Alba Berlin kann am Sonntag (15 Uhr) in Oldenburg bei den EWE Baskets im dritten Playoffspiel des Halbfinales um die Meisterschaft der easycredit Basketball Bundesliga den Einzug ins Finale perfekt machen. Vor Wochenfrist wurde der Heimvorteil in Oldenburg erobert, den sich die Niedersachsen durch Platz 2 der Hauptrunde gesichert hatten; im Heimspiel am Mittwoch wurde dann mit dem zweiten Erfolg dafür gesorgt, dass es nun im dritten Spiel nicht nur um die Wurst, sondern den ganzen Grill geht. Damit würde auch ein wichtiges Saisonziel erreicht: Die Qualifikation für die Euroleague in der Saison 2019-2020! Großen Anteil daran haben gerade auch die jungen Spieler der Berliner.
Damit zahlt sich aus, worin der Verein über die Jahre lange investiert hat, nämlich in ein konsequentes Nachwuchsprogramm. Es gibt viele junge Basketballer, wenige Talente und noch sehr viel weniger schaffen den Durchbruch zum BBL-Spieler. Das ist kein Zufall. Dahinter steht intensive und planvolle Arbeit. Talent zu sein ist wenig wert, wenn es nicht gefördert und gefordert wird, zu fördern bringt wenig, wenn man nicht die Grundlagenarbeit macht, d.h. aus vielen, vielen guten jungen Basketballern die findet, die das Zeug haben, eventuell mal Profi zu werden. Da investiert Alba Berlin sehr viel Manpower, know-how und nicht zuletzt auch Geld, von dem gut und gerne zwei gestandene, sehr gute Profis bezahlen könnte. Dahinter steht der feste Glaube, an den Sinn von Nachwuchsarbeit und deren Notwendigkeit, aber auch die Hoffnung auf ein return on investment.
Gerade in der Halbfinalserie zwischen Oldenburg und Berlin treffen vielleicht die Extreme dieses Aspekts aufeinander. Ein Team, das diesem Thema sehr wenig Augenmerk schenkt, auf das Team mit der intensivsten Nachwuchsförderung und dem größten Programm innerhalb Deutschlands. In Oldenburg wird – von den Fans – oft die sehr kurze Rotation mit de facto sieben Spielern beklagt. Von Vereinsseite ist es selbst gewähltes Leid! Oldenburg hat nur 6 Spiele verloren, 28 gewonnen, die Gegner in vielen Spielen dominiert. Es gab also diverse Chancen, den Nachwuchs behutsam zu integrieren, diese wurden vom Coach – aus welchen Gründen auch immer – nicht genutzt. Es liegt aber wohl viel eher am nicht WOLLEN, als am nicht KÖNNEN. An fehlenden Talenten liegt es jedenfalls nicht. Seien es der Forward Marcel Keßen (22), der in der NBBL für die Phönix Hagen Juniors eine dominante Rolle spielte oder sei es dessen ehemaliger Hagener Teamkollege Haris Hujic (22), der NBBL-MVP war, sämtliche Nachwuchs-Nationalmannschaften durchlaufen und inzwischen sogar A2-Nationalspieler ist. Da wurden vielversprechende Talente aus der Hagener „Konkursmasse“ geholt, die sich in Oldenburg jedoch nicht mehr richtig weiter entwickeln. Auch dem geborenen Berliner Marko Bacak (23), auch mal für Albas 2. Mannschaft aktiv und immerhin U20-Nationalspieler für Kroatien, kann man Talent sicher nicht absprechen. Das sind die drei Spieler, die es in dieser Saison auf mehr als fünf Spiele gebracht haben, aber dahinter gäbe es zum Teil noch jüngere Talente wie Hollatz, Isemann, Drijencic oder der erst 18-jährige U-Nationalspieler Hopp, die man mal ins kalte Wasser schmeißen könnte. Dadurch lernt man zu schwimmen!
