Die innere Unruhe nimmt zu, die Aufregung steigt. Zwei mal noch schlafen dann beginnt die letzte Serie der Saison und endlich, nach all den vielen Erstrunden-Aus in all den Jahren, sind wir Berliner mal wieder dabei. Drei Siege trennen die Mannschaft vom Gewinn der ersten Meisterschaft seit 6 Jahren. Schon lange gab es kein Team, dass die Berliner so begeistern konnte wie dieses und als wenn das alles nicht reichen würde, lautet der Finalgegner FC Bayern. Ausgerechnet.
Die Assoziationen die geweckt werden, erzeugen starke Emotionen. Drei Jahre sind seit dem Aufstieg der Bajuwaren vergangen und dennoch ist zwischen beiden Vereinen schon so vieles passiert. So viel Berliner Vergangenheit steckt im Kader, dem Coaching-Staff und sogar im Manager-Posten des FCB und dennoch herrscht eine abgrundtiefe Abneigung. Kein Gegner konnte in Berlin in den letzten Jahrzehnten so viel Antipathie auslösen, mit Ausnahme von Bamberg vielleicht. Es wird also eine hoch emotionale Angelegenheit. Die Berliner Morgenpost titelt martialisch, aber auch irgendwie passend, dass es nun „Zeit für die Abrechnung sei“.
Diese Serie wird wahrscheinlich nicht schön, sie wird hart umkämpft sein. Auf dem Feld und auf den Rängen. Ja wahrscheinlich auch in den Medien, wo Vereinsvertreter von beiden Seiten sich schon seit geraumer Zeit necken. Es könnte das explosivste Finale seit Jahren werden und sogar die Serie gegen Bamberg 2011 in den Schatten stellen. Mehr Vorfreude, Anspannung, Nervosität geht gerade kaum noch. Welche könnten die Schlüssel zum Erfolg werden, um den Titel zurück nach Berlin zu holen?
Offense wins games…
Das Team des „FC Bayern München Basketball“ hatten wir euch ausführlich vor dem Heimspiel Albas gegen das Team aus dem Süden vorgestellt, titelten damals „Die Bayern kommen, NA UND!“ Im Finale trifft, nach erzielten Punkten, das offensiv stärkste (Bayern) auf das drittstärkste Team (Alba). Kaum eine Mannschaft konnte wohl so oft im TV begutachtet werden wie die Bayern, die am liebsten aus dem Fastbreak heraus ihre Punkte erzielen. Im Setplay haben die Bayern genug Optionen, makellos ist der Angriff im Halbfeld jedoch sicherlich nicht. Auffällig ist die Abhängigkeit von Malcolm Delaney, während auf den Flügelpositionen durch den verletzungsbedingten Ausfall von Nihad Djedovic etwas Kreativität fehlt. Staiger ist zu eindimensional, Robin Benzing zeigte zuletzt immer mehr schwache Leistungen und Bryce Taylor, der eine wirklich gute Saison spielt, könnte angeschlagen sein (wenn die Aussagen zu Spiel 5 in Oldenburg stimmen). Diese Spieler werden auf der Gegenseite mit Redding, Stojanovski und Co. eine Menge Probleme haben. Unter den Körben sind die Bayern jedoch sehr variabel aufgestellt. Von „Masse“ am Brett (Bryant, Thompson) über Stretch-Four (Savovic und teilweise Bryant/Troutman) ist alles dabei. Die „big men“ der Bayern – die die den Namen wirklich verdienen – boxen sehr gut aus und arbeiten gut beim Rebound und generieren daraus ihre gefürchteten Schnellangriffe. Eine große Aufgabe für den Berliner Frontcourt.
…Defense wins Championships!
Bei all dem berechtigten Lob den die Defensive der Albatrosse erhält, sollte nicht vergessen werden, dass auch Bayern Defense kann. Denn ohne Defense auch kein Fastbreak. Dennoch liegt hier der individuelle Vorteil bei Alba. Wichtig wird es vor allem die Bretter zu kontrollieren, gegen Oldenburg holte sich der FCB haufenweise Offensivrebounds und kaschierte damit viele Fehlwürfe. Für Hammonds und Co. gilt es natürlich die Wirkungskreise von Delaney einzuengen und diesen zu entnerven. Interessant wird auch, wie die eher schmächtigere Bigmen-Riege von Alba gegen die bulligen Thompsons und Bryants dieser Welt besteht.
