Ausgleich sorgte. Wie so oft war es dann mal wieder der Iceman Wendell Alexis, der 10 Sekunden vor Spielende die entscheidenden Freiwürfe zum 72-70 Sieg verwandelte. Der Rest war gute Verteidigung, riesiger Jubel und ein – gerade unter diesen Umständen – nie für möglich gehaltener Auswärtssieg.
DO IT AGAIN, ALBA!

Für Platz 3 reichte der Sieg leider trotzdem nicht, da sich Real Madrid gegen Tofas Bursa keine Blöße gab und sich dank des gewonnenen direkten Vergleichs vor Alba platzierte. Panathinaikos Athen verlor in dieser Euroleague-Saison nur noch drei weitere Spiele und sicherte sich souverän – gegen Albas übernächsten Gegner Maccabi Tel Aviv – den Titel. Alba gewann im weiteren Verlauf noch zwei mal gegen den FC Barcelona, zwei mal gegen ZSKA Moskau und schloss die zweite Runde punktgleich mit ZSKA Moskau und Benetton Treviso mit einer positiven Bilanz (9-7) ab. Leider blieb wegen weniger Korbpunkte Unterschied im Dreiervergleich mit den Russen und Italienern für Alba nur der vierte Platz. Folglich mussten die Berliner das 1/8-Finale gegen den Ersten der Paralellgruppe, Efes Istanbul, bestreiten und hatte gegen den türkischen Spitzenclub letztlich klar das Nachsehen. Aber auch damals hatte Alba eine sehr gute Euro-Saison gespielt, Siege gegen große Gegner geholt.

Eurocup-Halbfinale 2009/2010. Bilbao Basket vs Alba Berlin 70:77

Ein Spiel, das die meisten Fans so schnell nicht vergessen werden, obwohl Alba das anschließende Finale gegen Valencia deutlich verlor. Viel Wirbel gab es schon vor der Begegnung, als ein Vulkan mit unaussprechlichem Namen die Anreise der Alba Fans (und später die Rückreise des Teams) erschwerte. Das Halbfinale fand in Vitoria, also eigentlich auf neutralem Boden statt. De facto handelte es sich jedoch um ein Auswärtsspiel, denn hunderte von Bilbao Fans hatten die Halle stimmungsmäßig im Griff. Auch sportlich war Alba nicht in bester Verfassung, mehrere Leistungsträger gingen angeschlagen in die Begegnung. Dennoch entwickelte sich ein Spiel auf Messers Schneide in dem sich Alba immer wieder leicht absetzen konnte. Adam Chubb machte das wohl beste Spiel im Berliner Trikot (27 Punkte/7 Rebounds), während auf der Gegenseite Marko Banic, immerhin damaliger Eurocup-MVP, blass blieb. Den letzten Sturmlauf der Basken konnten die Albatrosse abwehren, ehe Julius Jenkins 22 Sekunden vor Schluss den spielentscheidenden Dreier traf. Grenzenloser Jubel bei den mitgereisten Fans und bei den zweitausend Daheimgebliebenen beim Public Viewing in der Arena am Ostbahnhof. Mit diesem sensationellen und auch unerwarteten Sieg hatte sich Alba (mal) wieder ins europäische Rampenlicht gespielt.

Euroleague Hauptrunde 2008/2009. Joventut Badalona vs Alba Berlin 75-79

In einer ähnlichen Situation wie heute, befand sich Alba vor sechs Jahren in der Euroleague schon einmal. Nur eine Stufe niedriger. Am vorletzten Spieltag der Hauptrunde reiste das Team zum Showdown nach Spanien (Albas Bilanz: 3-5 / Badalona: 4-4). Ein Sieg und Alba hätte im letzten Gruppenspiel gegen den Letzten Ljubljana alle Chancen in der eigenen Hand. Eine Niederlage und man hätte Badalona nicht mehr einholen können.

Vieles sprach vor dem Spiel für die Gastgeber, Alba hatte in der Saison noch kein europäisches Auswärtsspiel gewinnen können und wartete schon seit 16 Spielen auf einen Euroleague-Sieg in der Ferne. Zudem spielte bei Badalona noch das spanische Wunderkind, Ricky Rubio, der das Hinspiel noch verpasst hatte. Dieses hatte Alba vor eigenen Publikum noch ganz knapp gewonnen.

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Auch jetzt entwickelte sich eine sehr spannende Partie, in der sich keine Mannschaft bedeutend absetzen konnte. Immer wieder rutschte den Alba Fans das Herz in die Hose, wenn Rubio die point guards Steffen Hamann und Rashad Wright unter Druck setzte und zu Ballverlusten zwang oder mit eleganten Pässen seine Mitspieler fütterte. Doch letztendlich stahl ein Berliner dem spanischen Megatalent die Show. Immanuel McElroy machte offensiv das Spiel seines Lebens und traf fast alle seine Würfe. Vor allem die teils schweren Distanzwürfe des schweigsamen US-Amerikaners versetzten den Spaniern immer wieder Dämpfer von denen sie sich letztendlich nicht mehr erholen konnten. Mit einem Fastbreak-Dunk mit Ablauf der Sirene setzte McElroy den Schlusspunkt des Spiels. Seine 26 Punkte brachten ihm den MVP-Titel der Woche ein und Alba machte den entscheidenden Schritt zum Top-16.

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