Akeem Vargas: „Wir haben den richtigen Spirit“

Akeem Vargas geht in seine dritte Spielzeit als Berliner und gehört damit schon zu den dienstältesten Profis im Kader. Als der Guard 2013 zu Alba wechselte, galt er noch als großer Underdog. Mittlerweile ist er aus dem Team nicht mehr wegzudenken und hat auch den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft. Die EM im eigenen Land blieb ihm nun jedoch wegen einer Augenverletzung verwehrt. Wie Akeem Vargas mit dieser schmerzhaften Erfahrung umgegangen ist und noch vieles mehr, erfahrt ihr in unserem ausführlichen Interview.

Akeem Vargas
Akeem Vargas im Gespräch mit alba-inside.org

Hallo Akeem! Danke für deine Zeit. Zunächst einmal wie geht es deinem Auge?
Gut so weit, alles bestens. Ich hatte in Berlin einen check-up von dreieinhalb Stunden in der Charité, da wurde alles nochmal kontrolliert. Soweit alles gut!

Von dem was man so gehört hat, hätte es ja echt übel ausgehen können, Verletzungen am Auge ziehen ja schnell gravierende Komplikationen mit sich. Hast du das im Kopf gehabt oder warst du mit den Gedanken noch bei der Nationalmannschaft?
Als es passiert ist, dachte ich erst einmal nur: Scheiße! Das war mein einziger Gedanke, trotzdem hatte ich noch die Hoffnung, dass das passt … bis zu dem Moment, in dem mir die Oberärztin gesagt hat, dass ich mindestens 10 Tage pausieren muss. Da habe ich so langsam realisiert, dass es bedeutet, nicht bei der EM dabei zu sein. Ich wollte es eigentlich nicht akzeptieren und hatte immer noch gehofft, dass es schon irgendwie passen wird. Danach ging es zurück ins Hotel, ich saß beim Teamarzt und hab die eine oder andere Träne verdrückt, weil mir bewusst geworden ist, dass die Verletzung mich die EM kostet. So wie ich gespielt habe, hatte ich keine Zweifel daran es ins Team zu schaffen. Ich saß fest im Sattel. Als Trainer hätte ich aber wohl auch so entschieden, einfach weil ich die letzten beiden Spiele nicht mitmachen konnte und der Zeitpunkt so extrem schlecht war. Als die Mannschaft nach Straßburg gefahren ist, bin ich nach Heidelberg zu meiner Familie, die mir viel Kraft gegeben hat. Dadurch hatte ich dann auch keine hard feelings mehr. Ich habe dann nur noch gehofft, dass der check-up positiv verläuft und die Netzhaut nicht mehr in Gefahr ist. Als es dann grünes Licht gab, bin ich zur Nationalmannschaft nach Köln gereist. Da hatte ich schon eine Ahnung, dass ich nicht dabei sein werde, ich hab den Jungs dann Glück gewünscht und mich verabschiedet.

Nachdem es für dich schon so schmerzhaft war, nicht dabei sein zu können: hat es nochmal mehr wehgetan, bzw. in den Fingern gekribbelt, das Team die ganzen engen Spiele verlieren zu sehen?
Natürlich hat es am Anfang wehgetan aber im Endeffekt war das Thema für mich abgeschlossen. Ich bin ein Mensch der sich zu 100% für etwas aufopfert aber wenn es nicht passt, dann kann ich es abhaken und mich auf Neues fokussieren. Von daher war es für mich klar, dass ich bei Alba in der Vorbereitung einschlagen möchte, den Weg gehen möchte, den ich vor zwei Jahren eingeschlagen habe. Natürlich habe ich die EM-Spiele geguckt und habe den Jungs geschrieben. Aber im Endeffekt habe ich die Spiele als Zuschauer verfolgt. Vom Fokus war ich schon voll auf Alba eingestellt. Alles andere ist nicht gut für den Kopf.

Eine Frage noch zur Nationalmannschaft: Als wir letztes Jahr mit dir gesprochen hatten, hast du uns gesagt es sei ‚eine Frage der Ehre für die Nationalmannschaft zu spielen und dafür auf Urlaub zu verzichten‘. Diese Diskussion war vor kurzem sehr aktuell, als Dirk Nowitzki öffentlich Daniel Theis angeprangert hat. Wie hast du das verfolgt und war es vielleicht innerhalb vom Team ein Thema, weil man sich „im Stich gelassen“ gefühlt hat?
Überhaupt nicht. Dass die Medien das Thema Theis so aufgebauscht haben fand ich auch ihm gegenüber nicht richtig. Er hatte von Anfang an gesagt, dass er für die Nationalmannschaft spielen will. Dann hat er diese OP gehabt und somit Verletztenstatus. Es wäre nicht fair gewesen, Daniel Theis den ganzen Sommer nicht dabei zu haben und ihn dann am Ende in den Kader zu stellen. Das wäre nicht richtig, ich bin der Meinung jeder muss sich das verdienen in den Kader zu kommen. Man kann nicht einfach zum Schluss auftauchen, wenn sich andere den ganzen Sommer den Hintern aufreißen. Hätte er den Verletztenstatus nicht gehabt, wäre er sicherlich dabei gewesen. Er ist ein guter und talentierter Spieler, hätte der Mannschaft sicherlich geholfen – sofern er sich einen der 12 Kaderplätze verdient hätte. Das war nicht der Fall, weil er verletzt war. Genauso wie Maxi (Kleber) und Elias (Harris). Insofern war diese ganze Debatte unnötig.