X-Faktor: Radosevic? Heimvorteil?
Schwer zu glauben aber bei beiden Siegen (Rückblick auf den 94-74-Sieg im Heimspiel) in der Hauptrunde fehlte Leon Radosevic. Die Siegesbilanz ohne den Kroaten fällt eigentlich nicht sehr gut aus. Obwohl Radosevic bisher in den Playoffs nur bedingt überzeugen konnte und vielleicht noch nicht ganz fit ist: von den eher langsameren Idbihi und Bryant wird er nur schwer zu halten sein. Eventuell wird er also das Zünglein an der Waage. Erstmals muss Alba in den Playoffs auch ohne Heimvorteil auskommen die Auswärtsbilanz in der Endrunde (3-1) steht der Heimbilanz in nichts nach (ebenfalls 3-1). Die Arena am Ostbahnhof wird am Donnerstag sicherlich kochen, mal sehen wie die Bayern Spieler dieses Mal damit umgehen.
Kleinigkeiten
Kleinigkeiten können die Serie entscheiden, hier ein lucky shot, da einen Zentimeter auf der Linie, dort ein Sterntaler-Rebound in der crunch time, Verletzungen, die man natürlich niemandem wünscht. „Offense wins games, defense wins championsips“ ist eine Binsenweisheit, „Wer die Bretter beherrscht, beherrscht das Spiel“ eine andere. Beim Rebound dürften die Bayern die Nase vorn hatten bzw. hatten sie in der Hauptrunde vorn. Der Schnitt ist jedoch nur die halbe Wahrheit, im direkten Vergleich sieht es schon wieder etwas anders aus; im Heimspiel gewann Alba die Reboundbilanz klar mit 40-27, im Rückspiel war der Vergleich ausgeglichen (36-36). Nichtsdestotrotz hat München natürlich einen sehr hochkarätigen Kader, das Team ist nicht durch Zufall oder Glück Erster der Hauptrunde geworden, das Team steht nicht durch Zufall oder Glück im Finale um die deutsche Meisterschaft. Das basiert alles auf einer Menge Qualität und Variabilität im Kader. Deon Thompson, in seinem Jahr bei Alba noch einer der besten Power Forwards der Euroleague, ist bei den Münchnern nur einer von vielen in einem riesigen Star-Ensemble. Da findet sich gleich mehr als eine handvoll Spieler, die jederzeit einem Spiel den Stempel aufdrücken und es entscheiden können. Das macht es für jeden Gegner schwer. Beim Aufposten ist John Bryant meist von einem Gegenspieler nicht zu halten, die Hilfe öffnet die Räume für die Schützen von aussen. Von der Papierform ist München – nicht zuletzt wegen des Heimvorteils – Favorit. Aber Papierform ist Papierform ist Papierform! Von der Papierform her war München auch in beiden Saisonspielen gegen Alba Favorit, wie es ausgegangen ist, weiß jeder, auch wenn diese beiden Spiele für die finals nur begrenzten Wert haben. Die Uhr wird auf Null gestellt, Playoffs sind wie eine neue Saison. Verstecken braucht sich Alba nicht sondern kann mit Respekt aber auch Selbstvertrauen in die Serie gehen. Es ist Albas guards, da vor allem Clifford Hammonds, zuzutrauen, defensiv die Kreise der bayerischen Denk- und Lenkzentrale Malcolm Delaney einzuschränken. Damit nimmt man ihnen schon eine Menge von ihrem Spiel. Alba nur auf die beste Defense der Liga zu reduzieren, greift allerdings zu kurz. Wie erwähnt erzielte Alba die drittmeisten Punkte der Hauptrunde, auch die Serie im Viertelfinale wurde klar über die Offense gewonnen, 86, 90 und 95 Punkte erzielt; das Spiel mit offensivem black out (64 Punkte) wurde abgegeben. Wohler fühlen sie sich freilich, wenn sie sich auf ihre Defense verlassen können, so wie im Halbfinale gegen die Artland Dragons. Wirklich entscheiden, könnten das Finale jedoch Dinge, die auf keinem stats sheet stehen. Dinge wie Willen, Kampfgeist, Zusammenhalt, Wir-Gefühl … Gebiete, auf denen Alba den Bayern sicher nicht unterlegen sein wird!
Auf geht’s Alba, kämpfen und siegen!