Einfach mal Pause drücken: Taktikbetrachtungen (II)

Header-BeispielBasketball ist eine sehr schnelle Sportart. Innerhalb von wenigen Sekunden passieren unglaublich viele Dinge und ehe man den Treffer der eigenen Mannschaft beklatscht, hat das gegnerische Team schon längst seinen Spielzug begonnen. Innerhalb einer Partie bleibt also kaum Zeit, das Geschehen mal unter die Lupe zu nehmen. Zum Glück kann seit einem Jahr jedes Spiel noch einmal in Ruhe angeschaut werden. Das hat uns auf unsere neue Rubrik gebracht: Wir drücken einfach Mal „Pause“ und blicken in Ruhe darauf, was auf dem Spielfeld eigentlich passiert und versuchen es dann, möglichst einfach zu erklären. In der zweiten Ausgabe widmen wir uns dem kommenden Gegner von Alba Berlin: FC Bayern München Basketball.

Fastbreak

Kein Bundesliga-Team dürfte im Schnellangriff tödlicher sein, als die Bayern. Wenn Spieler wie Alex Renfroe, Bryce Taylor, Paul Zipser oder Nihad Djedovic einmal ins Laufen kommen, ist es für die Verteidigung oft schon zu spät. Für die Münchener sind schnelle, einfache Punkte höchst wichtig. Auf der anderen Seite ist Alba das Team, das Fastbreaks am konsequentesten durch taktische Fouls im Keim erstickt. Das führt, insbesondere gegen Bayern, zu sehr vielen Spielunterbrechungen. Das nimmt die Mannschaft jedoch in Kauf, um den Rhythmus des Gegners zu stören. Hier ist zunächst ein Beispiel wie man den Fastbreak gegen den FCB möglichst nicht verteidigen sollte:

Besonders Khimki Moskau ließ sich in der Euroleague-Begegnung gegen den FCB ein ums andere Mal überrennen. In diesem Beispiel kann man sehen, dass es für die Situation nicht einfach nur reicht die Safety-Situation zu klären. In dieser Ausgangslage warten z.B. bereits ein russischer Spieler an der Mittellinie und ein anderer weiter dahinter (nicht im Bild). Währenddessen hat sich Deon Thompson den Rebound geschnappt. Da er für einen Bigman agil genug ist, eröffnet er den Break direkt selbst. Nihad Djedovic und Alex Renfroe besetzen die Außenspuren, Bayern hat also eine 3 gegen 2 Überzahlsituation.
Besonders Khimki Moskau ließ sich in der Euroleague-Begegnung gegen den FCB ein ums andere Mal überrennen. In diesem Beispiel kann man sehen, dass es für die Situation nicht einfach nur reicht, die Safety-Situation zu klären. In dieser Ausgangslage wartet z.B. bereits ein russischer Spieler an der Mittellinie und ein anderer weiter dahinter (rechts, nicht im Bild). Währenddessen hat sich Deon Thompson den Rebound geschnappt. Da er für einen Bigman agil genug ist, eröffnet er den Break direkt selbst. Nihad Djedovic und Alex Renfroe besetzen die Außenspuren, Bayern hat also eine 3 gegen 2 Überzahlsituation.
Der erste Verteidiger der Moskauer macht den entscheidenden Fehler: er spekuliert auf ein Anspiel auf Nihad Djedovic. Anstatt Druck auf Deon Thompson auszuüben, bzw. ihn zu foulen oder eventuell weiter abzusinken und die Zone dicht zu machen, gerät er nun gegenüber Djedovic ins Hintertreffen. Deon Thompson hat viel zu viel Platz und Zeit und kann einen Bodenpass in den Lauf spielen.
Der erste Verteidiger der Moskauer macht den entscheidenden Fehler: er spekuliert auf ein Anspiel auf Nihad Djedovic. Anstatt Druck auf Deon Thompson auszuüben, bzw. ihn zu foulen oder eventuell weiter abzusinken und die Zone dicht zu machen, gerät er nun gegenüber Djedovic ins Hintertreffen. Deon Thompson hat viel zu viel Platz und Zeit und kann einen Bodenpass in den Lauf spielen.

 

Jetzt folgt die Situation, die unbedingt vermieden werden sollte: Djedovic läuft im vollen Tempo auf den Korb zu, in einer 1 gegen 1 Situation. Für ein Foul ist es bereits viel zu spät, in diesem Fall kommt der Bosnier zu einem besonders einfachen Korbleger. Für diesen Angriff haben die Bayern keine 4 Sekunden verbraucht und zwei leichte Punkte geschenkt bekommen. Im Gegenzug können sie nun noch zusätzlich in Ruhe die Verteidigung aufstellen.
Jetzt folgt die Situation, die unbedingt vermieden werden sollte: Djedovic läuft im vollen Tempo auf den Korb und eine 1 gegen 1 Situation zu. Für ein Foul ist es bereits viel zu spät, in diesem Fall kommt der Bosnier zu einem besonders einfachen Korbleger. Für diesen Angriff haben die Bayern keine 4 Sekunden verbraucht und zwei leichte Punkte geschenkt bekommen. Im Gegenzug können sie nun noch zusätzlich in Ruhe die Verteidigung aufstellen.

