Alba gegen Ulm, Ulm gegen Alba, dieses Duell gab es nun schon 53 Mal und am Sonntag (12.10.14, 17:00 Uhr, O2 world Berlin) steht also die 54. Auflage an und man kann wohl mit recht von einem „Klassiker“ sprechen. In ca. 4 von 5 Vergleichen behielt bisher Alba die Oberhand, in Berlin sogar bei 5 von 6 Aufeinandertreffen. Eigentlich sollte man optimistisch in die Partie gehen, die aufgrund des Gegners und der Konstellation ihren Reiz haben dürfte. Nach dem geschichtsträchtigen Erfolg gegen die San Antonio Spurs gibt es gegen ratiopharm Ulm ein Duell, das auch seine reizvolle Geschichte hat.

Wer an Ulm denkt, dem fallen eigentlich spontan schöne und emotionale Erinnerungen ein. Da fallen einem die Pokal-Finalspiele der letzten beiden Jahre – jeweils mit dem besseren Ende für die Albatrosse – ein. Besonders das Top4 in Ulm war Werbung für die Sportart und auch ein Musterbeispiel für fairen, respektvollen und stimmungsvollen Umgang der Fans miteinander. Oder die Playoffs der letzten Saison, als sich die Schwaben und Berliner einen packenden fight lieferten. Man erinnert sich je nach Generation an Bo Dukes, Jeff Gibbs, Jarvis Walker oder Abdul Shamsid-Deen. Die älteren unter den Alba-Fans können sich sicher auch noch an die nette Story aus dem Jahre 1998 erinnern. Damals kamen im Finale der Playoffs die Ulmer lautstark und fröhlich mit einem 0-2 Rückstand zum dritten Finalspiel in die Max-Schmeling-Halle … und trugen dabei bereits „Vizemeister-T-Shirts“. Nicht zu Unrecht. Aber das war zu Zeiten, als Alba noch die Liga dominierte, davon kann aktuell ja nicht mehr die Rede sein. Die letzten Duelle gegen die Schwaben waren meist knapp und spannend.
Was erwartet uns nun beim Liga-Heimspiel gegen die Ulmer? Für Alba gilt es, gleich zwei Gegner zu bekämpfen. Zum einen wäre da die eigene Müdigkeit und Erschöpfung. Für Alba ist es das dritte Spiel in sechs Tagen! Das muss irgendwann auch mal an die Reserven gehen. Gerade die 48 Minuten gegen die San Antonio Spurs waren auch physisch ziemlich anspruchsvoll. Zwei Tage später in Bonn wirkte das letzte Viertel auch nicht mehr so souverän. Aber Siege machen vieles leichter und zum Beginn der Saison sollten die Akkus auch noch halbwegs voll sein. Was natürlich zu kurz kommt ist die spezifische Vorbereitung auf die Ulmer, die sich ihrerseits seit Donnerstag intensiv auf Alba einstellen konnten.
Der zweite Gegner – neben Müdigkeit und eigenem inneren Schweinehund – ist natürlich der Kontrahent aus Ulm. Über den Sommer hatten diese einige namhafte Abgänge zu verkraften. Leistungsträger wie Cameron Long, Keaton Nankivil, Trent Plaisted oder Edgar Sosa wechselten ins Ausland. Daniel Theis, den man in Ulm gern gehalten und den Alba Berlin gern verpflichtet hätte, wechselte liga-intern zu den brose baskets. Dementsprechend musste man sich Ersatz suchen und hat für die meisten Abgänge adäquaten Ersatz gefunden. Dabei gab es eine gute Mischung aus bewährten Leistungsträgern aus der BBL wie Ludwigsburgs CJ Harris oder Bayern Münchens Boris Savovic und internationalen Stars wie dem jungen slowenischen Nationalspieler und WM-Teilnehmer Jaka Klobucar oder dem erfahrenen US-Amerikaner Maarten Leunen, der aus der ersten italienischen Liga an die Donau wechselte. Etwas Risiko gingen die Ulmer bei der neuen Besetzung der deutschen Positionen ein, wo man nicht sicher sein konnte, was man wohl bekommen würde. Bei Tim Ohlbrecht, der sich bei seinen BBL-Stationen in Bamberg und Bonn den Ruf erworben hatte (ob zu Recht oder nicht, sei mal dahingestellt), nicht der Ehrgeizigste zu sein, zu wenig in seine Entwicklung zu investieren, hat sich das Risiko bis jetzt gelohnt. Ohlbrecht trägt entscheidend zu den bisherigen Erfolgen der Ulmer mit bei. Das kann man von Isaiah Philmore, der über einen deutschen Pass verfügt, – noch? – nicht behaupten. Sechs Minuten Spielzeit, ein Punkt, ein Rebound sind schon etwas enttäuschend, auch wenn man berücksichtigen muss, dass er frisch vom College in die BBL gewechselt ist und sich erst mal an die hiesige Spielweise gewöhnen muss.
