Alba Berlin hat seine 10 ersten Spiele der Saison hinter sich, es dabei auf eine ausgeglichene Bilanz von fünf Siegen und fünf Niederlagen gebracht – und liegt damit hinter den eigenen Erwartungen zurück. Mit dem Auswärtssieg in Bilbao gab es nur einen positiven Ausreißer nach oben, einige Ergebnisse im Bereich dessen, was zu erwarten war (Bonn, Jena, Göttingen, Fuenlabrada, München, Ulm, Moskau) aber auch schon Niederlagen, die man klar als Enttäuschung ansehen muss. Eine Heimniederlage gegen Frankfurt und auswärts in Bayreuth entsprechen nicht dem eigenen Anspruch des Hauptstadtclubs. Nach nur sieben Spieltagen in der nationalen Liga hat man bereits vier Niederlagen auf dem Konto – so viele, wie bis vor wenigen Jahren noch nach der kompletten Hauptrunde. Hysterie hilft da so wenig weiter wie das Schönreden des aktuellen Zustandes, aber wenn man sich die Situation möglichst objektiv betrachtet, fällt auf, dass einige der Probleme mit K beginnen. Wir haben uns 10 dieser K-Fragen gestellt und lassen dabei auch Spieler (Peyton Siva) und den Coach Ahmet Caki zu Wort kommen.

… wie Kampf …
Wenn Center Bogdan Radosavljevic nach der Pleite gegen Frankfurt in die Mikrofone des Morgenpost-Fantalks sagt „Wir haben nicht genug gekämpft“, zeigt das zum einen, dass der junge Deutsche noch kein Medien-Profi ist, die erfrischende Ehrlichkeit ist zum anderen aber auch Ausdruck eigener Unzufriedenheit. Dabei ist der Neuzugang nicht der erste Kandidat, der sich melden müsste, wenn es um das Thema Kampf geht. Generell muss sich der geneigte Berliner Fan aber gehörig umstellen. Seit den Zeiten von Faruk Kulenovic galt Kampf und Defense als der Schlüssel für den Erfolg Berliner Teams, mit der Übernahme des Teams durch Alba-Legende Sasa Obradovic wurden Kampf und Leidenschaft sogar zum Leitmotiv des Vereins. „Mit Leib und Seele“ ist in der aktuellen Saison noch nicht so offensichtlich. Zu sehr fehlt der Biss in der Defense, der Kampf um den Rebound. Nun wäre es sicher nicht fair, vom neuen Coach Caki die gleiche Spielweise wie von Obradovic zu erwarten, die ja auch nicht nur positive Aspekte hatte, die Frage „Darf’s ein bisschen mehr sein …?“ würde aber in Bezug auf Kampf wohl ziemlich jeder mit „Ja“ beantworten. In Bayreuth war jedoch schon ein Mehr an Wille und Kampf zu erkennen, was sich jedoch noch nicht effektiv in weniger Punkten des Gegners niederschlug. Der Trend geht hoffentlich in die richtige Richtung. Headcoach Caki scheint aber zumindest erkannt zu haben, dass das bei den defensiv verwöhnten Berlinern zu einem Problem werden könnte: „In emotionaler Hinsicht müssen wir gegenüber unseren Zuschauern die richtige Mentalität zeigen, d.h. Kampfgeist und Einsatz, unsere Fans und Zuschauer sind sehr wichtig für uns, das sind die Leute, für die wir spielen.“ So lasset den Worten Taten folgen …
… wie Kreativität
Das ist mal ein Punkt auf der Haben-Seite. Bei vielem, was man berechtigt bemängeln kann, so ist das Spiel von Alba Berlin in dieser Saison auf jeden Fall kreativer, variabler und offensiv ansehnlicher geworden. In den Highlight-Videos der BBL tauchte Alba Berlin in den letzten Jahren mit seinen „spektakulären Korblegern“ vielleicht drei Mal in der ganzen Saison auf, in dieser Saison manchmal drei Mal pro Wochenende. Ja, Alley oops gewinnen keine Spiele, aber offensiv ist man trotzdem auf dem richtigen Weg, erzielt mit die meisten Punkte der Liga und point guard Peyton Siva spielt oft genug Pässe zum Zunge schnalzen. Im letzten Jahr noch das Team mit den viert-wenigsten erfolgreichen Vorlagen, kommt Alba in dieser Saison auf die viert-meisten Assists. Die gute Offensive basiert auf gutem Zusammenspiel und eben auch mehr Kreativität und Attraktivität und hat durchaus das Potenzial, die Massen zu begeistern, wenn in der Endabrechnung nicht Niederlagen stehen würden. Trotzdem gießt Alba Headcoach Ahmet Caki Wasser in den Wein und verweist auf die Korrelation von Offense und Defense: „Tatsächlich kommen unsere defensiven Probleme zum Teil auch durch unsere Offense zustande. Manchmal nehmen wir zu schnell die Würfe, manchmal verlieren wir zu schnell den Ball, manchmal holen wir uns nicht den Offensivrebound, das alles beeinflusst auch unsere Verteidigung. Ich würde nicht sagen, dass unsere Offense schlecht ist, aber wir müssen auch im Angriff kontrollierter spielen. Man kann sowieso die Offense nicht isoliert betrachten, Basketball besteht nun mal aus der Kombination von Offense und Defense.„
