
Am 30. Spieltag der Basketball-Bundesliga, Samstag, 16. April 18:30 Uhr, empfängt das Team von Alba Berlin den Tabellenletzten zum drittletzten Heimspiel der BBL-Hauprunde – und zu einem Spiel, das wieder einmal eine veränderte Teamaufstellung bringen wird. Nicht freiwillig.
Coach Sasa Obradovic gilt nicht gerade als der Spaßmacher unter den Basketballtrainern, lächeln sieht man ihn selten, laut lachen fast nie. Die aktuelle Situation rund um Alba Berlin macht es nicht besser. Statt an Kontinuität und Konstanz zu arbeiten wird man aufgrund des Fehlens von gleich vier Spielern auch gegen die Crailsheim Merlins improvisieren müssen. Der Coach entwickelt eine Art Galgenhumor.
Ausgangslage / Trend
Man muss nicht schön reden, was nicht schön ist. Crailsheim hat 14 Spiele hintereinander verloren und findet sich folgerichtig auf dem letzten Tabellenplatz wieder. Mit einer Spur Sarkasmus könnte man sagen, die Hohenloher Franken müssen nicht nach unten gucken, das hält ihnen den Rücken frei, wobei Abstiegskampf natürlich alles andere als spaßig ist. Der Blick nach oben ist bei zwei Siegen Rückstand auf das rettende Ufer bei – nur – noch fünf ausstehenden Spielen auch nicht gerade hoffnungsfroh. Besonders dann nicht, wenn man bedenkt, dass man noch drei Mal auswärts ran muss, in der Fremde aber diese Saison noch kein einziges Spiel gewinnen konnte. Hoffnung macht, dass man rechnerisch noch die Klasse halten kann und vor allem, dass die aktuelle Formkurve nach oben geht. Davor hat auch Alba-Coach Obradovic Respekt und sieht, dass sich durch den Trainerwechsel eine Menge zum Positiven entwickelt hat „Sie spielen seitdem besser! Das wird nicht leicht, auch dadurch, dass Fragezeichen bestehen, mit welchem Team wir antreten werden können, aber auch mit komplettem Kader wäre es nicht einfach. Crailsheim ist ein Team, das bis zum Ende kämpft wie z.B. vor kurzem in Ulm. Die letzten Niederlagen waren zum Teil auch unglücklich. Das Spiel gegen Ludwigsburg hätten sie auch gewinnen können. Seit sie einen neuen Coach haben geht es deutlich aufwärts bei Crailsheim, sie gehören nicht zu den Teams, bei denen man vorab automatisch mit einem Sieg rechnet. Sie haben ein komplettes Team und die Anpassungen beim Kader, die sie vorgenommen haben, haben sich positiv ausgewirkt.“ Eine Mischung aus Understatement und Anerkennung.
Wenn es auf Alba Berlin zu sprechen kommt, lächelt Obradovic leicht gequält. Er muss seine Unzufriedenheit nicht in Worte kleiden, man sieht es ihm an, wie sehr es ihm mißfällt, schon wieder improvisieren zu müssen, statt das Team im Wettkampf zu stabilisieren. Stabilisierung wäre bitter nötig, denn so wie Crailsheim nur noch fünf Spiele bleiben, um die Erstklassigkeit zu sichern, bleiben dem Coach nur noch fünf Spiele, um das Team in eine gute Playoff-Form zu bringen. Crailsheim ist verzweifelt, da für die Merlins fast jedes Spiel ein Endspiel in Sachen Klassenerhalt ist, aber, so Obradovic lachend, „wir sind auch verzweifelt, wir müssen auch jedes Spiel gewinnen. Die Erwartungen in Berlin sind sehr hoch, auch ich habe sehr hohe Erwartungen. Ich respektiere die Situation der Crailsheimer und ich glaube, es wird nicht einfach werden.“ Das Auf und Ab hält bei Alba seit vielen Wochen an, von den letzten 10 Spielen wurde jedes zweite gewonnen, von den letzten 20 ebenso. Es bleibt wenig Zeit, um in eine stabile, positive Phase zu kommen. Positive Ergebnisse sind dabei wichtig, eine positive Formkurve nach oben noch wichtiger.
Who’s hot, who’s not, who’s missing?