Ja, bei Alba ist der Konkurrenzkampf in den Nachwuchsteams in JBBL und NBBL schon größer und es ist schwerer sich allein dort durchzusetzen, aber das ist ja nicht alles. Auch in Berlin tropft nicht jedem das Talent aus den Ohren, viel ist da auch Mentalität und harte Arbeit! Der große, alte (Basketball 😉 )-Philosoph Thomas Alva Edison, Erfinder der Glühbirne und allerlei anderer nützlicher Dinge meinte mal, „Erfolg ist 1% Inspiration, 99% Transpiration“, also viel mehr Arbeit als Talent. Optimal arbeiten muss man dann aber auch können und dürfen. Die Frage, ob Tim Schneider (21) jetzt so viel mehr Talent als z.B. Haris Hujic (22) hat, stellt sich da gar nicht so sehr; die besseren Möglichkeiten, zu arbeiten, hat er wohl auf jeden Fall.
Tatsächliche Leistung ergibt sich neben einem sicher in gewissem Maße notwendigen Talent ganz wesentlich aus Erfahrung durch Spielpraxis. Wenn man diese bei Oldenburg und Berlin gegenüber stellt, ergibt sich ein ziemlich krasses Bild (mind. 5 Spiele in dieser Saison):
Oldenburg:
Spieler | Spiele (S5) | Minuten |
Marko Bacak (23) | 19 (0) | 105 |
Haris Hujic (22) | 22 (3) | 133 |
Marcel Keßen (22) | 30 (0) | 153 |
Summe: | 71 (3) | 391 |
ALBA Berlin:
Spieler | Spiele (S5) | Minuten |
Jonas Mattisseck (19) | 21 (3) | 277 |
Kenneth Ogbe* (24) | 50 (10) | 520 |
Franz Wagner (17) | 56 (11) | 631 |
Tim Schneider (21) | 64 (4) | 762 |
Summe: | 191 (28) | 2190 |
* – eigentlich zählt Kenneth Ogbe mit 24 Jahren nicht mehr klassisch als Talent, jedoch ist es seine erste Profi-Saison und er spielt immer noch teilweise wie ein Rookie. Wenn man es unabhängig von der Nationalität sieht, gehört natürlich noch Stefan Peno (21) mit 34 Spielen bis zu seiner Verletzung (17xS5) und 476 Minuten Spielzeit in diese Auflistung.
Der Unterschied ist deutlich und zeigt einen riesigen Erfahrungsvorspung der Alba-Youngster gegenüber ihren Pendants in Oldenburg. Man könnte sagen, die sind es, die am Ende den kleinen aber feinen Unterschied ausmachen. Aufgrund dieser jungen Spieler kann Alba der Oldenburger Rotation mit 7, 8 Spielern teilweise eine echte 11er-Rotation gegenüberstellen! Die ausländischen Profis der Niedersachsen um MVP Will Cummings, Mahalbasic und Paulding stehen Siva, Sikma, Giedraitis und Co kaum etwas nach, haben vielleicht sogar die Nase vorn. Bei den deutschen Routiniers haben Giffey und Saibou ihrerseits nur einen kleinen Vorsprung Schwethelm und Tadda. Den großen Unterschied machen die jungen Spieler wie Schneider oder Wagner aus, denen Oldenburg de facto niemanden entgegenstellt – weil sie in der Saison nicht integriert wurden und es jetzt nicht von Null auf sofort integriert werden können.
Die Integration des Nachwuchses ist auch eine Entscheidung mit Weitsicht. Deren Leistung wird auch – so es mit der Euroleague-Teilnahme tatsächlich so kommt – über den Erfolg der kommenden Saison mitentscheiden. Dann werden Mattisseck, Wagner & Co in der BBL schon als echte Leistungsträger Verantwortung übernehmen müssen. Dafür sind die aktuellen Playoffs eine perfekte Vorbereitung.