Obwohl Niels Giffey gerade Mal in seine zweite Spielzeit als Profi geht, wirkt er abgeklärt wie ein Veteran. Der Flügelspieler ist auch kein klassischer „Rookie“, schließlich hat er bereits auch vier Jahre auf höchstem NCAA-Niveau hinter sich. Auch sein erstes Jahr in Berlin verlief lehrreich, Giffey durfte in Euroleague, BBL und Pokal Verantwortung übernehmen. Mit uns sprach er über den Sommer in der Nationalmannschaft und über seine Rolle für die kommende Spielzeit.

Niels, die EM hatte gerade ihren krönenden Abschluss, Spanien hat sich den Titel geholt. Wie sehr steck dir das Turnier noch in den Knochen und vielleicht auch im Kopf?
Ich habe relativ schnell damit abgeschlossen. Dadurch, dass wir in Berlin waren, konnte ich halt direkt nach Hause gehen. Ich hatte einen schnellen turnaround, dadurch dass wir schnell wieder bei Alba im Training eingestiegen sind, dazwischen habe ich vier Tage frei gehabt. Es ist natürlich ärgerlich, so wie es gelaufen ist. Vor allem weil es so eng war. Aber da kann man jetzt nicht lange dran hängen und es mit in die Saison ziehen.
Die Enttäuschung ist natürlich spürbar. Auf der anderen Seite gibt es bei den deutschen Fans auch einen gewissen Optimismus für die Zukunft, weil die Nationalmannschaft wieder einen Kern an jungen und talentierten Spielern hat. Dazu gehörst ja auch du. War dieser Optimismus vielleicht auch schon im Team zu spüren? Oder war die Enttäuschung erst einmal so groß, dass man das überhaupt nicht wahrgenommen hat?
Ich glaube, darauf haben wir uns noch gar nicht so konzentriert. Man merkt aber, das eine neue Generation nachrückt und Spieler die unter 30 Jahre alt sind wie z.B. Tibor (Pleiss), noch weiter wachsen und weiter Erfahrung sammeln. Der Kern wird einen weiteren Schritt machen.
Eine Frage, die wir auch schon Akeem Vargas gestellt haben: Wie hast du die Diskussion um Absagen bei der Nationalmannschaft wahrgenommen? Hat dich das groß gestört?
Nö. Zunächst einmal, sehe ich es nicht als absolute Pflicht an, dort anzutreten. Ich sehe es als Ehre nominiert zu werden. Aber jeder hat andere Prioritäten und jeder ist manchmal gezwungen, andere Prioritäten vorzuziehen. Es ist glaub ich gut, wenn sich ein Mannschaftskern in den nächsten Jahren bildet. Mit Spielern die auch wirklich Bock haben, im Sommer zwei Monate miteinander zu verbringen, ein gemeinsames Ziel haben. Es soll also nichts Erzwungenes sein. Es soll eine Geschichte sein, auf die sich jeder freut und an der jeder arbeitet. Wenn man eine Verletzung hat, dann ziehe ich das der Nationalmannschaft in jedem Fall vor. Es ist deine Karriere und du musst zusehen, wie du deine Familie ernährst. Ich verstehe Dirk (Nowitzki), wenn er da ein kritisches Wort geäußert hat, weil er ja über Jahre hinweg seine Sommer geopfert hat. Aber ich glaub jeder Einzelne muss diese Entscheidung für sich treffen.
Du hast letztes Jahr deine erste Profi-Saison absolviert. Welches Fazit ziehst du? Gab es vielleicht auch etwas, dass dich überrascht hat?
Es war ein interessantes Jahr. Man lernt viel, man muss sich auf einen ganz anderen Stress einstellen. Für mich war es die doppelte Anzahl an Spiele. Das hört sich im ersten Moment nicht so spektakulär an aber physisch macht das schon einen großen Unterschied aus. Da muss man sich schon drauf einstellen. Auch das „Profi-“ bzw. Erwachsenen-Leben ist anders, man muss lernen vieles selber zu organisieren.

Letztes Jahr warst du einer der wenigen Neuzugänge, diese Saison giltst du schon fast als alter Hase. Ändert sich dadurch etwas an deiner Rolle im Team? Hilft man dann eher den neuen Spielern?
Man hilft natürlich den Neuankömmlingen. Durch die Erfahrungen aus dem letzten Jahr, weiß man, was man den Leuten mitgeben kann. Das wird ja auch von den Leuten erwartet, die schon letztes Jahr hier waren, weil sie eben die Strukturen schon kennen…
Plötzlich geht der Blick zum Coach, für die Spieler ist Mittagessen angesagt. Niels Giffey verabschiedet sich für einen Augenblick. Nach einer halben Stunde ist der Flügelspieler wieder vollgepackt da: Für den Nachmittagssnack hat er sich mit Müsli und Obst vollgeladen
Wir wollen dich nicht lange von der Mittagspause abhalten. Im letzten Sommer gab es die Diskussion ob du nicht als Power Forward auflaufen könntest. Im Endeffekt hat sich das erledigt. Ist der Plan nun völlig ad acta gelegt oder bleibt es eventuell eine Idee für die Zukunft?
Ich kann mir das schon vorstellen, wenn ich z.B. in eine Rolle wie die von Alex (King) schlüpfen würde. Alex ist in unserem Teamgefüge schon prädestiniert dafür ein paar Minuten auf der 4 oder auf der 3 zu spielen. Es erfordert natürlich auch viel mehr Physis. Ich denke, offensiv hätte ich viele Vorteile aber Defense gehört nun mal auch dazu. Man muss mal schauen, irgendwann kann das sicherlich eine Option werden. Wohl eher aber für spezielle Situationen. Man muss dann auch gucken wer auf der Gegenseite spielt. Ludwigsburg z.B. mit Brockman und Boone ist ein Sonderfall, die spielen dann mit solchen „Krachern“ auf der Vier.