 

Albas Herangehensweise:

Hier ein Beispiel aus der BBL-Begegnung gegen Braunschweig. Ausgangslage: Alba hat eine 3 vs. 1 Überzahlsituation, die durch einen Fehlpass von Mitchell Watt vergeudet wird. Durch die Vorwärtsbewegung der Berliner ist nun natürlich die Defensive beim kommenden Ballverlust ungeordnet und gerät selbst in eine Unterzahlsituation.
Hier ein Beispiel aus der BBL-Begegnung gegen Braunschweig. Ausgangslage: Alba hat eine 3 vs. 1 Überzahlsituation, die durch einen Fehlpass von Mitchell Watt vergeben wird. Durch die Vorwärtsbewegung der Berliner ist nun natürlich die Defensive beim kommenden Ballverlust ungeordnet und gerät selbst in eine Unterzahlsituation.
Braunschweig kann nun schnell schalten und die Außenspuren besetzen (was sie allerdings nicht tun werden). Der Braunschweiger Aufbauspieler Derek Needham hat noch nicht die vollständige Ballkontrolle erlangt, Niels Giffey hat allerdings gerade erst die Vorwärtsbewegung abgebrochen und somit eine ungünstige Verteidigungshaltung.
Braunschweig kann nun schnell schalten und die Außenspuren besetzen (was sie allerdings nicht tun werden). Der Braunschweiger Aufbauspieler Derek Needham hat noch nicht die vollständige Ballkontrolle erlangt, Niels Giffey hat allerdings gerade erst die Vorwärtsbewegung abgebrochen und somit eine ungünstige Verteidigungshaltung.
Entscheidender Moment: Anders als z.B. der Spieler von Khimki Moskau, versucht Niels Giffey erst gar nicht auf einen Steal zu spekulieren. Er registriert dagegen schnell, dass hinter ihm nur noch Will Cherry absichert und greift, eher alibi-mäßig, zum Ball. Die Schiedsrichter müssen pfeifen, allerdings hat Giffey den richtigen Moment gewählt: Der Fastbreak ist direkt unterbunden worden, Braunschweig kommt nicht ins laufen und Alba kassiert keine leichten Punkte oder ein unsportliches Foul.
Entscheidender Moment: Anders als z.B. der Spieler von Khimki Moskau, versucht Niels Giffey erst gar nicht auf einen Steal zu spekulieren. Er registriert dagegen schnell, dass hinter ihm nur noch Will Cherry absichert und greift, eher alibi-mäßig, zum Ball. Die Schiedsrichter müssen pfeifen, allerdings hat Giffey den richtigen Moment gewählt: Der Fastbreak ist direkt unterbunden worden, Braunschweig kommt nicht ins laufen und Alba kassiert keine leichten Punkte oder ein unsportliches Foul.

Vorsicht bei Druck am Ball

Wie wir bereits letztes Mal thematisiert haben, lebt Alba in der Defensive davon, ständig Druck am Ball auszuüben und im Setplay alle möglichen Anspielstationen dicht zu machen (oder zumindest riskant wirken zu lassen). Das „lauern“ in den Passwegen kann allerdings auch ein erhebliches Risiko darstellen, wenn der gegnerische Guard den Druck überspielen kann. Mit der Verpflichtung von Alex Renfroe und dem Abgang von Schaffartzik hat Bayern auf der Guardposition an Schnelligkeit dazugewonnen. Hier heißt es also: Vorsicht!