… wie Koordination …
Was im Angriff schon ganz gut funktioniert – das Zusammenspiel der einzelnen Spieler- bereitet in der Verteidigung noch riesige Probleme. Die Laufwege sind nicht automatisiert, der eine oder andere Spieler weiß oft genug nicht, wo er selbst stehen oder sich hin bewegen müsste bzw. wo seine Mitspieler stehen oder stehen sollten, sich hin bewegen oder hin bewegen sollten. Eines der aktuell größten Probleme von Alba Berlin – Rebounds – ist auch eine Frage der Koordination. Wer boxt aus, wer springt nach dem Ball? Wenn das nicht klar geregelt, bestenfalls automatisiert, ist, holt am Ende niemand den Rebound … so wie aktuell bei Alba. Auf keinen Fall sind Rebounds nur eine Sache der Center, was Caki so bestätigt: „Offensiv finden sie die richtige Position und wissen von dort dann auch oft erfolgreich abzuschließen. Da gelingt es uns als Team ganz gut, sie richtig einzusetzen. Sie [Elmedin Kikanovic, Bogdan Radosavljevic] sind nicht die besten Verteidiger der Welt und müssen sich bemühen, dort die richtige Position zu finden und die Rebounds zu holen. In erster Linie müssen wir aber eine Lösung für die Rebounds als Team finden, nicht nur die Center.„
… wie Konzentration …
Daran fehlt es auch oft genug und diese Jacke muss sich point guard Peyton Siva auch mit anziehen. Der Amerikaner spielt nicht nur die meisten Assists bei Alba Berlin (knapp 6) sondern verliert auch drei Mal pro Spiel den Ball, oft genug durch eigene Unkonzentriertheiten. „Ja, es ist hauptsächlich eine Frage von Kommunikation und Konzentration. Härter spielen und der Glaube an gute Defense, das ist es! Einfach ein paar kleine Dinge, die wir tun können, um die Probleme zu lösen. Wir müssen unsere Defense verbessern um die Gegenpunkte um 10 Punkte oder mehr zu verringern„, so Siva, der selbstkritisch auch noch Luft nach oben bei der eigenen Leistung sieht „Ich muss mein eigenes Spiel auch verbessern, noch mehr Energie aufs Feld bringen, kluge Entscheidungen treffen, meine Mitspieler mit Pässen für fast breaks „füttern“ und die Ballverluste verringern. Ein Teil meiner Rolle als Aufbauspieler ist auch die Kommunikation auf dem Feld. Ich muss die Stimme des Teams auf dem Feld sein und das Team auch auf diese Weise führen.„
… wie Kommunikation …
Darin, bzw. genauer gesagt im Mangel an Kommunikation sehen sowohl Siva als auch Caki die Wurzel eines Großteils der Probleme. Siva meint, die Probleme der pick & roll Defense sind „ein Problem der Konzentration und defensiven Rotation. Wir verteidigen weit aussen am Perimeter, da gibt es dann ab und an mal Probleme bei der defensiven Rotation, was den Gegner dann einfach Korbleger ermöglicht. Da kümmern wir uns zu sehr um unseren direkten Gegenspieler und „vergessen“ dabei die Team Defense und gegenseitige Hilfe. Wir müssen in der Verteidigung einfach besser miteinander kommunizieren und generell mehr Anstrengungen in der Defense unternehmen, dann werden wir die Anzahl der Gegenpunkte auch um 10, 20 oder mehr Punkte reduzieren können.“ Caki beschreibt das auch als großes Manko: „Wir können eine Menge tun, um das alles zu verbessern und arbeiten daran auch schon intensiv, jedoch noch ohne großen Erfolg. Das größte Problem ist, dass wir in kritischen Situationen nicht gut genug als Team zusammen arbeiten. Wir müssen uns bei der Kommunikation und dem Zusammenspiel verbessern, nicht so sehr individuelle Sachen. Basketball ist ein Teamsport. Es ist zum einen die Summe der individuellen Performance jeden einzelnen Spielers, aber es ist darüber hinaus noch mehr. Dinge wie Teamgeist und Herz. Daran fehlt es noch, dieser Teamgeist konnte sich noch nicht entwickeln. Es ist mein Job, das Team in dieser Hinsicht voranzubringen.„
… wie Kohle …
