Die Abläufe im Trainingslager in Kranjska Gora ähneln sich von Tag zu Tag, mehr oder weniger die immer gleichen Routinen:
- Schlafen: ist als Blog-Thema nicht übermäßig ergiebig,
- Training (zwei mal am Tag): da wird im Wesentlichen vieles wiederholt und perfektioniert, worüber wir schon berichtet haben – heute sparen wir das mal aus,
- Freizeit: gibt es für Blogger nicht, die führen in der Zeit Interviews, transkribieren die, schreiben Einträge im Blog, filmen, schneiden, fotografieren uam.,
- und eben Essen: ein ernsthaftes und wichtiges Thema für Sportler, dem ich mich heute mal widmen möchte
Was hat nun „Das große Fressen“, ein fast 40 Jahre alter französisch-italienischer Filmklassiker mit Marcello Mastroianni, Michel Piccoli, Philippe Noiret und Ugo Tognazzi in den Hauptrollen, mit dem Trainingslager von Alba Berlin in Kranjska Gora zu tun? Mit den Spielern gottseidank nichts! Der Plot – vier Freunde treffen sich, um gemeinsam Suizid durch exzessives Totfressen zu begehen – passt schon eher auf uns Blogger, auch wenn wir nur zu zweit sind. Bei der Schlacht am kalten und warmen Buffet sind wir immer ganz weit vorne, uns können sie in ein paar Tagen nach Berlin rollen. In wenigstens einem Bereich müssen wir ja konkurrenzfähig sein. Die Assoziation zu Ferreris Filmklassiker lag jedenfalls nahe.
Was KÖNNTE der Spieler so über den Tag verteilt, Frühstück, Mittag, Snack, Abendbrot, so alles zu sich nehmen?:
Grapefruitsaft, Wasser, Heidelbeersaft, Orangensaft, Apfelsaft, Rote-Bete-Saft, Möhrensaft, Tomatensaft, Kaffee schwarz, Kaffee mit Milch, Milch, Gerstenkaffee, Cappucchino, Milchkaffee, diverse Sorten Tee, Schokolade, Gerstenkaffee mit Milch, gekochte Eier, Rühreier, Spiegeleier, sunnysideup, gebratener Schinkenspeck, gebratene Würstchen, andere gebratene Würstchen, gekochte Würstchen, arme Ritter, Müsli, Corn Flakes, Schokopops, Naturjoghurt, Fruchtjoghurt, Milch, Toast, zig Sorten Marmelade und Konfitüre, verschiedener Honig, 10 Sorten Brot, 10 Sorten Brötchen, Zwieback, Knäcke, 8 Sorten Torten, diverse „Teilchen“, Gemüsesuppe, Rinderboullion, Croutons, Spaghetti Carbonara, Spaghetti Bolognese, Schweinekotelett, Rinderbraten, Schweinerouladen, Geflügelspiesse, Hacksteak, Truthahnbrust, gemischtes Gemüse, Rosenkohl, gedünstete Zucchini, gedünstete Tomate, Herzoginkartoffeln, Kroketten, Bratkartoffeln, schnöde gekochte Kartoffeln, Backkartoffeln, Kartoffelbrei, Kartoffelgratin, Polenta mit Käse, Gnocchi, Pommes frites, Risotto, gegrillter Thunfisch, Seezunge, diverser anderer Fisch, Grillhähnchen, Weintrauben, Wassermelone, Zuckermelone, Äpfel, Bananen, Orangen, Pfirsiche, Pflaumen, Erdbeereis, Vanilleeis, Schokoeis, Karamelleis, Kokoseis, rohe Tomaten, Gurken, Eisbergsalat, Rucolasalat, Rotkraut, Weisskraut, Möhrenkraut, grüne Bohnen, weisse Bohnen, Blumenkohl, Rote Bete, Mais, Wurstsalat, Käse, Salami, gekochter Schinken, Rohschinken, Schwarzwälder Schinken, anderer Schnittkäse, Weichkäse, diverser anderer Aufschnitt … und natürlich Cevapcici, aber noch nicht zum Frühstück … sicher noch etwas vergessen. Und das essen die Spieler alles … natürlich nicht. Alles davon isst nur die schreibende Zunft. Die Spieler ernähren sich – natürlich – bewusster und gesünder.
Für die richtige Ernährung der Spieler ist einer der Teamärzte, Dr. med. Kai Dragowsky, zuständig. Kai ist Oberarzt und Leiter des Zentrums für Sportmedizin im Unfallkrankenhaus Berlin, welches sich mit Sportmedizin und Leistungsdiagnostik beschäftigt, zudem Teamarzt der Volleyball-Nationalmannschaft und beschäftigt sich schwerpunktmäßig noch mit Sporttraumatologie, Arthroskopischer Gelenkchirurgie , Orthopädie und Unfallchirurgie.
Voraussetzung für die passenden Ansätze für eine optimierte Ernährung ist zunächst erst mal die Feststellung des Ist-Zustandes, des allgemeinen körperlichen Zustandes der Spieler. Dementsprechend wurden letzte Woche Freitag und diesen Montag alle Spieler im Detail durchgecheckt, d.h. einer detaillierten Diagnostik unterworfen. u.a. Fett- und Wasseranteile im Körper ermittelt um zu analysieren, wo man mit gezielter Ernährung genau bei welchem Spieler ansetzen kann um ein optimales Leistungsvermögen erreichen zu können. Der körperliche Zustand ist sowohl wichtig für die eigentliche Leistung, aber auch für die körperliche Regeneration. Dabei spielt eine richtige Ernährung eine wichtige Rolle, gerade in der Saisonvorbereitung, wo viel Energie verbraucht wird und deshalb eine ausgewogene Ernährung wichtig ist. In der Saisonphase wird die Ernährung etwas angepasst, richtet sich dann nach den Spielzyklen und entsprechenden Belastungen bzw. Ruhephasen. Es ist auch wichtig, gerade in der Vorbereitungsphase mit hohen Belastungen, sich Ruhepausen zu gönnen, sonst tritt der gewünschte Trainingseffekt, der stufenartig gesteigert werden soll, nicht in gewünschtem Maße ein. In der Vorbereitung, in der viel Krafttraining gemacht wird, müssen entsprechend mehr Eiweisse angeboten werden, mehr Kohlenhydrate zugeführt werden. Im Laufe der Saison ist das etwas anders, da muss man dann manchmal auf Fette verzichten.
Falls man jetzt im Trainingslager das Gewicht etwas reduzieren wollte, dann ist eben mal Süßes tabu. Süßes ist nicht grundsätzlich schlecht, das ist Zucker, aber da muss man die richtige Balance finden. Wenn am nächsten Tag viel gelaufen werden soll, gibt es mal abends nichts Süßes oder Frittiertes.
Ein ganz wichtiger Bestandteil richtiger Ernährung ist es, genug zu trinken. Gerade in Kranjska Gora, 800 m in der Höhe, über 30 Grad Hitze. Das Problem, zu wenig zu trinken, betrifft fast alle Menschen, bei Sportlern ist es aber natürlich besonders wichtig. Manche Spieler sind von sich aus hinterher, dass sie genug trinken, bei ein paar Trinkmuffeln muss man als Arzt mehr darauf einwirken, dass die genug Flüssigkeit zu sich nehmen.
Manche Spieler bekommen auch zusätzlich Nahrungsergänzungsmittel um gewisse Defizite abzudecken. Wer z. B. nicht gern Fleisch ist, bekommt da schon mal ein Vitamin-B-Präparat, da das Vitamin B im Wesentlichen nur in Fleisch enthalten ist. Oder wenn die Muskeln sehr beansprucht sind, brauchen die Spieler mehr Magnesium. Diese Sachen bespricht der Teamarzt mit dem Trainer in Abhängigkeit vom Trainingsplan. Es werden auch Blutuntersuchungen gemacht, um die Auswirkungen des Trainings auf den Spieler zu messen, inwiefern den das angestrengt hat oder ob da noch Reserven sind.
Grundsätzlich haben die Spieler freie Wahl bei der Buffetauswahl, Spieler sind ja auch Menschen und sollen sich wohl fühlen. Aber bei bestimmten Kandidaten gibt es schon mal Hinweise, was sie besser weglassen sollten und wovon sie mehr nehmen könnten. Gerade bei den grossen Spielern kommt es auch darauf an, dass die genug essen. Bei den jungen Spielern, die am Anfang der Karriere geben, muss der Teamarzt natürlich mehr Ernährungsratschläge geben, Hinweise zu einer generell gesunden Lebensweise, an die sie sich halten können und sollen, auch wenn mal kein Arzt in der Nähe ist. Eine gesunde Ernährung ist einfach wichtig, wenn man zehn und mehr Jahre als Profisportler arbeiten will. Der Körper ist einfach das „Arbeitsgerät“ und Kapital und damit muss man entsprechend sorgsam umgehen. Viele Spieler kommen aber auch von selbst zu den Ärzten und holen sich Ratschläge,wie sie ihre Ernährung optimieren können.
Spieler sollen sich auch wohlfühlen, wenn man denen strikt ihre Lieblingsspeisen verbieten würde, werden die auch nicht glücklich, da muss man dann einfach das richtige Maß finden. Auf Auswärtsfahrten ist es manchmal generell schwierig, sich sportlich vernünftig zu ernähren, da gibt es manchmal gar keine Alternative zu Fast Food, Pizza und Co. Aber auch da kann man mal zum Salat greifen. Aber natürlich haben Spieler nach den Spielen Hunger und müssen etwas essen. Ab und an mal Fast Food lässt sich medizinisch vertreten und verkraften, wenn das Grundprinzip stimmt und man sich sonst gesund ernährt, wenn die Möglichkeit dazu besteht.
Wichtiger als der Zeitpunkt wann man was ist, was eigentlich überhaupt nicht besonders wichtig, mal abgesehen davon, dass Essen vor dem Schlafen nicht gut für einen erholsamen Schlaf und die Regeneration ist, nein wichtiger ist natürlich was man isst. Aufs Trainingslager bezogen viele Eiweisse, Fisch, weisses Fleisch, kein rotes Fleisch … viel Salat, Obst, immer mal zwischendurch … und natürlich viel trinken. Wie das über den Tag verteilt ist, ist dann relativ egal, wenn es ausgewogen ist. Der Arzt schaut schon mal, wie die Spieler sich ernähren, aber in erster Linie sind die Spieler – Profis – selbst verantwortlich, sich an die Ernährungsrichtlinien zu halten. Schummeln können sie eh nicht, der Arzt kriegt bei den regelmäßigen Untersuchungen sowieso mit, wer da übermäßig „sündigt“. Gerade im Trainingslager erwartet man eine bestimmte Entwicklung der Messwerte. Man sieht ja, wie die Fettverteilung sich entwickelt. Die inaktive Masse soll zu aktiver Masse werden. Es geht bei Basketballern nicht immer und unbedingt um Gewichtsreduzierung, aber die Masse sollte eben hochgradig Muskelmasse sein, kein Fett. Bei inaktiver Masse ist die Verletzungsanfälligkeit auch grösser. Fett bindet Sauerstoff! Dieser Sauerstoff fehlt dann für die Regeneration. Gerade Basketballer sind auf eine schnelle Regeneration angewiesen. Die kommen aufs Feld, sollen schnell Maximalleistung bringen und sich bei einer Auswechslung so schnell wie möglich regenerieren. Das geht aber nur mit einer guten Kondition, ohne gute Kondition schafft es der Spieler nicht, sich in der kurzen Pause ausreichend zu regenerieren. Der Arzt kann das in gewisser Weise mit Vitaminpräparaten untestützen, aber die Grundlage muss der Spieler legen. Viel Fett = schlechte Kondition! Wichtig ist aber, das Fett nicht einfach abzubauen, Gewichtsverlust wird gerade bei den grossen Spielern gar nicht angestrebt. Es geht darum Fett in Muskelmasse umzubauen, aktive statt passive Masse.
Wieder was gelernt, jetzt müsste der gemeine Blogger sich nur noch daran halten … 😉
Ach der gemeine Blogger muss ja körperlich nicht fit sein, nur der Kopf und die Hand müssen ihren Dienst erledigen. Fragt den Doc mal, welche Nahrungsmittel sich für die schreibende Zunft eignen. Ach ja, und natürlich ein dankendes Prost auf euch (weil trinken schadet gewiss nichts).
Trinken wird ja sogar ausgesprochen empfohlen … 😉
Nur so nebenbei, es muss „Das große Fressen“ heißen, nicht „Das grosse…“!
Ja, richtig, ist geändert. So lange inhaltlich nicht viel auszusetzen ist … 😉
Neechen:
Mist, keine Cevap zum Frühstück ;))
Sehr coole Beiträge so far. Danke Euch!