Ausgangslage: Akeem Vargas macht Druck am Ball. Alle möglichen Anspielstationen werden aus dem Spiel genommen. Das bedeutet allerdings auch: Es gibt keine „totale Hilfe“. So tendiert z.B. Jordan Taylor (oben links im Bild) eher dazu, sich Richtung eigenen Gegenspieler zu bewegen, obwohl er auf der ballfernen Seite ist. Die Zone ist nun komplett offen, das nimmt Alba oft in Kauf. Nun wird Akeem Vargas allerdings von seinem „geschlagen“, für ihn ist der Weg zum Korb frei (1). Mitchell Watt könnte nun am ehesten aushelfen, durch einen Block der Braunschweiger herrscht jedoch etwas Verwirrung. Selbst wenn Watt noch rechtzeitig reagieren würde, könnte sich der Braunschweiger Grant (unten links) in die Ecke als freie Anspielstation absetzen (2).
Ausgangslage: Akeem Vargas macht Druck am Ball. Alle möglichen Anspielstationen werden aus dem Spiel genommen. Das bedeutet allerdings auch, dass es keine „totale Hilfe“ gibt. So tendiert z.B. Jordan Taylor (oben links im Bild) eher dazu, sich Richtung eigenem Gegenspieler zu bewegen, obwohl er auf der ballfernen Seite ist. Die Zone ist nun komplett offen, das nimmt Alba oft in Kauf. Nun wird Akeem Vargas allerdings von seinem Gegner „geschlagen“,  der Weg zum Korb ist frei (1). Mitchell Watt könnte nun am ehesten aushelfen, durch einen Block der Braunschweiger herrscht jedoch etwas Verwirrung. Selbst wenn Watt noch rechtzeitig reagieren würde, könnte sich der Braunschweiger Grant (unten links) in die Ecke als freie Anspielstation absetzen (2).
Akeem Vargas ist besiegt, kein einziger Alba-Spieler steht in der Zone und es gibt zwei einfache Punkte für Braunschweig. Gerne foult der „geschlagene“ Verteidiger in so einer Situation nochmal taktisch, in dem er von hinten Richtung Ball schlägt/greift. Dieses Mal hat es jedoch nicht mehr gereicht. Gegen Bayern ist nun doppelte Vorsicht geboten: Nicht nur weil Renfroe und Djedovic den Druck überspielen können, sondern auch weil Bryant/Savanovic/Thompson allesamt über einen soliden Wurf verfügen und das aushelfen der Alba-Spieler konsequent bestrafen könnten.
Akeem Vargas ist besiegt, kein einziger Alba-Spieler steht in der Zone und es gibt zwei einfache Punkte für Braunschweig. Gerne foult der „geschlagene“ Verteidiger in so einer Situation nochmal taktisch, in dem er von hinten Richtung Ball schlägt/greift. Dieses Mal hat es jedoch nicht mehr gereicht. Gegen Bayern ist nun doppelte Vorsicht geboten: Nicht nur weil Renfroe und Djedovic den Druck überspielen können, sondern auch weil Bryant / Savanovic / Thompson allesamt über einen soliden Wurf verfügen und das Aushelfen der Alba-Spieler konsequent bestrafen könnten.

Bayerns „pick and roll“

Wenn die Bayern keinen Schnellangriff laufen können, enden die meisten Angriffe in Pick and Roll-Situationen. Mit antrittsschnellen Guards (Renfroe / Djedovic) und einem sehr variablen Frontcourt, sind diese Situationen nur schwer zu verteidigen. Pesic stellt meist einen Bigman, der gut am Brett punkten kann (Thompson / Bryant), und einen weiteren Bigman der von außen werfen kann (Savanovic / Bryant / Zipser bzw. Kleber) auf. Meistens stellen Bryant oder Thompson die Blöcke, während die werfenden Bigman ihren Verteidiger aus der Zone ziehen. Dazu stehen zwei Schützen in den Ecken, um das Spielfeld auseinander zu ziehen. Alba „switcht“ in pick and roll Situationen meistens die Gegenspieler. Für die eher langsamen Loncar oder Kikanovic wird das Spiel gegen München allerdings eine besondere Herausforderung.

Ausgangslage: John Bryant stellt Nihad Djedovic einen Block. KC Rivers steht in der rechten Ecke, Renfroe ist auf dem Weg in die linke Ecke. Dadurch binden sie ihre Gegenspieler und ziehen das Feld auseinander. Dusko Savanovic korrigiert bereits seine Position um einen freien Dreier zu bekommen.
Ausgangslage: John Bryant stellt Nihad Djedovic einen Block. KC Rivers steht in der rechten Ecke, Renfroe ist auf dem Weg in die linke Ecke. Dadurch binden sie ihre Gegenspieler und ziehen das Feld auseinander. Dusko Savanovic korrigiert bereits seine Position um einen freien Dreier zu bekommen.
Auflösung: Bryants Verteidiger hat eine ungünstige Position, da er nicht direkt den Weg zum Korb versperrt und dazu in einer Seit- bzw. Rückwärtsbewegung ist. Djedovic erkennt den freien Weg zum Korb (1) und ist zu schnell um jetzt noch aufgehalten zu werden. Savanovics Verteidiger (Nummer 33, in der Zone) zögert und verliert Savanovic aus den Augen. Sollte Renfroes Verteidiger noch gegen Djedovic aushelfen, könnte dieser auf den abrollenden Bryant durchstecken (2) oder auf den freien Savanovic passen (3). Dazu wäre wohl noch Renfroe in der Ecke frei. In diesem Fall kommt aber Djedovic zu einem einfach Korbleger, weil der Weg frei ist.
Auflösung: Bryants Verteidiger hat eine ungünstige Position, da er nicht direkt den Weg zum Korb versperrt und dazu in einer Seit- bzw. Rückwärtsbewegung ist. Djedovic erkennt den freien Weg zum Korb (1) und ist zu schnell um jetzt noch aufgehalten zu werden. Savanovics Verteidiger (Nummer 33, in der Zone) zögert und verliert Savanovic aus den Augen. Sollte Renfroes Verteidiger noch gegen Djedovic aushelfen, könnte dieser auf den abrollenden Bryant durchstecken (2) oder auf den freien Savanovic passen (3). Dazu wäre wohl noch Renfroe in der Ecke frei. In diesem Fall kommt aber Djedovic zu einem einfach Korbleger, weil der Weg frei ist.

