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Zum Auftakt der Euroleague Saison 2020-21 musste sich ALBA Berlin beim Topteam Maccabi Tel Aviv erstaunlich knapp mit 73-80 geschlagen geben. Mit dem Schweden Marcus Eriksson (18) und Neuzugang Simone Fontecchio hatten die Berliner ihre besten Scorer. In einem Spiel, bei dem beide Teams noch weit von ihrer Bestform waren und viele ups und downs zeigten, hatte der deutsche Meister seine Chancen, war jedoch insgesamt nicht konstant genug und Leistungsträger blieben unter ihren Möglichkeiten.

Es war der 28. Juni, als Alba Berlin mit 75-74 gegen die MHP Riesen gewannen und die Meistertrophäe nach einem souveränen Playoff-Turnier in die Höhe reckten. Seitdem sind über drei Monate vergangen, wichtige Spieler wie Giedraitis, Hermannsson oder Nnoko haben das Team verlassen, gleich fünf Neuzugänge – der italieinische Nationalspieler Simone Fontechhio, der erfahrene Euroleague Veteran Jayson Granger aus Uruguay, der US-Amerikaner Ben Lammers sowie die deutschen Nationalspieler Maodo Lo und Louis Olinde, sorgten nicht nur für eine bunte Mischung, sondern wirbelten auch das Teamgefüge ziemlich durcheinander. Vorbereitungsspiele konnten nur bedingt Aufschluss über den Leistungsstand liefern, sodass man nicht wirklich wusste, wo das Team stehen würde.
Nicht viel besser erging es dem Gegner Maccabi Tel Aviv. Das Team der letzten Saison konnte weitgehend zusammen halten, lediglich die Abgänge von Nate Wolters, Jake Cohen und Jalen Reynolds mussten bei den Leistungsträgern verkraftet werden, wurden aber prominent(er) durch die Big Man mit NBA-Erfahrung Ante Zizic und Dragan Bender sowie den Scharfschützen Chris Jones ersetzt. Allerdings verlief die Vorbereitung ausgesprochen schwierig. Die Einschränkungen aufgrund von COVID-19 sind in Israel sehr viel gravierender als in Deutschland, das Team konnte nur drei Vorbereitungsspiele bestreiten und auch die Trainingsmöglichkeiten waren eingeschränkt.
So starteten zwei Teams mit großer Unsicherheit über den eigenen Leistungsstand in die Euroleaguesaison 2020-21. Das alles in einer komplett leeren Menora Mivtachim Arena in Tel Aviv, die sonst zu einen der stimmungsvollsten Basketballhallen Europas zählt. Alba Berlins Headcoach Aíto Garcia Reneses setzte in der Startformation zunächst auf Bewährtes, mit Siva, Eriksson, Sikma und Thiemann auf Spieler, die schon in der letzten Saison das Albatrikot trugen, mit Louis Olinde schaffte es ein Neuzugang in die sog. starting five. Diese fand zunächst auch schneller und erfolgreicher als der Gegner in die Partie, immer wieder wurde der schwedische Scharfschütze Marcus Eriksson in Position gebracht, der acht der ersten 12 Punkte der Berliner erzielte und somit maßgeblichen Anteil an der knappen 14-10 Führung des deutschen Meisters nach 5 Minuten hatte. Danach nahm Coach Aito den ersten größeren Wechsel vor und wechselte mit Lo, Lammers, Fontecchio und Granger alle weiteren Neuzugänge ein, auf deren erste Auftritte man natürlich besonders gespannt war. Dieser erste Eindruck war sehr erfreulich, Lammers erzielte bis zum Viertelende 4 Punkte ohne Fehlwurf – einen nach tollem Pass von Lo -, einen Rebound und einen spektakulären Block, aber Fontecchio konnte sogar noch mehr überzeugen. Der Italiener traf jeden seiner Würfe, d.h. einen Dreier, zwei Zweier und vier Freiwürfe, und steuerte noch drei Rebounds zur so überraschenden wie deutlichen 29-19 Führung der Hauptstädter bei.
Das Bild sollte sich leider im zweiten Spielabschnitt ändern. Der Favorit aus Tel Aviv fand aus einer stark verbesserten Defense auch zu einem Spielfluss in der Offense und konnte nicht nur den Rückstand verkürzen, sondern auch selbst deutlich in Führung gehen. Den Berlinern machte diese Defense merklich zu schaffen, aber sie verwandelten selbst auch gut heraus gespielte, offene Würfe nur selten. Gleich sechs Ballverluste leistete sich das Team von Aito in dieser Phase, alleine vier Niels Giffey, der insgesamt einen rabenschwarz Tag erwischte, zwei Peyton Siva – Maccabi Tel Aviv keinen einzigen. Dazu kamen auch noch 10 Fehlwürfe von Alba, was zwangsläufig zum 8-Punkte Rückstand zur Halbzeit führte.
