Auftakt nach Maß, Alba Berlin gewinnt in Ulm

Matchwinner für Alba Berlin im ersten Saisonspiel bei Ratiopharm Ulm Foto: (c) Alba Berlin
Matchwinner für Alba Berlin im ersten Saisonspiel bei Ratiopharm Ulm
Foto: (c) Alba Berlin

Alba Berlin ist mit einem 72-68 Auswärtssieg bei Ratiopharm Ulm erfolgreich in die neue Saison der Basketball-Bundesliga gestartet. Nach einer holprigen Saisonvorbereitung mit Verletzungen und fehlenden Spielern (wir betrachteten die Saisonvorbereitung mit einer Mischung aus Skepsis und Hoffnung) kam dieser Erfolg beim Sieger der Hauptrunde der vergangenen Saison überraschend, war aber durchaus verdient. Stärkster Berliner war dabei der litauische Nationalspieler Marius Grigonis (23), der 20 Punkte bei nur einem einzigen Fehlwurf erzielte. Forward Luke Sikma verpasste mit 9 Punkten und 10 Rebounds nur knapp ein double-double.

Beide Teams mussten mit Tim Ohlbrecht (Ulm) bzw. Spencer Butterfield (Berlin) auf je einen verletzten Spieler verzichten. Beide Teams mussten (Ulm) bzw. wollten (Berlin) ihren Kader neu aufstellen. Bei den Schwaben standen am ersten Spieltag mit dem „ewigen“ Per Günther und Da’Sean Butler nur noch zwei Spieler aus der Kernrotation der Vorsaison im ersten Saisonspiel auf dem Feld, hatten dafür jedoch mit Thorsten Leibenath Kontinuität auf der Trainerposition. Bei den Berlinern waren es immerhin mit Peyton Siva, Niels Giffey, Akeem Vargas und Bogdan Radosavljevic iimmerhin vier Spieler aus der Vorsaison, wobei nur Siva und Giffey in der vergangenen Saison größere Rollen inne hatten. Dafür kam mit Aíto ein neuer Coach mit neuen Ideen. Allerdings wurden leistungsstarke Abgänge durch teilweise noch namhaftere Zugänge ersetzt. Ulm hat die Abgänge von u.a. Augustine Rubit (nach Bamberg), MVP Raymar Morgan (in die Türkei) und Chris Babb (zu Sasa Obradovic nach Russland) durch die go-to-guys der Bonner und Bayreuther, Ryan Thompson und Trey Lewis, vor allem aber den NBA- und Euroleague-erfahrenen Luke Harangody (mit Potenzial zu einem DER Top-Spieler der Liga) adäquat ersetzt. Auch Berlin hatte mit u.a. ACB Champion Luke Sikma, dem litauischen Nationalspieler Marius Grigonis oder einem der größten europäischen Pointguard-Talente – der 20jährige Stefan Peno kam vom FC Barcelona – starken Ersatz für u.a. Dragan Milosavljevic und Elmedin Kikanovic gefunden. Und dann war da natürlich auch noch Ismet Akpinar, der im Sommer von der Spree an die Donau gewechselt war. Dementsprechend war man auf beiden Seiten gespannt, wie die Zusammenstellung des neuen Teams geglückt war. Unzufrieden müssen im nachhinein beide nicht sein, erfolgreich(er) war der Start jedoch für die Hauptstädter.

A propos „erfolgreicher Start“: Den besseren Start in die Partie hatten die Berliner. Nach 15 Sekunden erzielte Marius Grigonis per Dreier die ersten Punkte der Saison für Alba Berlin, es sollten noch 17 weitere im Spielverlauf folgen. Nach gut 5 gespielten Minuten hatten die Gäste bereits 18 Punkte auf dem Konto, wovon allein 7 auf das Konto von Grigonis gingen. Die Ulmer waren durch den guten Start von Alba überrascht, konnten sie hinten nicht stoppen und vorne nicht die eigene Offense aufziehen (18-9). Die zweite Hälfte des ersten Viertels konnten die Gastgeber dann jedoch ausgeglichen gestalten, sodaß mit einer 7 Punkte Führung von Alba Berlin (24-17) in die erste Pause ging.

Basketball ist ein Spiel der Läufe – 2,53 Euro (5,00 Mark) ins Phrasenschwein. Ganz zum Anfang der Saison sind die Teams noch nicht stabil, die Systeme laufen noch nicht verlässlich und automatisiert durch. Das gilt auch für Alba Berlin, bzw. angesichts der holprigen Vorbereitung gerade für Alba Berlin. Was im ersten Viertel noch sehr gut funktioniert hatte, die Offensive, geriet im zweiten ins Stocken, auch einfache Abschlüsse (u.a. Akeem Vargas mit einem 1 gegen 0 Korbleger) wurden verlegt. Das gute Zusammenspiel und daraus resultierende leichte Würfe funktionierte auch dank einer stärkeren Ulmer Defense nicht mehr so, wie im ersten Abschnitt. Das Ergebnis waren bescheidene 9 Pünktchen und ein knapper Rückstand zur Halbzeit (33-35). 

In der Halbzeitpause ist es Headcoach Aíto offensichtlich gelungen, die richtigen Worte zu finden, um seine Mannschaft wieder in die Erfolgsspur zurück zu bringen. Wie schon zu Beginn der ersten Halbzeit hatten die Berliner wieder den besseren Start und konnten sich nach und nach auf bis zu 10 Punkte absetzen. Wechselnde Verteidigungsvarianten und immer mal wieder eingestreutes Doppeln das ballführenden Gegenspielers waren gegen die Ulmer Offensivkräfte effektiv und gestatteten den Gastgebern im dritten Abschnitt nur 14 Punkte. Bis ins vierte Viertel hinein konnte das Team von Coach Aíto den Vorsprung knapp zweistellig gestalten. Ulm versuchte vor heimischen Publikum natürlich nochmals alles und konnte auch noch einmal auf bis 3 Punkte verkürzen, aber immer, wenn es ganz brenzlig für die Gäste wurde, konnten sie sich auf ihren „man of the match“, Marius Grigonis, verlassen. Der Litauer erwies sich als go to guy und verwandelte in der Schlußphase wichtige und schwere Würfe. Ein buzzer beater von Trey Lewis von der Mittellinie sorgte nur noch für Ergebniskosmetik und den 68-72 Endstand.

Albas neuer Headcoach Aito Garcia Reneses überzeugt als Dirigent an der Seitenlinie.
Albas neuer Headcoach Aito Garcia Reneses überzeugt als Dirigent an der Seitenlinie.

Aus Berliner Sicht natürlich ein Sieg zum Saisonstart, den man angesichts der Ulmer Heimstärke der letzten Jahre so nicht unbedingt einplanen konnte. Es war vor allem eine geschlossene Mannschaftsleistung mit einer echten 10er Rotation (Spieler mit +10 Minuten), bei der die Hierarchie schon recht klar zu sein scheint. Die Mischung aus „Häuptlingen“ und „Indianern“ passt und jeder kennt seine Rolle. Da ist Ulm noch nicht ganz so weit. Man hat viele balldominante Spieler (Lewis, Harangody, Thompson, Akpinar, Günther, Butler) verpflichtet, die offensiv stark sind … hat jedoch nur einen Ball für diese. Dort sind die Rollen noch nicht klar und müssen sich über die nächsten Spiele heraus kristallisieren. Nach der Vorbereitung dachte man, dass bei Alba Berlin viel über außen gehen müsste, aber Vorbereitung ist Vorbereitung und Saison ist Saison. Im ersten Pflichtspiel war das nicht so. Gerade unter den Körben war das Berliner Team stärker als der Ulmer Kontrahent. 44 Punkte aus dem 2er Bereich gegenüber 28 Punkten von Ulmer Seite sprechen eine deutliche Sprache, die Rebounds wurden ebenfalls gewonnen. Es waren die Ulmer, die gleich 27 Mal von jenseits der Dreierlinie drauf hielten (10 Treffer), aus diesem Bereich haben die Berliner noch Luft nach oben, von 14 Versuchen trafen nur 4 Versuche ins Ziel. Beim Schlüsselduell der beiden Lukes (Harangody / Sikma) war der Berliner „the lucky one“, aber der Ulm ebenfalls mit einer sehr, sehr starken Leistung. Und Ismet Akpinar? Hat in Ulm dort weiter gemacht, wo er in Berlin aufgehört hat und sich nahtlos ins neue Ulmer Team eingefügt. In 20 Minuten erzielte er starke 11 Punkte … hatte aber keinen einzigen Assist. Auf dem Weg zu einem echten Spielgestalter hat er noch ein gutes Stück zu gehen, ist aber in die richtige Richtung unterwegs.

Luke Sikma, der erfahrene Anführer der jungen Alba-Truppe. Der skeptische Blick war unnötig ....
Luke Sikma, der erfahrene Anführer der jungen Alba-Truppe. Der skeptische Blick war unnötig ….

Alles in allem war es aber aus Berliner Sicht ein viel versprechender Start in die Saison, auf den man aufbauen kann. Der neue Coach Aíto schafft es mit seiner unaufgeregten Art, alle Spieler einzubinden und entsprechend ihrer Fähigkeiten einzusetzen. Er ist viel mehr Dirigent als Motivator, denn motivieren sollte man einen Profi nicht müssen. Das sollten sie von alleine zu sein, der Trainer kann ihnen aber das Gefühl vermitteln, dass ihr Anteil am Spiel wichtig für den Erfolg des Teams hat. Einer der Gewinner der Veränderung auf der Trainerposition ist Akeem Vargas, der eine klar veränderte Rolle hat. Weg vom reinen 3-and-D Spieler (Dreier werfen und verteidigen), der in der Ecke auf den Pass für den Dreier wartet, hin zu einem deutlich variablerem Spiel, bei dem er über pick & roll auch aktiv in die Offense eingebunden ist. Das schlug sich gleich in 8 Punkten für ihn wider – in den letzten beiden Jahren hat  er jeweils ein einziges Mal diese Marke übertroffen.  Auch in der Defense wirkt sein Einsatz dosierter, durchdachter und weniger foulanfällig.

Akeem Vargas, einer der Gewinner der Neuausrichtung von Alba Berlin Foto: (c) Florian Ullbrich / Alba Berlin
Akeem Vargas, einer der Gewinner der Neuausrichtung von Alba Berlin
Foto: (c) Florian Ullbrich / Alba Berlin

 

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