Im Gespräch mit Himar Ojeda (pt 3) … über Zukünftiges

men at work: Ojeda und Baldi in der MBA
men at work: Ojeda und Baldi in der MBA

Im ersten Teil unserer Interview-Reihe mit Alba Berlins Sportdirektor Himar Ojeda haben wir ihn noch etwas näher vorgestellt, es ging um Persönliches. Im zweiten Teil haben wir uns dann mit der Aufarbeitung der abgelaufenen Saison – Vergangenes – beschäftigt. In einer logischen chronologischen Abfolge soll nun im dritten Teil um Zukünftiges gehen, also die bevorstehende lange Offseason mit wichtigen Entscheidungen und um eine kommende Saison, in der der Trendpfeil wieder nach oben zeigen soll.

Als wir uns letztes Jahr unterhalten haben, haben wir über aktuelle Basketball-Philosophien gesprochen und dass Alba eine eigene Identität entwickeln muss. Wie sieht diese aus und wie verläuft die Entwicklung?

Alba hat eine Geschichte und eine Identität, die mit dem Slogan „Mit Leib und Seele“  erklärt wird. Es geht dabei nicht nur darum, aggressiv zu spielen und sich jedem Ball hinterher zu schmeißen. „Mit Leib und Seele“ bedeutet viel mehr: Wir müssen die Dinge mit Leidenschaft angehen, nicht nur auf dem Spielfeld. Das fängt bei Marco [Baldi] an und geht bei allen Angestellten weiter. Wir müssen uns alle voll engagieren, egal ob es der Trainer, der Physiotherapeut oder jemand ist, der in der Geschäftsstelle arbeitet. Wir haben im letzten Jahr alle daran gearbeitet. Alba ist sehr gewachsen, besonders im Jugendprogramm, wenn man die letzten zehn Jahre betrachtet. Wir achten jetzt darauf, dass wirklich jeder diese Identität auch verkörpert. In diesem abgelaufenen Jahr haben wir die Basis dafür gelegt, was wir machen wollen. Das bedeutet nicht nur, Spieler zu entwickeln, sondern auch Trainer oder Manager. Wir wollen den Basketball in Deutschland weiterentwickeln. Darin investieren wir. Das Geld soll eben nicht nur in den Kader fließen. Hier im Trainingszentrum haben wir z.B. kürzlich ein Videosystem installieren lassen, mit dem wir das Training aufzeichnen und analysieren können. Damit können wir Spieler und Trainer entwickeln. Das ist ein Investment. Genau wie die Kooperation mit Bernau. Wir schicken Spieler und Trainer hin, auch für den Jugendbereich. Damit wir unsere Philosophie verfolgen können: wettbewerbsfähig sein, aber gleichzeitig den Basketball weiterbringen. Das ist unsere Idee.

Die grundsätzliche Idee ist es, Spieler zu entwickeln. Der Abgang von Ismet Akpinar ist in dieser Hinsicht ein ziemlich harter Rückschlag. Er hätte hier in Berlin ein Schlüsselspieler werden können, jetzt ist er weg. Wenn man die Hierarchie in der BBL, besonders finanziell, betrachtet: Ist die Idee, Spieler zu entwickeln wirklich sinnvoll, wenn die reicheren Vereine sich einfach die Spieler holen, in die man vorher viel investiert hat?

Das passiert schon. Bamberg und Bayern steht wesentlich mehr Geld zur Verfügung. Ulm hat auch ein sehr seriöses Programm und sie investieren mehr in ihr Team, vom Budget her sind sie nicht weit von uns entfernt. Wir haben Ismet vor vier Jahren geholt, für jede einzelne Saison hatten wir seit dem klar definierte Ziele für ihn. Immer einen Schritt nach dem anderen. Alles was wir ihm damals prognostiziert haben, ist eingetroffen. In vier Jahren haben wir ihn zum besten U22-Spieler der Liga gemacht. Wir hatten jetzt auch für die Zukunft weitere Ziele mit ihm, wollten ihm mehr Verantwortung übertragen und noch mehr Spielzeit geben. Das Ganze in unserem anspruchsvollen Programm, wir haben klar kommuniziert, dass es nichts geschenkt gibt. Wir müssen immer noch Spiele gewinnen, in die Playoffs kommen. In anderen Vereinen ist das vielleicht nicht so wichtig, bei Alba ist das aber nicht so. Bei Alba musst du hart arbeiten, um deine Ziele zu erreichen. Ismet hat das in den letzten vier Jahren gemacht und hat dementsprechend seine Ziele auch erreicht. Er hat nun aber beschlossen, dass er bereit ist für etwas Anderes. In diesem Fall war das Ulm.