Wer erwartet hatte, Maccabi würde die Partie nun nach Hause schaukeln, sah sich getäuscht, dazu waren die selbst zu instabil. Besonders die Starverpflichtungen Zizic und Bender hatten wenig Einfluss auf die Partie. Zizic blieb mit 6 Punkten, 3 Rebounds und 5 Ballverlusten blass, Bender kam nur zu einem Kurzeinsatz am Ende der Partie. Fast schon „traditionell“ stellte US-Center Othello Hunter die Berliner vor Probleme; dessen geballter Kraft hatten sie wenig entgegenzusetzen. Jedenfalls, statt weiter davon zu ziehen, gehörten die ersten Minuten der zweiten Halbzweit wieder den Berlinern, ganz genau Jayson Granger. Der erfahrene Pointguard brachte sein Team mit 8 Punkten in Folge (2 3er) wieder bis auf 2 Punkte heran. Die Gäste hätten in dieser Phase das Spiel kippen können, aber leisteten sich dafür zu viele Fehler. Auf der anderen Seite blieben sie aber auch immer mit ca. 3 bis 5 Punkten Rückstand in Schlagdistanz … um dann in der letzten Minute die Gastgeber doch noch auf 9 Punkte davonziehen zu lassen. Auch dank eines sehr unnötigen unsportlichen Fouls von Niels Giffey. So ein Frustfoul sollte einem so erfahrenen Spieler nicht unterlaufen.
Im letzten Viertel lief dann – zunächst – alles für Maccabi. In den ersten drei Minuten bauten sie ihren Vorsprung auf bis zu 15 Punkte (75-60) aus, das Spiel schien gelaufen. Allerdings war die Moral der Berliner intakt. Sie hielten die Gastgeber in den letzten sieben Minuten bei drei Punkten (und einem nicht mehr verteidigten last second lay up) und kamen durch einige erfolgreiche Dreier (Siva, Eriksson, Fontecchio) und sicher verwandelte Freiwürfe bis eine Minute vor Schluß bis auf -5 Punkte heran. Möglichkeiten, das Spiel noch ganz knapp zu machen oder zu kippen, waren da, aber offene Würfe wurden nicht genutzt. So brachte Maccabi den alles in allem verdienten Sieg sicher über die Ziellinie.
Das hat gefallen:
– 100% Freiwurfquote
– der Einstand von Simone Fontecchio (16 Punkte, 8 Rebounds, Effektivität 27)
– die Verteidigung von Jonas Mattisseck gegen Maccabis Topstar Scottie Wilbekin
Als Fazit bleibt eine verpasste Chance, den großen Favoriten Maccabi Tel Aviv einmal in seiner eigenen Halle zu überraschen. Leider hatten gerade designierte Leistungsträger wie Niels Giffey (2 Punkte, 1/5 Würfe, 6 Ballverluste, PIR -6) und der mit Foultrouble kämpfende Luke Sikma (2 Punkte, 1/3 Würfe, 4 Ballverluste, PIR -4, nur 15 Minuten Spielzeit) einen rabenschwarzen Tag. Basketball ist zwar ein Teamsport und normalerweise sollten Mitspieler in die Bresche springen, aber wenn das gleich zwei Leistungsträgern passiert, wird es schwierig. Die Neuzugänge haben einen gemischten Eindruck hinterlassen. Louis Olinde hat sein erstes Euroleague Spiel bestritten und muss sich sicher noch etwas an dieses Niveau gewöhnen, Simone Fontecchio und Ben Lammers konnten überzeugen, Jayson Granger mit einem soliden Auftritt, wobei von einem so erfahrenen Spieler in Zukunft noch mehr Einfluss auf das Spiel zu erhoffen ist. Maodo Lo blieb in dieser Partie schwach, aber dessen Leistungsvermögen ist bekannt, da muss er sich in den nächsten Spielen hinarbeiten – am besten schon gleich im nächsten Spiel gegen seinen Ex-Verein Bayern München. Insgesamt hat das Team eine ordentliche Basis, auf der man nun aufbauen kann und auch muss.