„Ich möchte als Spieler weiter wachsen“- Jamel McLean im Interview

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Mit Jamel McLean wechselte – mal wieder – ein ex-Bonner an die Spree. Der US-amerikanische Power Forward spielte zuvor bereits in Belgien (Leuven, Ostende) und kurz in Italien (Scafati). Mit der Verpflichtung des 26-Jährigen ging Alba wieder einen Kurswechsel unter den Brettern ein. Denn mit Sven Schultze, Jan Jagla und Levon Kendall verließen diejenigen Power Forwards die Mannschaft, die bekanntlich eher aus der Halbdistanz und von der Dreierlinie agierten. Der US-Amerikaner mag es dagegen eher am Brett zu spielen. McLean nahm sich viel Zeit für uns und beantwortete nicht nur sportliche, sondern auch persönliche Fragen ausführlich.

Jamel, vor einer Woche hattest du getweetet, du würdest das Training der Saisonvorbereitung „für nichts austauschen“. Hat sich deine Meinung mittlerweile geändert?

Der Satz stimmt. Preseason ist überall gleich, egal wo auf der Welt man sich befindet. Es ist immer Training, essen, kurz ausruhen, Training usw. Aber das was ich tue, die Welt sehen und Basketball spielen, würde ich gegen keinen anderen Job tauschen wollen. Ein professioneller Sportler zu sein, egal in welcher Sportart, ist ein toller Job, der Spaß macht. Selbst hier in Polen (Anm. das Hotel der Mannschaft bot wohl recht eintöniges Essen) würde ich es für nichts eintauschen wollen.

Also selbst wenn es anstrengend und nervig ist, betrachtest du immer die Gesamtsituation?

Wie gesagt, ich liebe meine Arbeit. Es ist nicht wie ein normaler Bürojob, bei dem man immer die vier selben Bürowände sieht. Jetzt sind wir in Polen, nächste Woche in Kroatien. Die Routine ist zwar immer die gleiche aber die Erfahrungen die man macht sind immer neu, eigentlich kann man das nicht in Worte fassen. Am schönsten ist es dann im Sommer deinen Leuten zu erzählen, wo du überall gewesen bist. Oft sind dann Orte dabei, die sie nicht einmal kennen.

Ich denke es gibt viele Basketballer, auch aus den USA, die einfach ihren Job machen und sich für die Orte weniger interessieren. Bist du da eher anders? Offener?

Kann sein, dass ich etwas anders bin. Ich sehe die Möglichkeit zu reisen und neue Kulturen kennenzulernen. Ein Beispiel: Im letzten Sommer habe ich meiner Großmutter zum ersten Mal Apfelschorle probieren lassen. Sie kannte das nicht. Ich habe einfach Apfelsaft mit Sprudelwasser gemixt und sie liebt es! Jetzt trinkt sie es immer. Es sind immer so kleine Dinge, die man so mitnimmt.

Da du gerade den letzten Sommer ansprichst. Sasa Obradovic hat vor ein paar Wochen erwähnt, dass du sehr fit nach Berlin gekommen bist. Ich habe zwar keine Ahnung, woher er das weiß, aber er kannte deinen Fitnesszustand vor deiner letzten Bonner Saison und meinte, das sei ein Riesenunterschied gewesen. Was ist passiert?

Diesen Sommer habe ich mehr auf meine Ernährung geachtet. Das ist vor allem wichtig, wenn du nicht so aktiv bist wie während der Saison. Im Sommer davor habe ich einfach nur gegessen und gegessen. Ich habe zwar auch trainiert aber eben alles Mögliche gegessen. Und dann hatte ich das Extra-Gewicht etwas länger drauf als ich es erwartet hätte. Diesen Sommer habe ich mehr darauf geachtet und mehr auf Junkfood verzichtet. Ich wusste hier (in Berlin), ist das Level und die Intensität sehr hoch. Ich musste im bestmöglichen Zustand kommen um sofort Leistung bringen zu können und der Mannschaft zu helfen.

Du wusstest, was für eine Mannschaft Alba hat; ihr habt ja letztes Jahr sehr oft mit Bonn gegeneinander gespielt (2 x Liga, 2 x Eurocup, 1 x Pokal). Wieso hast du dich für Berlin entschieden und inwiefern hatte die letzte Saison Einfluss auf deine Entscheidung?

Ich wusste, was für einen Trainer Alba hat. Wir haben im Sommer sehr viel miteinander geredet, z.B. über seine Erwartungen an mich. Ich kenne den Spielstil, den er spielen lässt und dachte, das ist etwas für mich. Wenn ich meine Karriere in Schritten betrachte, ist Alba die beste Möglichkeit um den nächsten Schritt zu machen und ein besserer Spieler zu werden. Außerdem spricht Berlin als Stadt schon für sich. Und ich mag die o2-World, bei so einer großen Arena fühlt es sich an, als würde man im College spielen. Aus der letzten Saison mochte ich auch die physische Spielweise und die Toughness. Jetzt in der Vorbereitung merke ich, warum die Mannschaft letztes Jahr so spielen konnte.

Du hast einige Gespräche mit Sasa geführt, aber er ist sehr speziell, wenn er an der Seitenlinie steht. Wie läuft die Zusammenarbeit bisher?

Wir kommen zurecht. Ich sage immer: Du darfst dich nicht darauf fokussieren „wie“ er die Sachen sagt, sondern „was“ er sagt. Alles, was er sagt, stimmt und dient nur dazu, dich zu verbessern. Er sagt nichts einfach nur so ohne Grund. Die Kommunikation zwischen uns ist großartig.

Es gab in der Vergangenheit Beispiele, nicht in der letzten Saison, sondern eher vor 2 Jahren, als Spieler nicht mit ihm zurecht gekommen sind. Er setzt aber anscheinend verstärkt auf Spieler, die sich wirklich verbessern wollen…

Ich kann verstehen, dass es tough sein kann. Aber ich wusste, was mich erwartet. Das haben wir auch am Telefon besprochen. Als Spieler musst du wissen, was auf dich zukommt. Er hat ja auch nicht gesagt „Ich bin ein sehr netter Typ und werde es dir einfach machen“. Er hat mir gesagt, wie er coacht. Ich möchte das annehmen und ein besserer Spieler werden.

Du bist einer von vier Neuen. Ihr seid in eine Gruppe von Spielern gekommen, die sich aus dem letzten Jahr kennen und gut miteinander auskommen. Wie ist die Teamchemie? Gibt es vielleicht Spieler, mit denen du mehr zu tun hast?

Wie du schon sagst, das ist eine gute Gruppe. Keiner hat ein großes Ego. Es war einfach für mich, mit jedem zurechtzukommen. Außerdem haben wir letztes Jahr schon so oft gegeneinander gespielt, daher kennt man sich schon etwas und hat eine gemeinsame Bindung. Für mich war es leicht, sich hier einzufügen und die Jungs haben mir geholfen.

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Reggie Redding hat letztes Jahr einen unglaublichen „Gamewinner“ gegen Bonn getroffen. Musstest du dir eigentlich etwas anhören?

(lacht) Nein, Reggie hat sich nicht über uns Lustig gemacht. Ich meinte zu ihm neulich: ‚Ich kann nicht glauben, dass du den getroffen hast‘. Er sagte, er hat einfach nur geworfen. Das Spiel war herzzerreißend. Aber das passiert, so ist nun mal Basketball. Eine Sekunde kann über Sieg oder Niederlage entscheiden. Das war ja nur eine Schlacht von vielen letztes Jahr (lacht wieder).

Letztes Jahr hat Alba mit zwei Power Forwards gespielt, die gerne von draußen geworfen haben. Du bist eher ein Spieler der in Brettnähe agiert, hast aber im letzten Jahr auch den einen oder anderen Dreier genommen. Ist das immer noch eine Option in deinem Spiel oder eher die allerletzte Möglichkeit?

Das ist eine der Sachen, an denen ich in diesem Sommer gearbeitet habe, mit mehr Selbstvertrauen zu werfen. Ich mag es eher in der Nähe des Korbes zu spielen und den Kontakt mit den Bigmen aufzunehmen. Aber für mich ist der nächste Schritt, beides machen zu können. In unserem Spielsystem passt das perfekt, weil ich auch den Ball am Perimeter kriege. Jetzt sind wir noch am Anfang, aber ich will das Vertrauen aufbauen und dem Coach zeigen, dass ich auch weiter weg vom Korb agieren kann. Das braucht aber Zeit und noch mehr Vorbereitung. Dann will ich aber Werfen, wenn ich offen bin, Entscheidungen am Perimeter treffen und auch den physischen Vorteil gegen kleinere Gegenspieler nutzen.

Es gab einige kritische Stimmen, die sagten, dass es ein Problem ist, wenn du mit Jonas (Wohlfarth-Bottermann) oder Leon (Radosevic) auf dem Feld stehst weil ihr alle eher in Brettnähe agiert und euch gegenseitig den Platz wegnehmen könntet. Von den Spielen gestern und heute (gegen Nymburk und Szolnoki) gab es aber einige gute Ansätze. Wie läuft das Zusammenspiel und die Chemie zwischen euch?

