alba-inside ist verabredet mit Mithat Demirel, dem Sportdirektor von Alba Berlin. In der Knesebeckstrasse, dem Sitz der Alba Group und auch des Basketballvereins, riecht es am Nachmittag dieses grauen 8. April nach Maccabi, das „Spiel des Jahres“ liegt regelrecht spürbar in der Luft. Aber Mithat Demirel nimmt sich Zeit, wir wollen reden. Natürlich über das nahe liegende Spiel gegen den Euroleague-Titelverteidiger. Darauf wollen wir uns hier im ersten Teil des Interviews als kleinen Ausschnitt weitgehend beschränken. Aber wir reden über vieles mehr, spannen einen großen Bogen von der Arbeit Demirels als Sportdirektor, über die aktuelle Situation, Strategiefragen, Gegenwart und Zukunft. Und über die Arbeit an der Basis mit dem Nachwuchs, die das Fundament allen Handelns bei Alba Berlin bildet. Dazu dann in weiteren Teilen in den nächsten Tagen mehr.

Mithat, erinnerst du dich noch an den 9. Januar 1997?
9. Januar 1997? Also vom Datum her nicht, lass mich mal kurz nachdenken. Mein erstes Spiel? Nee, mein erstes Spiel war gegen Leverkusen …
Am 9. Januar 1997 hat Alba das erste und einzige Mal in Berlin gegen Maccabi Tel Aviv gewonnen. Hast du vielleicht noch Erinnerungen daran, auch wenn du damals nicht mitgespielt hast?
Ehrlich gesagt: Nicht wirklich, wir haben so oft gegen Maccabi gespielt. Auch in der Vorbereitung, das muss so 2004/2005 gewesen sein. Welcher Pointguard war damals bei Maccabi? McDonald?
Nee, Doron Sheffer, Derrick Sharp, Oded Katash waren damals dabei
Ah okay, das war die Zeit! Aber ich kann mich wirklich nicht mehr erinnern.
Maccabi ist wahrscheinlich gerade DAS Thema, das bei Alba allen durch die Köpfe geht: die Bedeutung des Spiels ist wohl jedem klar. Das ist ja sicherlich auch eine gewisse Schwierigkeit für die Vorbereitung auf das Spiel? Bereitet man sich da irgendwie besonders darauf vor, auch im mentalen Bereich, um bloß nicht zu verkrampfen?
Ich glaube die große Stärke des Teams ist, dass wir uns auf jedes einzelne Spiel vorbereitet und fokussiert haben. Selbst wenn wir nur weniger als 48 Stunden hatten, haben wir uns auf jedes Spiel, auf die gegnerischen Spieler und die Taktik ganz konzentriert vorbereitet. Genauso werden wir das Spiel auch angehen. Wir haben gegen Panathinaikos auch einen ganz normalen Ablauf gehabt. Die Jungs merken natürlich immer mehr, dass die Begegnungen an Bedeutung zunehmen, da kommt von außen auch sehr viel. Dieses Spiel braucht keine Extra Motivation. Jeder weiß, in was für einer Situation wir uns selbst gebracht haben. Das hat sich das Team erarbeitet und auch verdient. Man spürt, dass der Hunger grösser wird und die Jungs an sich glauben. Klar wird am Anfang ein wenig Anspannung da sein aber Maccabi hat viel mehr zu verlieren als wir. Wir werden versuchen einfach im Spiel zu bleiben, so wie gegen Panathinaikos und dann müssen wir da sein wenn sich die Chance ergibt.
Also versucht man eher die Besonderheit aus dem Spiel heraus zu nehmen?
Ja, wir machen alles so wie immer. Das hat uns stark gemacht und genauso gehen wir das Spiel auch an.
Als Sportdirektor ist man ja „Mädchen für alles“, du hast also ein sehr weites Betätigungsfeld. Ist man dann gewissermaßen auch Psychologe?
Ich hab ja das Glück, dass ich selbst lange gespielt habe und mich daher auch in einige Spieler hineinversetzen kann. Es gibt natürlich Situationen während einer Saison, bei denen man sich mit dem einen oder anderen zusammensetzt. Wenn man so viel unterwegs ist, ist es völlig menschlich, dass man nicht immer nur den Trainer hören möchte. Das fängt bei Marco (Baldi) an und geht durch das gesamte Staff, dass wir für die Jungs da sind, damit sie sich voll und ganz auf Basketball konzentrieren können – auch wenn es mal Probleme geben sollte, die nichts mit Basketball zu tun haben. Die Jungs wissen, dass wir dafür da sind. Das ist und war auch schon immer eine große Stärke des Klubs. Das ist auch ein wichtiger Teil des Erfolgs: die Jungs sind gerne hier, fühlen sich hier sehr wohl und sind dadurch in der Lage, sich zu Höchstleistungen zu pushen.