Kann man also sagen, dass das in diesem Fall keine Frage des Geldes war?

Ich denke nicht, das Geld hat er nicht erwähnt. Ich glaube nicht einmal, dass Ismet sich große Gedanken um Geld macht, so schätze ich ihn nicht ein. Es ging mehr um Verantwortung und er sieht in Ulm den leichteren Weg um seine Ziele zu erreichen.

Als Ersatz wurde Joshiko Saibou verpflichtet. Er ist mit 27 Jahren vielleicht kein Spieler der perfekt zu der Grundidee „junger Spieler, der bei uns den nächsten Schritt macht“ passt. Welche Vorteile bringt er mit?

Diese Idee, Spieler zu entwickeln, lässt sich nicht an einem Tag realisieren. Wir werden in ein paar Jahren hier sitzen und sehen, was wir erreicht haben. Ich bin mir sicher, dass in Zukunft die Menschen sehen werden, dass wir es mit der Entwicklung von Spielern ernst meinen. Das dauert aber. Wir wollen trotzdem Spieler hier halten, Identifikation schaffen. Joshiko gibt uns mehr Reife, er hat mehr Erfahrung, versteht das Spiel. Wir glauben er ist bereit für eine anspruchsvollere Situation, er spielt nun zum ersten Mal um höhere Ziele. Er wird sich auf diesem Level beweisen müssen. Er hat eine gute Saison gespielt, kennt das Alba-Programm aus der Vergangenheit und wird uns auf den Guard-Positionen weiterhelfen. Und er kann gut werfen.

Eine letzte Frage zum Jugend-Programm. Du hast jetzt oft erwähnt, wie wichtig das für Alba ist, es ist einer DER zentralen Punkte. Nun wird das Nachwuchs-Programm zukünftig gestrafft werden. Was genau ist geplant? Gerüchten zufolge soll das Budget massiv gekürzt werden, wichtige Personen wie Patrick Femerling und Konstantin Lwowsky verlassen den Verein. Wie passt das zusammen?

Wir werden das Programm nicht kürzen oder einstampfen. Wir müssen natürlich kontrollieren, wie wir investieren. Wir überprüfen nun jedes einzelne Projekt, das wir führen. Wir möchten das Jugendprogramm profitabler machen. Damit meine ich nicht Geld, sondern unsere Ressourcen: die Spieler, das Talent, das Ergebnis. Wir hatten einen Plan für Konsti [Konstantin Lwowsky], haben ihm ein Projekt angeboten. Dann kam für ihn das Angebot aus Chemnitz. Wir haben sehr offen darüber gesprochen. Als er seinen Entschluss gefasst hatte, kam er zu mir und sagte in etwa: ‚Du bist ein Stück weit ein Vorbild für mich. Du hast mir von deinem Werdegang erzählt, als du den Sprung vom Co-Trainer zum Manager gemacht hast. Das war eine Inspiration für mich‘. Mit Chemnitz hat sich ihm die Möglichkeit geboten, einen ähnlichen Posten wie meinen auszuführen. Ich habe ihn ermuntert das anzunehmen, weil ich den gleichen Prozess durchlebt habe. Das möchten wir eben auch erreichen: Trainer entwickeln, damit sie überall arbeiten können. Sie sollen nicht nur hier für 20 Jahre bleiben müssen. Wir stampfen also nichts ein, wir verlieren nun einige Trainer, dafür werden andere nachrücken. Mit Josef Dubilic holen wir nun einen tollen Trainer, der sehr gut Spieler entwickelt. Wir verbinden nun mehr das Jugend-Programm mit dem der Profis, z.B. das Bernau-Team mit unserer Jugend, es soll mehr Meetings geben, Trainer sollen fortgebildet werden. Wir wollen auch, dass unsere Trainer in Zukunft bei den Heimspielen alle in einem Bereich zusammensitzen um sich über Basketball auszutauschen. Wir investieren also weiter.

Ein weiterer wichtiger Punkt war die Zukunft von Niels Giffey. Es gab viele Gerüchte um ihn. Nun hat er sich für zwei weitere Jahre in Berlin entschieden …

Wir haben mit Niels seit ca. der Mitte der Saison gesprochen. Er hatte uns damals mitgeteilt, dass er sich während Spielzeit voll auf Basketball fokussieren möchte und erst später über seine Zukunft entscheiden wolle. Genau so muss es auch sein. Wir waren natürlich im ständigen Kontakt, er hatte ziemlich klare Vorstellungen und wir haben ihm erklärt, was wir machen möchten und was wir mit ihm planen. Er hat das auch verstanden und ich glaube, dass er zu schätzen weiß, was wir hier machen. Auch wenn viele Vereine an ihm interessiert waren, war ich immer optimistisch, dass wir ihn halten können.

Mit Aito Garcia Reneses hat Alba einen neuen Trainer verpflichtet. Thomas Päch hatte zuvor unter schwierigen Bedingungen einen ziemlich guten Job gemacht. Ihr wart – noch – nicht davon überzeugt, dass er schon das Zeug zum Cheftrainer hat, zumindest noch nicht. Welche Rolle wird er in der Zukunft einnehmen? Wird er mehr Verantwortung erhalten, vielleicht mehr sein als der dritte Assistent? Hat er mittelfristig das Potenzial, Alba Berlins Cheftrainer zu sein?

In der abgelaufenen Saison war er nicht wirklich der dritte Trainer, sondern hatte schon die gleiche Verantwortung wie Fatih Gezer, auch wenn Sie verschiedene Aufgaben hatten. Deswegen war er auch bereit, eine größere Rolle anzunehmen. Er hat bewiesen, dass er gut arbeitet und ich bin davon überzeugt, dass er Cheftrainer sein kann. Ich glaube aber auch, dass er noch nicht auf seinem besten Level ist. Aito Garcia wird unseren Co-Trainern helfen, sich weiter zu entwickeln, davon wird auch Thomas profitieren. Das wird natürlich nicht Aitos Hauptaufgabe sein, spielt aber auch eine Rolle.

Man kann als Beispiel einen Läufer nehmen. Kann der Läufer rennen? Ja! Kann er das Rennen gewinnen? Noch nicht! Thomas hat bewiesen, dass er rennen kann. Wir wollen aber, dass er auf höchstem Niveau arbeiten kann und daran arbeiten wir. Wir werden zwei Co-Trainer haben, die gleichberechtigt sind, aber unterschiedliche Aufgaben haben werden, Offense – Defense, back court – front court usw. Einer davon wird Thomas Päch sein. Es ist gut, jemanden wie ihn an Bord zu haben, der „mit Leib und Seele“ verkörpert und eine gute Verbindung zu unserem Jugendbereich hat.

Welche Bedeutung hat die Teilnahme am europäischen Wettbewerb und die Möglichkeit sich auf dieser Bühne präsentieren zu können, auf die Entscheidung der Spieler, sich für einen Verein zu entscheiden?

Im Bezug auf Alba Berlin eine geringe, denn wir haben in jedem Jahr in einem europäischen Wettbewerb gespielt und wer Alba Berlin kennt, weiß, dass wir auf dem bestmöglichen europäischen Niveau spielen. Damit können die Spieler rechnen. Wir erhalten in jedem Jahr einige Angebote verschiedener europäischer Wettbewerbe und entscheiden uns für den für uns anspruchsvollsten [in der kommenden Saison Eurocup], nicht für den, mit den besten Chancen, ihn zu gewinnen. Wir suchen immer die größte Herausforderung gegen attraktive Gegner.

 

Du wirst uns keine Namen verraten, aber welche Art von Spieler sucht ihr?

Aktuell fokussieren wir uns auf die Namen die wir haben. Der Sommer ist noch sehr lang. Wir müssen geduldig sein, dann finden wir auch Spieler, die aktuell vielleicht noch hoch pokern. Was ich sagen kann, ist, dass wir einen Kern aus deutschen Spielern haben möchten, vier oder fünf Leute, die über mehrere Jahre zusammenspielen. Dazu sollen dann ausländische Spieler kommen, die zu diesem Kern passen und ihn ergänzen. Das ist das Ziel das wir verfolgen.

Spielt die Verpflichtung eines erfahrenen Spielers, mit außergewöhnlicher Qualität, also ein Star, der den Unterschied ausmachen kann, eine Rolle bei euren Planungen?

Das hängt vom Geld ab. Zunächst müssen wir den Kern deutscher Spieler sichern, danach müssen wir schauen ob wir drei oder vier gute Spieler holen, also mehr in der Breite verteilen, oder vielleicht einen herausragenden und dafür bei den anderen Abstriche machen. Aber das hängt alles von den Möglichkeiten ab, die sich ergeben werden.

Im vierten und letzten Teil unserer Interview-Reihe mit Himar Ojeda (schon vorab veröffentlicht) haben wir uns eingehend mit DER Schlüssel-Verpflichtung auf der Position des Cheftrainers mit Aíto Garcia Reneses befasst.  

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