Ja, Alba Berlin ist nicht mehr Krösus der Liga, sogar ziemlich weit davon entfernt und generell ist mehr Geld immer besser. Das kann man je nach eigener Mentalität bedauern, beweinen, als fatalistischen Fakt hinnehmen oder gar bejubeln, dass die Kurve nicht steil bergab geht. Eine Erläuterung, warum Alba gerade in diesem Bereich bestenfalls stagniert, würde an dieser Stelle zu weit führen und ist mit ein paar Sätzen nicht darzulegen. Was man aber nicht tun sollte, ist, diesen Punkt in irgendeine Richtung als Rechtfertigung oder Ausrede für die sportliche Situation zu nehmen. Gegen Frankfurt mit vier ausländischen Profis, zwei davon sehr neu beim Team, einigen sehr jungen deutschen Nachwuchs-Spielern und einem komplett neu zusammen gewürfelten Kader kann man eine Menge Gründe für die Niederlage finden, „zu wenig Etat“ gehört nicht dazu! Ebenso wenig gegen Bayreuth. Zumal man mit einem ähnlich gelagerten Etat vor zwei Jahren fast in die Top8 der Euroleague eingezogen wäre. Der Punkt Geld ist zu einfach, zumal sich daran – zumindest in dieser Saison – nichts Wesentliches ändern wird, also dadurch nichts zur Lösung der sportlichen Probleme beigetragen werden kann.
… wie Kontinuität …
Vor kurzem war im Hause Alba „Schnäppchen-Markt“, es wurde verscherbelt, was aus vorigen Saisons über geblieben war. Darunter Tassen mit dem Konterfei von Cliff Hammonds, Albas ehemaligem „Verteidigungsminister“ und mastermind auf dem Feld. Verkauft wurden damit auch Erinnerungen. An bessere Zeiten, an bessere Defense, aber auch die Erkenntnis, dass vom erfolgreichen Team von vor zwei Jahren gerade noch zweieinhalb Spieler (Vargas, Giffey sowie Akpinar mit wenigen Kurzeinsätzen) und Teambetreuer Thorwarth übrig geblieben sind. Das ist dann allerdings sehr wohl ein Problem von fehlender Kohle, die guten Spieler ziehen schnell weiter zu den fetteren Fleischtöpfen. Fehlende Kontinuität führt eben auch zu Problemen, man fängt nahezu jede Saison bei Null an, auch aktuell eines der Probleme von Alba Berlin. Man sagt, ein Team brauche zwei Jahre, um im Kern zusammen zu wachsen. Diesen Kern konnte Alba auch für die aktuelle Saison nicht zusammen halten und bezahlt momentan dafür mit mangelndem Verständnis der Spieler untereinander.
… wie Kritik …
Selbstkritik ist der erste Weg zur Besserung, sagt man. Das ist zwingend notwendig, um die aktuell bestehenden Probleme lösen zu können. „Wir wollten in Bayreuth unsere Defense verbessern, haben aber nicht alle in die gleiche Richtung gearbeitet. In den letzten drei Spielen war unsere Defense nicht so, wie wir uns das vorstellen.“ so Ahmet Caki, um weiter auszuführen „Besonders in Bayreuth haben wir versucht, das Spiel auf deren Weise zu gewinnen, statt ihnen unser Spiel aufzudrücken. Bayreuth hat versucht das Spiel mit vielen Dreiern und starker Offense zu gewinnen. Unser Team war nach der Niederlage gegen Chimki etwas angespannt und wollte eine Reaktion auf dieses Spiel zeigen, aber wir haben nicht den richtigen Weg dafür gefunden. Der richtige Weg wäre gewesen, starke Verteidigung zu spielen, gut zusammen zu spielen und das Spiel über die Defense zu kontrollieren. Leider ist das nicht gelungen. In basketballerischer Hinsicht müssen wir diese Dinge schnellstens korrigieren und vor allem bessere Defense spielen.„
… wie Krise …
Krise ist ein großes Wort, aber im Moment kann man es in Bezug auf Alba Berlin durchaus in den Mund nehmen. Die Ergebnisse stimmen nicht und vor allem die Leistungen stimmen nicht. Letzeres ist deutlich kritischer zu sehen. Nichts, was unlösbar wäre, aber Probleme, an denen sofort und intensiv gearbeitet werden muss, um sie schnellstens in den Griff zu bekommen. Man kann sagen, es sind erst sieben Spiele in der Liga gespielt und im Eurocup ist noch alles im Plan. Aber es sind auf der anderen Seite auch schon sieben Spiele gespielt, also 1/5 der Hauptrunde und was man jetzt liegen lässt, ist in einer Liga, wo 4 Punkte über fünf Plätze in der Endabrechnung entscheiden können, schwer wieder aufzuholen. Wenn es das Wort „Krise“ braucht, um sich über den Ernst der Lage bewusst zu werden, ist „Krise“ das richtige Wort. Jetzt ist der Zeitpunkt an Lösungen zu arbeiten.