Der Mitte März verpflichtete finnische Coach Tuomas Iisalo (33) musste ein Team übernehmen, ohne selbst Anpassungen am Kader vornehmen zu können. Das hatten die vor ihm Verantwortlichen allerdings ausgiebig getan. Sage und schreibe zehn ausländische Profis warfen in dieser Saison mehr oder weniger lange Bälle auf Körbe und gaben sich gegenseitig die Klinke in die Hand. Auch dieses Kommen und Gehen hat sicher Einfluss auf die Situation des Teams gehabt, die fehlende Kontinuität ist mit verantwortlich für den Sturz auf den letzten Platz. Inzwischen hat sich eine kleine Kernrotation gebildet bei der die sechs Ausländer durch den deutschen Routinier Konrad Wysocki (34) und Power Forward Michael Jost (27) unterstützt werden. Gut in Form sind der nachverpflichtete Guard Antonio Graves, der über viel Erfahrung in guten europäischen Ligen verfügt und in Quakenbrück schon BBL-Luft geschnuppert hat, sowie Center Matt Stainbrook als auch Dauerbrenner Wysocki, der dem Spiel viel Energie gibt. Nach unten geht die Kurve klar beim Ex-Bonner und -Ludwigsburger Patrick Flomo (35), bei Ex-Albatros Adam Chubb (34) ist sie recht schwankend. Alba-Coach Obradovic warnt trotzdem vor dem ehemaligen Berliner Publikumsliebling und hat für das Duell am Samstag einige Schlüsselspieler bei den Merlins ausgemacht „[Antonio] Graves ist ihr Schlüsselspieler. Dann haben sie noch [Adam] Chubb, der uns allen natürlich sehr gut bekannt ist. Was man von Chubb in dieser Saison so sieht, ist sicher nicht mit dem Chubb von vor sechs Jahren in Berlin zu vergleichen, aber am Sonnabend in Berlin werden wir einen ganz anderen Chubb erleben. Bei solchen Spielen hat man als Spieler eine ganz besondere Motivation wenn es gegen den ehemaligen Verein geht. Sie haben genug Länge, Erfahrung mit Leuten wie Konrad Wysocki und Athletik mit z.B. Andre Calvin im Team. Alles in allem genug Spieler, die die Rebounds kontrollieren können. Und sie stehen mit dem Rücken zur Wand und haben genügend Motivation, um um den Sieg zu kämpfen. Aber die Motivation haben wir auch.„
Sasa Obradovic wirkt angespannt. Am Mittwoch wusste er noch nicht, ob Spieler gesperrt werden, aber ahnte wohl da schon, dass er auf jeden Fall mit einer neuen Rotation planen muss. „Rob [Robert Lowery] hat noch nicht wieder mit dem Team trainiert und wird es auch heute nicht können. Rob könnte auch wieder eine neue Rotation bedeuten, aber es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass er Sonnabend spielen kann. Es ist schwer, sich auf ein Spiel vorzubereiten, ohne zu wissen, wie die anstehenden Entscheidungen der BBL-Kommission ausgehen und mit welcher Rotation man am Wochenende antreten kann. Man plant mit beiden Optionen. Manchmal denkt man gar nicht so sehr an Rotationen, sondern eher an die prinzipiellen Sachen, die wir als Team im Training machen müssen. Aber ja, ab heute oder morgen müssen wir uns auch Gedanken über die Rotation machen.“ Inzwischen ist die Frage Who’s missing? beantwortet. Die BBL hat Kresimir Loncar wegen „wiederholt grob unsportlichem Verhalten“ und Will Cherry wegen einer „Tätlichkeit in minderschwerem Fall“ für jeweils ein Spiel gesperrt. Damit stellt sich die Frage Who’s hot, who’s not? nicht wirklich, das Team stellt sich völlig von alleine auf. Ohne Wohlfarth-Bottermann und Lowery (verletzt) sowie Loncar und Cherry (gesperrt) muss spielen, wer kann. Die „deutsche Bank“ um Akpinar, Vargas, Giffey und King wird auch mehr Verantwortung übernehmen müssen. Den Frontcourt bilden Kikanovic, Ashley und King sowie vielleicht Youngster Benedikt Turudic, die Minuten im Backcourt teilen sich Taylor, Akpinar, Vargas, Giffey und Milosavljevic. Giffey wird wohl auch mal auf die große Flügelposition ausweichen müssen.

Auch taktisch wird Alba auf diese Situation reagieren müssen, eventuell sogar small ball spielen. „Vielleicht spielen wir mit fünf kleinen Spielern auf dem Feld, mal sehen, wie viel das bringt. Vieles ändert sich, die Art und Weise, ein Spiel vorzubereiten und vielleicht auch die Taktik. Vielleicht müssen wir auch unser Innenspiel verändern. Ich mag es nicht, zu sehr von Dreiern abhängig zu sein, aber wir werden die Mittel nutzen müssen, die wir zur Verfügung haben.“ Ein Problem sieht Obradovic dabei bei der Raumaufteilung, dem sog. spacing „Meine Spieler müssen lernen, wie sie effektiv zusammen spielen, das ist das Thema, nicht Dreier oder nicht Dreier. Es ist eine Frage des „spacings“. Wir haben immer noch große Probleme mit dem spacing, was normal für ein neu zusammen gestelltes Team ist, aber wir haben nahezu jede Woche ein neu zusammen gestelltes Team. Aber unsere Philosophie ist simpel: Wenn wir gut trainieren, werden wir gut spielen.„
Und sonst noch so …?
- Wiedersehen zum Ersten. Ein wenig Anlauf brauchte Adam Chubb, um es in Berlin in der Publikumsgunst von der „Wurst“ zum Fanliebling zu schaffen. Mit inzwischen 34 Jahren könnte es am Samstag vielleicht sein letzter Auftritt an der Spree sein.
- Wiedersehen zum Zweiten. Steven Monse (26) hat das 1×1 des Basketballs in Berlin beim TuS Lichterfelde und bei Alba Berlin erlernt und gehörte zur „goldenen Generation“ um Giffey und Konstantin Klein, die 2009 die NBBL-Meisterschaft gewann. Bei den Alba-Profis schaffte er nicht den Sprung in die Rotation, das ist ihm nun mit den Crailsheim Merlins vergönnt, mit denen er am Samstag an alte Wirkungsstätte zurück kehrt.
- Wiedersehen zum Dritten. Mehr als nur einen Koffer in Berlin dürfte Merlins-Cotrainer Kai Buchmann noch in seiner Heimatstadt haben. Als ehemaliger Coach beim RSV Stahnsdorf hat er seine Spuren im Berliner Basketball hinterlassen.
- Sicher ein wenig theoretischer Natur, aber bei einem Sieg gegen die Crailsheim Merlins qualifiziert sich Alba Berlin für die Playoffs 2016.
- Weit über die Grenzen Hohenlohes hinaus haben sich die überaus charmanten Videoschnipsel der Spieler Jordan & Johnson verbreitet, in denen man selbstironisch die regionalen Eigenheiten aufs Korn nimmt. Ansehen lohnt sich: