
Im ersten Teil unserer Interview-Reihe mit Alba Berlins Sportdirektor Himar Ojeda hatten wir den Menschen hinter dem Manager vorgestellt, nun möchten wir uns – kurz vor Beginn der Playoffs – mit seiner Arbeit und der aktuellen Situation von Alba Berlin beschäftigen. Über die Hauptrunde lief nicht immer alles wie gewünscht, aber in den Playoffs wird alles wieder auf Anfang gestellt, es startet bei 0-0 und es sind alle Chancen da, die Saison zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.
Nach dem Spiel gegen Frankfurt sah das Team meilenweit von einer Playoff-Form entfernt aus. Was muss passieren, damit der Turnaround gelingt?
Ich denke, wir sind nicht konstant, es gibt immer Auf und Abs. Der Hauptgrund dafür sind die ganzen Verletzungen. Wir haben Niels lange Zeit vermisst, Jordan Taylor hat lange gefehlt, danach Lowery. Teams müssen während einer Saison zusammenwachsen, jeder Spieler muss seine Rolle kennen. Am Ende der Saison kennt jeder seine Aufgaben und weiß, was er auf dem Court tun muss und was das Team braucht. Wegen der ganzen Verletzungen haben wir aber immer bei null angefangen. Und das beeinflusst die ganze Gruppe. Niels muss wieder seine Rolle finden, Jordan hat das recht schnell geschafft. Lowery braucht auch noch etwas Zeit und das beeinflusst wiederum Will Cherry und Jordan Taylor. Inkonstanz ist unser größtes Problem.
Es müssen also ständig Dinge wiederholt werden, anstatt sich weiterzuentwickeln?
Ja, nicht nur im Training oder bei den Spielzügen. Es geht hauptsächlich um die Rollen der Spieler. Das ist etwas, was man nicht einfach so von oben herab festlegen kann. Man sagt nicht: ‚du spielst jetzt 15 Minuten, wir brauchen Defense und im Angriff dieses und jenes‘. Das ist etwas, das sich während einer Saison entwickeln muss. Und dieses Jahr haben uns die Verletzungen immer wieder aus der Bahn geworfen und wir sind noch nicht an dem Punkt, dass sich eine klare Hierarchie herausgebildet hat. Ich denke, das ist der Grund für die Schwankungen während der Saison. Wir brauchen einen guten Rhythmus, um zu punkten. Wenn wir anfangen nervös zu werden, überlegen wir zu viel. Das hat man beim Spiel gegen Frankfurt gesehen. Wir haben sehr gut angefangen, hatten viel Selbstvertrauen, dann kamen die ersten Probleme und wir haben angefangen, Fehler zu machen. Die Defense war in Ordnung aber das Selbstvertrauen war weg. Wir hatten Angst, die Spieler haben sich gefragt ‚wie punkten wir jetzt?‘
Gegen Frankfurt haben nur ganz wenige Situationen gereicht, um das Team komplett herunterzuziehen. Frankfurt hat die Würfe mit dem Selbstvertrauen genommen „ich werde diesen Wurf treffen“, bei Alba eher „hoffentlich werde ich diesen Wurf treffen“.
Das ist alles eine Frage von Rhythmus und der führt zu Selbstbewusstsein. Wir treffen bei drei Angriffen nicht und dann denken die Spieler, sie müssten jetzt unbedingt punkten. Und wenn sie dann den nächsten Wurf nehmen, kommt der Hintergedanke, was passiert, wenn sie nicht treffen. Und wenn du so denkst, dann wirst du nicht konstant treffen. Frankfurt dagegen ist eine feste Einheit. Sie sind ein gutes Team, vor der Saison hätte sie wohl kaum jemand so hoch eingeschätzt. Sie haben nun das Selbstbewusstsein, weil sie es über die Saison hinweg entwickelt haben. Ich hatte vor dem Spiel im TV gesagt, dass sie immer ein toughes Team sind, auch wenn sie zurückliegen. Sie kennen ihre Rollen, bei ihnen ist alles klar. Bei Oldenburg auch. Und das kommt durch die tägliche Arbeit über die komplette Saison.
Frankfurt ist der Gegner in der ersten Playoff-Runde. Was kann Alba in den verbleibenden Tagen machen, um die Chancen zu verbessern?
Es gibt natürliche taktische Feinheiten, die der Coach vornehmen kann. Aber zunächst einmal müssen wir „mit Leib und Seele“ (sagt es auf Deutsch) spielen. Das muss Teil unserer DNA sein, egal wie das Spiel läuft. Ich denke, das Team ist davon nicht weit entfernt. Sie geben sich Mühe hart zu spielen. Neulich kamen die Jungs eine Stunde vor dem Videostudium um zu werfen und sich zu verbessern, obwohl das Bayreuth-Spiel anstand. Wir müssen Druck vom Team nehmen, weil wir damit gerade nicht so gut umgehen. Wir sind ein konkurrenzfähiges Team, das haben wir im Pokal bewiesen. Wir müssen in uns hineinschauen und wieder das Beste aus uns rausholen. Frankfurt ist Dritter geworden und wir nur Sechster, aber der Unterschied zwischen beiden Teams ist nicht so dramatisch groß. Klar, wir haben keinen Heimvorteil. Aber es ist eine Best-of-5 Serie, da müssen wir nur geduldig sein und kämpfen. Dann wird sich eine Chance ergeben.
Die Mannschaft wird vor den Playoffs für ein paar Tage ins Trainingslager nach Kienbaum reisen. Was erhofft man sich davon?
Es geht darum, sich voll auf die Playoffs zu fokussieren, aber auch ein wenig den Druck von den Spielern zu nehmen und ein bisschen rauszukommen. Die Jungs sollen ans Training und an den nächsten Gegner denken um bestmöglich in die Playoffs zu starten. Es soll den Jungs gut tun, ein paar Tage zusammen zu verbringen.
Alba wird das erste Heimspiel in den Playoffs in der Max-Schmeling-Halle spielen. Waren Sie schon einmal dort, kennen Sie die Halle?
Nein, nicht wirklich. In der ersten Woche hier bei Alba war ich in der Cantianstrasse, weil dort unser Jugendprogramm seinen Sitz hat. Da bin ich an der Halle vorbei gelaufen. Die Leute meinten irgend etwas von „das ist unsere alte Arena“ und ich dachte mir so „Was??? Das ist die ‚alte Arena‘?, die sieht doch top-modern und sehr gut aus, die wollen mich auf den Arm nehmen, das ist bestimmt die richtige Halle“. Ich weiß, dass die Halle im Rahmen der Olympiabewerbung Berlins gebaut wurde. Ich war schon mal dort, aber nur in einer kleinen Nebenhalle, wo ich mir ein NBBL-Spiel angesehen habe. Ich denke, der Umzug ist ein Problem für uns, für die VIPs, für die Leute, die ihre Plätze in der Mercedes Benz Arena gewöhnt sind. Die Organisation ist ein wenig schwierig, aber auf der anderen Seite ist es eine tolle Halle für Basketball. Die Halle ist kleiner, die Leute sind dichter dran, es ist lauter.
Glauben Sie, dass der Umzug Einfluss auf das Team haben wird?
Nein, ich denke, das kann sogar helfen, es ist ein anderer Reiz.
… und die Max-Schmeling-Halle steht ja nicht nur für die alten Alba-Zeiten, sondern auch für die guten, alle Titel bis auf einen – der Korac-Cup – wurden dort gewonnen …
In Gran Canaria hatten wir auch solch eine Situation. Dort hatten wir auch erst eine kleine Halle für 5.000 Zuschauer, die wurde von den Fans geliebt und von den Gegner gefürchtet, wir waren dort nahezu unschlagbar. Als wir dann in die große Halle umgezogen sind, gab es auch viel Kritik und Argumente dagegen, dass dort die Stimmung viel schlechter sein würde und wir dort verlieren würden. Aber wenn man als Organisation wächst wird man früher oder später in eine größere Arena umziehen müssen. Das ist einfach irgendwann ein notwendiger Schritt.

Ein Gedanke zu „Das große Ojeda-Interview (pt. II): Alba aktuell, Probleme und Hoffnungen“