blau = bereits letzte Saison im Team, kursiv = deutsch
Backcourt:
Per Günther(+) / Tommy Mason-Griffin / Sören Fritze
Jaka Klobucar / Calvin Harris
Will Clyburn / Philipp Schwethelm / Adam Hess
Frontcourt:
Maarten Leunen / Boris Savovic / Isaiah Philmore
Tim Ohlbrecht / Jonathan Maier
Head Coach:
Thorsten Leibenath
Schwer wiegt für die Ulmer der Ausfall ihres „Gehirns“ Per Günther. Der deutsche Nationalspieler organisiert normalerweise das Spiel der Ulmer und setzt seine Mitspieler effektiv in Szene. Es besteht eine kleine Chance, dass er vielleicht in Berlin wieder mitspielen kann, wird dann aber noch nicht in Top-Form sein. Somit wird sich Ulm wohl auch in Berlin auf seine 8er Rotation (plus ein paar Minuten von Adam Hess und Philmore) verlassen müssen. Am meisten müssen die Berliner dabei auf Will Clyburn achten, der aktuell in Top-Form und in dieser Saison Ulms bester Scorer und Rebounder ist und Neuzugang Jaka Klobucar, der mit seiner Schnelligkeit die Gegner vor Probleme stellt und zudem ein gutes Auge für die Mitspieler hat. Tim Ohlbrecht sollte man möglichst vom Korb weg halten, wenn er dort erst mal den Ball kriegt, dann ist er auch drin, hat in dieser Saison neun von zehn Würfen erfolgreich verwandelt. Allerdings darf man ihn außen auch nicht frei stehen lassen, von dort trifft er für einen langen Mann sehr ordentliche 40 Prozent. Nichts gegen Philipp Schwethelm, welcher aktuell mit 75 % der erfolgreichste Dreier-Schütze der Liga ist und in Berlin auf seinen „Lehrmeister“ aus Kölner Zeiten Sasa Obradovic trifft, . Generell ist Ulm ein Team, das sehr viel von jenseits der Dreierlinie wirft, nur Frankfurt und Quakenbrück versuchen es noch öfter von aussen. Alba wirft die wenigsten Dreier aller BBL-Teams, trifft aber deutlich besser als Ulm. Gefährlich ist Ulm auch dadurch, dass wirklich alle Frontcourt-Spieler auch von außen werfen und treffen, das schafft Platz für die guards.
Alba Berlin ist in nahezu allen Statistiken besser als Ulm – mal abgesehen von den Freiwürfen – , aber diese Statistiken sind auf der Basis von drei Spielen natürlich noch nicht so wirklich aussagekräftig … und wichtig ist eh nur auf dem court!
Für Alba wird es darum gehen, mit aggressiver Defense den Ulmern gleich den Schneid abzukaufen. Ulm kann schnell heiß laufen und dann sind sie schwer zu stoppen, man muss ihnen das Spiel so unangenehm wie möglich machen. Dafür wird man viel laufen müssen, es gilt, noch mal alle Kräfte zu mobilisieren. Man kann aber auch wirklich alles geben, denn nach dem Spiel gegen Ulm sind erst mal fünf Tage Spielpause, bevor mit dem Kracher gegen ZSKA Moskau die Euroleague startet. Zeit genug, zu regenerieren.