… wie Konsequenzen …
Konsequenzen sind nicht gleichzusetzen mit Aktionismus, aber es muss Konsequenzen aufgrund der aktuellen Situation geben. Am ehesten greifen können diese, die unmittelbar beim Team ansetzen. „Wir müssen uns mehr auf unsere Defense fokussieren und dieser mehr Beachtung schenken. Ich denke, das ist unser größtes Problem im Moment. Wir müssen einige kleine Fehler abstellen um die Anzahl der Gegenpunkte um 10 oder mehr zu drücken. Wir geben den Gegnern zu viele Möglichkeiten, einfach zum Korb durchzubrechen. Wir müssen aber vor allem besser untereinander in der Defense kommunizieren.„, so Peyton Siva, „Es ist definitiv schwer, zu gewinnen, wenn der Gegner 90 oder mehr Punkte erzielt und zu einfachen Abschlüssen kommt. Wir müssen einfach besser verteidigen, die Anzahl einfacher gegnerischer Punkte aus dem fast break verhindern, selbst besser rebounden und inside den Korb attackieren, besser gegenseitig helfen.“ Auch der Trainer sieht in der Defense – natürlich – den Schlüssel zur Lösung, will das aggressive Doppeln nicht mehr so stark forcieren: „Tatsächlich versuchen wir einige Dinge zu ändern. Zum Beispiel wollen wir versuchen, etwas mehr abzusinken. Das sind aber eher Detailfragen. Über allem steht unser Zusammenspiel als Team, das müssen wir in aller erster Linie verbessern. Ich bin bereit alle möglichen Anpassungen vorzunehmen, aber wir müssen es als TEAM umsetzen können, es geht dabei um toughness, Durchsetzungsvermögen und die Fähigkeiten, das auch umzusetzen. Es ist nicht so sehr eine Frage, was wir genau tun, sondern eher, auf welchem Niveau wir das tun.„
- Änderung der Rotation als Reaktion?
Diese Frage stellte sich, weil Coach Caki beim Spiel in Bayreuth komplett auf den defensivstarken Guard Akeem Vargas verzichtet hat, der Trainer möchte dies jedoch als eine individuelle Entscheidung nur für das Spiel in Franken verstanden wissen, nicht als Grundsatz: „In diesem Spiel wollte ich Ismet [Akpinar] mehr Spielzeit geben, ein anderes Mal aber auch Ismet und Akeem [Vargas]. In letzter Zeit war Ismets Performance so, dass ich ihm 16 Minuten Spielzeit am Stück geben wollte. Aber Akeem wird mit Sicherheit in den nächsten Spielen wieder seine Möglichkeiten bekommen, das war nur eine Entscheidung für dieses eine Spiel. Es gibt verschiedene Parameter. Es gibt nur eine bestimmte Anzahl an Minuten zu verteilen und man kann natürlich nicht allen Spielern maximal viel Spielzeit geben. Stattdessen sollen sechs, sieben Spieler möglichst viel Spielzeit bekommen, um in einen Spielfluss zu kommen und im Spiel ihre Leistung entwickeln zu können. Das war mehr oder weniger der Grund.„ - neuer Spieler als Konsequenz?
Damit plant Coach Caki nicht, sondern möchte den Ausfall von power forward Tony Gaffney anders auffangen. „Nein, aktuell ist kein neuer Spieler geplant. Am Montag schauen wir uns die Situation von Malcolm Miller genauer an. Weiterhin wollen wir Tim Schneider vorbereiten. Er hat die Saisonvorbereitung mitgemacht, jetzt in der zweiten Mannschaft gespielt und trainiert mit uns. Wir wollen ihn jetzt stärker einbinden und die Situation mit ihm, Niels Giffey und Malcolm Miller auffangen, wenn er in Kürze zurück ist.„
Welche Konsequenzen der Berliner Fan nun aus der Situation zieht, wird jeder für sich selbst entscheiden (müssen). Klar ist jedoch, durch Pfeifen ist noch nie jemand besser geworden. Gilt nicht nur beim Basketball …