Es war zu erwarten, dass wir uns derzeit noch ab und zu gegenseitig im Weg stehen. Langfristig sehe ich aber gute Möglichkeiten für uns. Ich habe ja bereits mit Jonas in Bonn gespielt, kenne daher seine Vorlieben auf dem Feld. Und Leon ist ein ziemlich guter Werfer. Das ermöglicht mir, flexibel zu sein: ich muss nicht immer in Brettnähe agieren, ich kann auch an der Freiwurflinie stehen und von dort aus z.B. passen. Es ist aber noch sehr früh, wir lernen noch die Spielsysteme und die Antizipation: Wo steht Jonas? Wo steht Leon gleich? Das wird mit der Zeit, das sind viele Kleinigkeiten. Bei meinem ersten Jahr in Bonn, war ja Deon Thompson hier und es wurde in der Offensive ähnlich gespielt. Er war ja auch kein Dreier-Werfer und hat mehr von der Freiwurflinie agiert. Auch Kendall konnte zwar Dreier werfen, tendierte aber mehr zur Nahdistanz. Das Spielsystem, dass der Coach im Kopf hat, wird für uns klappen.

Du hast gerade Thompson erwähnt. Sasa meinte vor kurzem, er sieht in dir mindestens genauso viel Potenzial, wenn nicht sogar mehr. Gibt es vielleicht einen Spieler, mit dem du verglichen werden möchtest?

Eigentlich mag ich es nicht, mit anderen verglichen zu werden. Ich habe meinen eigenen Stil und möchte, dass die Leute sagen: ‚Er macht sein Ding wie kein anderer. Man kann einem nicht beibringen, was McLean macht‘. Das ist die Eigenschaft die ich gerne haben möchte.

Du möchtest also deinen eigenen Stempel aufdrücken…

Genau das! Ich möchte nicht verglichen werden und so etwas hören wie ‚Er spielt wie der und der‘. Es soll heißen ‚So wie er spielt, spielt kein anderer‘.

Hast du vielleicht Idole? Im Sport oder in der Familie?

Ich mag Carmelo Anthony sehr. Ich finde, er kriegt nicht den Respekt, den er verdient. Er hat diese einschüchternde Mentalität. Ich denke, er hat mehr Fähigkeiten mit dem Ball als Lebron James. Lebron kann gut ziehen, aber Carmelo kann so viele verschiedene Dinge: Postmoves, Perimeter, Werfen. Er macht aber halt seine Mitspieler nicht besser. Ich bin auch ein Fan von Kobe Bryant, ich mag seine Entschlossenheit, aber seine Karriere geht so langsam dem Ende entgegen. Im Alltag ist meine Familie wichtig. Sie unterstützen mich. Ich bin das einzige Kind aus der Familie, dass weit entfernt von der Heimat ist. Es motiviert mich, ihnen einen Grund zu geben, stolz zu sein. Die Familie ist definitiv das Wichtigste für mich. Sie kommen ab und zu nach Deutschland und unterstützen mich, ihr werdet sie sicherlich mal bei den Spielen sehen.

Was sind denn deine Ziele für die Zukunft? Persönlich und mit der Mannschaft?

Teamziele gehen natürlich immer vor. Wenn deine Mannschaft verliert, nützen einem auch tolle Statistiken nichts. Ich möchte um die Meisterschaft spielen und auf dem höchsten Niveau bestehen. Das Team hat letztes Jahr den Pokal geholt, ich hoffe wir kriegen die Chance, das zu wiederholen und wieder in das Finale der Meisterschaft zu kommen. Das ist natürlich viel Druck, aber dafür spielen wir ja alle. Für die Zukunft möchte ich dieses hohe Level beibehalten. Das Schwierige ist nicht, das Level zu erreichen, sondern es zu halten. Ich möchte als Spieler weiter wachsen.

Hattest du Zeit die Basketball-Weltmeisterschaft zu gucken? „Team USA“ war sicherlich nicht das beste „Team USA“ aller Zeiten, aber dennoch sind sie den anderen Teams weit überlegen. Überrascht dich das?

Ich war etwas überrascht, weil, wie du gesagt hast, keiner der großen Namen aus der NBA im Team war. Dann habe ich aber realisiert, dass diese jungen Spieler immer noch zu den besten der Welt gehören. Sie haben einen tollen Trainer. Sie spielen sehr schnell, so schnell, dass kein Team mithalten kann. Die europäischen Teams können das vielleicht eine Halbzeit mitmachen, aber am Ende hat Team USA immer noch 20 bis 30 Punkte Vorsprung.

Es sieht aus wie Jungs gegen Männer…

Das tut es. Curry, Thompson, Rose usw. sind alle selbst noch sehr jung, aber sehr talentiert und sie spielen so extrem schnell. Das kann man nur schwer stoppen. Wenn man sich die anderen Teams anguckt, mit ihren 30-Jahre alten Veteranen, denkt man sich: die können nie im Leben mithalten.

Vielen Dank für das Gespräch, Jamel!

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