Alternative

Real Madrid Guards kämpften sich meistens über die Blöcke hinweg, weshalb die Bigman immer kurzzeitig aushelfen mussten (in diesem Fall die Nummer 14, Ayon). In diesem Fall hat der Verteidiger eine günstigere Position, weil er weiter abgesungen ist und bereits auf den Guard wartet. Der Ballführende Spieler, Anton Gavel, geht eng am Block vorbei. Der Zug zum Korb wäre die erste Option, wird aber durch Ayon bereits abgeriegelt. Dadurch, dass der Real-Guard über den Block geht, bietet sich für Deon Thompson die Option zum abrollen. Der Verteidiger von Paul Zipser (oben links) muss sich daher zur Mitte orientieren um Thompson eventuell abzufangen.
Real Madrids guards kämpften sich meistens über die Blöcke hinweg, weshalb die Bigman immer kurzzeitig aushelfen mussten (in diesem Fall die Nummer 14, Ayon). In diesem Fall hat der Verteidiger eine günstigere Position, weil er weiter abgesunken ist und bereits auf den guard wartet. Der ballführende Spieler, Anton Gavel, geht eng am Block vorbei. Der Zug zum Korb wäre die erste Option, wird aber durch Ayon bereits abgeriegelt. Dadurch, dass der Real-Guard über den Block geht, bietet sich für Deon Thompson die Option zum abrollen. Der Verteidiger von Paul Zipser (oben links) muss sich daher zur Mitte orientieren um Thompson eventuell abzufangen. Auch hier stehen zwei Werfer in den jeweiligen Ecken bzw. sind auf dem Weg dorthin.
In diesem Fall hat die Hilfe von Ayon funktioniert, Madrids Rodriguez ist wieder bei seinem direkten Gegenspieler, Gavel, angekommen. Ayon muss sich nun wieder Richtung Deon Thompson orientieren, da dieser für einen Augenblick den freien Weg zum Korb hat . Zipser korrigiert seine Position, sein Verteidiger ist abgesunken um notfalls Thompson übernehmen zu können.
In diesem Fall hat die Hilfe von Ayon funktioniert, Madrids Rodriguez ist wieder bei seinem direkten Gegenspieler, Gavel, angekommen. Ayon muss sich nun wieder Richtung Deon Thompson orientieren, da dieser für einen Augenblick den freien Weg zum Korb hat und von Gavel angespielt werden könnte (1). Zipser korrigiert seine Position, sein Verteidiger ist abgesunken um notfalls Thompson übernehmen zu können. Dadurch bietet sich für Gavel die Anspielstation Zipser an (2)
Paul Zipser hat nun einen offenen Wurf, Deon Thompson bindet am Brett kurzzeitig zwei Gegenspieler. Zipser kann nun werfen (1) oder, sollte seine Gegenspieler direkt auf ihn zustürmen, über rechts zum Korb ziehen (2) da der Weg vollkommen frei ist. Zusätzlich könnte sich Thompson als Anspielstation anbieten, da dieser gegenüber Ayon eine wesentlich bessere Position in Brettnähe besitzt. Zipser entscheidet sich hier für den Wurf, den er aber nicht treffen wird.
Paul Zipser hat nun einen offenen Wurf, Deon Thompson bindet am Brett kurzzeitig zwei Gegenspieler. Zipser kann nun werfen (1) oder, sollte seine Gegenspieler direkt auf ihn zustürmen, über rechts zum Korb ziehen (2) da der Weg vollkommen frei ist. Zusätzlich könnte sich Thompson als Anspielstation anbieten, da dieser gegenüber Ayon eine wesentlich bessere Position in Brettnähe besitzt. Zipser entscheidet sich hier für den Wurf, den er aber nicht treffen wird.

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