

Als beim FC Bayern München die Entscheidung getroffen wurde, professionell in den deutschen Basketball (wieder, vor hundert oder so Jahren spielte München schon mal erste Liga) einzusteigen und stabsplanmäßig mit Wildcard und viel Geld den Aufstieg in die erste Liga organisierte, war wohl fast jedem klar, daß es um nicht mehr oder weniger als den Titel gehen würde. Eher früher als später. In diesem Jahr könnte es – sehr zum Ärger der Konkurrenz – soweit sein. Das Imperium macht Ernst. Dafür steht ein Etat zur Verfügung, der kaum Wünsche offen lässt. Formal wird immer betont, daß man nicht von der Fussball-Abteilung unterstützt würde. „Formal“ trifft es wohl ganz gut, denn die Motivation der meisten Sponsoren wird wohl im Bekanntheitsgrad der Marke des Fussballvereins liegen. Unbestritten gehört die Basketball-Abteilung aber zum Verein Bayern München. Ein Verein, der von seinen über 217.000 Mitgliedern ca. 13 Millionen Euro an Mitgliedsbeiträgen pro Jahr kassiert. Das macht finanziell eine Menge möglich. Aber wer hat, der kann und es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn man Geld ausgibt, so man – wie Bayern München – genug davon hat. Die Möglichkeiten in München sind grundsätzlich andere, viel bessere, als bei jedem anderen BBL-Team.
So wie Bayern München, speziell „Vorturner“ Ulrich Hoeness, auftritt, wird man nicht gerade zum Lieblingsverein der Liga. Selbstbewusst und öfter als angenehm ist jenseits der Grenze zur Arroganz. Eine Arroganz, die durch sportliche Ergebnisse alles andere als gerechtfertigt ist. Mal abgesehen davon, daß Arroganz nie gerechtfertigt ist. Die Selbstdarstellung des FC Bayern München als „Heilsbringer des deutschen Basketballs“ hält einem reality check im Wesentlichen nicht stand. Blühende Basketball-Landschaften wurden von Herrn Hoeness versprochen, wenn die Bayern erst mal in der BBL wären, gibt es viel mehr Basketball im TV und es gibt natürlich auch TV-Gelder für die Vereine. Nun sind die Bayern seit drei Jahren in der BBL, aber eingetreten ist davon im Wesentlichen nichts. Die Anzahl der Basketball-Übertragungen hat sich nicht erhöht, die Zuschauerzahlen entwickeln sich positiv, in etwa in dem Rahmen, wie sie sich auch vor den Bayern schon entwickelt haben. Geld gibt es – fast erwartungsgemäß – natürlich auch keins. Da sich die Anzahl der Spiele nicht erhöht hat, jedoch überproportional oft der FC Bayern München Basketball gezeigt wird, hat sich für alle anderen BBL-Vereine die Situation sogar eher verschlechtert. Bayern München Basketball sorgt für mediale Aufmerksamkeit, sogar überregionale. Das allgemeine Grundinteresse an der Sportart hat sich jedoch nicht so sehr erhöht. Leider! Was der FC Bayern München Basketball tut und lässt, hilft in aller erster Linie dem FC Bayern München Basketball, der Rest der Liga eher nur in sehr bescheidenem Rahmen. Von der Selbstwahrnehmung als „Heilsbringer der Liga“ sind die Bayern in der Realität weit weg. Freunde macht man sich so nicht. Bedurfte es gegenüber den brose baskets noch einer Art Marketing-Kampagne um klar zu machen, daß man „die einfach nicht mag“, ist das gegenüber Bayern München absolut nicht nötig. Sportlich bereichern die Bayern Basketballer die Liga jedoch ohne jeden Zweifel.
backcourt
Malcolm Delaney, Steffen Hamann,
Heiko Schaffartzik, Lucca Staiger, (Paul Zipser, Demond Greene)
Nihad Dedovic, Bryce Taylor, Robin Benzing
frountcourt
Deon Thompson, Boris Savovic, Chevon Troutman,
John Bryant, Yassin Idbihi
Headoach:
Svetislav Pesic
Der backourt wirkt auf den ersten Blick vertraut, da bis auf Malcolm Delaney alle Spieler schon mal in der BBL gespielt haben. Besonders vertraut mag er Alba-Fans erscheinen, da sich dort gleich sechs ehemalige Alba-Spieler wieder finden. Trotzdem befinden sich aus Bayern-Sicht immerhin vier neue Spieler in der Backcourt-Rotation. Der Backcourt bietet dabei unglaublich viel Gefahr von aussen mit. Schaffartzik 56 %, Staiger 50 %, Dedovic 47 %, Benzing 42 %, Taylor 40 %, selbst der nicht gerade als Distanzschütze bekannte Hamann hat seinen einen Dreier bisher getroffen. Alle Spieler im Frontcourt treffen also 40 oder mehr Prozent von downtown, mit Ausnahme von Hamann, der nur selten von aussen wirft und Delaney, der dafür allerdings einen sehr starken Zug zum Korb mitbringt. Egal, in welcher Zusammensetzung der backcourt der Münchener auf dem Feld steht, strahlt er immer Gefahr von aussen aus. Da muss man als Gegner schnell zu Fuss sein, wenn man das effektiv verhindern will. Was ein wenig fehlt im backcourt ist ein echter floor general. Das wäre Hamann, der allerdings wenig spielt. Das sind Delaney und Schaffartzik nicht wirklich, die beide eher für sich selbst Würfe kreieren. Delaney findet aus dem eigenen Zug zum Korb öfter seine Mitspieler am Perimeter, die wie gesagt hochprozentig abschließen. Ein Spieler, der effektiv Systeme ans Laufen bringt, ist er nicht so sehr. Negativen Einfluss auf den Erfolg hat das bis jetzt noch nicht. Bayern spielt – noch – wenig set play. Stattdessen wird der Ball aus einer starken Defense heraus der Ball schnell gemacht und – „seven seconds or less“ – ganz schnell abgeschlossen. Zudem kann sich Bayern München auch noch auf die individuellen Fähigkeiten im 1-on-1 von Spielern wie Delaney, Dedovic oder Schaffartzik verlassen.
Schwächer als der backcourt ist der front court auch nicht besetzt. Gleich fünf Spieler auf diesem Niveau kann kein anderes Team der BBL aufbieten. John Bryant ist aktuell noch nicht in der nötigen körperlichen Form, aber das wird nicht so bleiben. Deon Thompson war einer der effektivsten Power Forwards der letztjährigen Euroleague-Saison, auf jeden Fall einer der besten Spieler von Alba Berlin. Yassin Idbihi ist die Verlässlichkeit in Person und einen absoluten europäischen Top-Spieler wie Boris Savovic bei einem Euroleague-Team aus dem laufenden Vertrag heraus zu kaufen zeugt von immenser finanzieller Potenz und ist eine echte Ansage an die Konkurrenz, wer diese Saison „King of Kottelett“ ist. Chevon Troutman bringt mit seiner Schnelligkeit und Beweglichkeit noch einmal eine neue Facette in das Spiel der Bayern. Daß Troutman, Bryant und Savovic auch noch jeden dritten Dreier treffen, macht es für die Gegner auch nicht einfacher bzw. öffnet für Delaney und Dedovic die Räume für den Zug zum Korb.
Insgesamt sind im letzten Sommer vier Spieler (Schaffartzik, Dedovic, Thompson, Idbihi) direkt von Alba Berlin zum FC Bayern München Basketball gewechselt. Vier weitere haben ebenfalls eine Alba-Vergangenheit und nicht zuletzt stehen die Coaches Pesic und Mutapcic für die erfolgreichste Ära von Alba Berlin. Die Bayern wissen, was gut ist. Als Fan fühlt sich da der eine oder andere verraten. Zumindest desillusioniert. It’s all about business … Fans wünschen sich Gegenliebe, Spieler sehen das eher nicht besonders emotional. Sie vermitteln manchmal das Gefühl, sie würden es, aber das ist wohl Teil der Show. Und ehrlich gesagt WILL der Fan auch lieber „greatest fans, greatest town“ als „just another job“ hören oder vermittelt bekommen. Tatsächlich ist es aber eben genau DAS!: Zeitarbeit! Einige Zeitarbeiter ziehen weiter, zu einem (vermeintlich oder tatsächlich) attraktiveren Job. Das kann man ihnen nicht zum Vorwurf machen. So funktioniert das Business.
Kein Spieler ist größer als der Verein!
Die Bayern kommen mit breiter Brust und weisser (BBL-)Weste in die O2 world nach Berlin. Auch in der Euroleague waren die Auftritte bisher sehr erfolgreich. Selbstbewusstein bis Oberkante Unterlippe macht es leicht, auch schwierige Würfe zu nehmen. Genug Chancen zu werfen, bekommen die Bayern bei ihrem schnellen Spiel auch. Alba ist in eigener Halle nicht der Favorit. NA UND! Alba war schon oft Aussenseiter und hat trotzdem (fast) jedes große Team Europas schon mal geschlagen. Das aktuelle Alba-Team verfügt über einen unbändigen Kampfgeist und Willen. Wille kann Berge versetzen, ob auch bayerische, wird man sehen. Alba hat die beste Defense der Liga und wird es den Bayern mit Sicherheit nicht leicht machen. Mit ständigem Druck kann man das Star-Ensemble aus dem Süden, das noch das Euroleague-Spiel gegen Malaga vom Freitag in den Knochen haben dürfte, vielleicht zermürben.
Auf geht’s Alba, kämpfen und siegen!
2 Gedanken zu „Die Bayern kommen – NA UND!“