Innerhalb eures sehr engen Spielplans war Niels Giffey am vergangenen Samstag im „aktuellen Sportstudio“, zwischen den Spielen in Athen und in Quakenbrück. Es treffen also auch zwei Interessen aufeinander: zum einen die Spielvorbereitung, zum anderen ist es für Alba sicherlich eine Sache die man gerne mitnimmt, wenn ein Spieler vor so einen großen Rahmen auftritt. Das Sportstudio hat ja durchaus einige Millionen Zuschauer. Wie vereinbart man diese Interessen? Wie war eigentlich der genaue Ablauf mit der Anreise und Abreise zur Sendung und zwischen Berlin – Mainz – Quakenbrück?
Es ist zunächst einmal eine riesen Sache, dass Basketball im aktuellen Sportstudio gezeigt wird. Wir haben uns etwas strecken müssen, um den Ablauf zur Spielvorbereitung nicht zu stören. Dann ist Niels ist nach dem Abschlusstraining in Berlin am Samstag abend mit mir nach Frankfurt geflogen, die Mannschaft ist mit dem Bus nach Quakenbrück gefahren. In Frankfurt wurden wir abgeholt und ins Studio gebracht. Die Sendung ging dann bis kurz vor Mitternacht und von dort aus wurden wir dann im Auto nach Quakenbrück gefahren. Niels konnte dann im Auto etwas schlafen. Er hat auch kein Training verpasst, da wir am Abend vor dem Spiel nicht trainiert haben. Das abschließende Training am Sonntag Vormittag hat er dann normal mitgemacht. Dazu sind die wenigen Trainingseinheiten die wir haben einfach zu wichtig.
Unter Umständen habt ihr mit dem Maccabi-Spiel und dem Top-4 in Oldenburg drei Begegnungen innerhalb von vier Tagen, die ihr, auch mental, auf absolut hohem Niveau bestreiten müsst. Besteht die Gefahr, dass man danach in ein kleines Loch fällt? Vor allem in Anbetracht dessen, dass das eigentliche Saison-Highlight, die BBL Playoffs, ja noch anstehen.
Das Team hatte schon mehrfach in der Saison Gelegenheiten in ein Loch zu fallen. Ob das durch diese vielen Highlights bedingt ist oder durch Verletzungen: wir haben immer als Kollektiv sehr, sehr gut reagiert. Gerade als die Verletzungen kamen, haben die jüngeren deutschen Spieler einen Schritt zugelegt und haben dem Team unheimlich geholfen. Auch nach Euroleague-Spielen mit wenig Vorbereitungszeit auf die Bundesliga-Spiele, war das Team immer hoch motiviert und sehr konzentriert bei der Sache. Die Jungs haben bisher nicht aufgehört hungrig zu sein. Das ist eine große Qualität der Mannschaft. Man muss natürlich auch sagen, die Jungs gehen an ihr Limit, das spürt man hin und wieder, unser breiter Kader hat uns bisher geholfen, das aufzufangen. Natürlich ist es eine große Herausforderung, immer wieder den Fokus und Frische auf jedes einzelne Spiel zu lenken. Bisher konnten wir das aber erstaunlich gut kompensieren.
Es ist ja in dieser Saison schon einiges passiert, das ging mit der Tabu-Verletzung los. Dann ging Stojanovski, es gab den Zwischenfall zwischen Sasa und Alex Renfroe und die Ausschreitungen beim Spiel gegen Galatasaray. Die Mannschaft hat irgendwie alles gut weggesteckt. Kannst du dir das eigentlich erklären?
Wir sind eine sehr homogene, intakte Mannschaft mit vielen guten Charakteren, die dafür sorgen, dass viele Dinge von außen an ihr abprallen. Die Spieler, egal ob jüngere oder erfahrene, unterstützen sind immer gegenseitig und sind füreinander da. Das hilft besonders in solchen Situationen.
Viel Erfolg gegen Maccabi Tel Aviv, damit diese erfolgsbedingte Doppelbelastung noch ein wenig anhält …