Akeem Vargas, konzentriert an der Linie
Akeem Vargas, konzentriert an der Linie

Dann lass uns mal zu Alba kommen. Du hast letztes Jahr deinen Vertrag verlängert, das war während der Saison. Für Alba war das in den letzten Jahren eher untypisch. Wann stellte sich heraus, dass ihr euch schon während der Spielzeit zusammensetzen wollt?
Wir haben in den letzten Novemberwochen das erste Mal gesprochen, mein Agent kam auf mich zu und teilte mir mit, dass Mithat und Marco sich gerne mal mit mir hinsetzen und darüber reden würden. Ich hab gleich gesagt, dass ich mich in Berlin wohlfühle und froh bin, wenn das schnell vom Tisch ist. Ich bin kein Fan davon, die Saison zu Ende zu spielen und dann im Sommer rumzusitzen und auf den Agenten und Angebote zu warten. Das zieht sich dann über Wochen hin und man weiß nicht, wie es weitergeht. Ich finde in Berlin habe ich mich toll entwickelt und habe keinen Grund gesehen, das nicht weiterzuführen. Schon beim ersten Gespräch war von beiden Seiten klar, dass wir das machen. Es ging dann nur noch um ein paar Kleinigkeiten, das hat dann mein Agent geregelt. Aber davor war das ein ganz entspanntes Mittagessen, bei dem wir uns sofort einig geworden sind. Ich hab dann unterschrieben und das für mich als Weihnachtsgeschenk genommen, öffentlich wurde es ja etwas später. Ich hab positives Feedback von den Alba-Fans bekommen, das war schön. Aber auch vom Verein sehe ich es als positives Feedback, vor allem da vorzeitige Verlängerungen zuletzt eher selten waren.

Gab es von anderen Vereinen konkrete Anfragen an dich bzw. deinen Agenten?
Es gab Anfragen, aber keine, dich ich zu dem Zeitpunkt in Erwägung gezogen habe, weil ich mich in Berlin wohlfühle und keinen Grund gesehen habe, dem Verein den Rücken zuzukehren. Das kann beim nächsten Mal natürlich anders sein, weil dann etwas Zeit vergangen ist, aber zu dem Zeitpunkt habe ich meinem Agenten mitgeteilt, dass ich kein Interesse habe und in Berlin bleiben will.

Aus Neugier: kamen die Angebote eher aus dem In- oder Ausland?
Aus dem Inland, aus dem Ausland war nichts dabei.

Mit Alex King und Jonas Wohlfarth-Bottermann bist du nun dienstältester Alba-Profi. Hat sich dadurch für dich etwas in der Team-Hierarchie oder in deiner Rolle geändert?
Glaube ich jetzt nicht so wirklich, weil ich schon seit meinem ersten Jahr der Meinung war, dass ich ein Leader sein möchte und mit gutem Beispiel voran gehen möchte. Das habe ich mir von Sven Schultze abgeguckt, ich fand es beeindruckend, dass jemand mit 35 noch so trainiert und den Ton vorgibt. Ich hoffe, dass ich das die letzten zwei Jahre auch geschafft habe und es dieses Jahr auch schaffen werde, die Linie vorzugeben. Wenn man das so sieht, ist das eine Führungsrolle innerhalb der Mannschaft. Nach außen sieht man das natürlich nicht, da wird eher auf Statistiken geachtet. Ich denke, ich helfe den Jungs sehr im Bereich „Sasa verstehen“ und was seine Eigenarten angeht. Das ist nicht leicht, wenn man neu ist, wenn man sich daran gewöhnt hat, ist es gar kein Problem mehr. Ich versuche es ja auch so zu sehen, dass es „mein“ Verein ist. Ich bin seit zwei Jahren hier, zwei weitere kommen dazu. Das spielt eine große Rolle in meinem Leben, vier Jahre an einem Ort war ich zuletzt an der Urspringschule. Ich hoffe, ich kann Alba auch mitprägen und finde es toll zu sehen, dass wir auch für die letzte Saison viel positives Feedback von den Fans bekommen haben, obwohl wir zum Schluss mit leeren Händen dastanden.

Es waren ja letztendlich nur Nuancen die gefehlt haben…
Das Panathinaikos-Heimspiel zum Beispiel, das hat uns im Endeffekt das Top 8 gekostet. Das Pokal-Halbfinale war auch sehr ärgerlich. Dann das Bundesliga-Halbfinale, bei dem wir Spiel zwei und vier einfach nicht gewinnen konnten, so wie es gelaufen ist, mit doppelt so vielen Freiwürfen für das andere Team. Es hat nicht sollen sein. Trotzdem habe ich mich über die Reaktionen der Fans gefreut und dass ich dieses Team mitprägen konnte. Ich hoffe die nächsten Jahre verlaufen auch so, vielleicht ja auch mit einem oder zwei Titeln.

Letztes Jahr hattest du dich ja sehr auf die Euroleague gefreut und besonders auf Milos Teodosic. Jetzt da du gegen die ganzen großen Namen selber gespielt hast, hat es deine Erwartungen übertroffen oder hast du gemerkt, dass das ja auch nur Menschen sind.
Es sind natürlich auch nur Menschen (lacht), die aber unglaublich gut Basketball spielen können. Wer mich kennt, weiß, dass ich keine Angst vor großen Namen habe. Ich bin nicht der Typ der einen Schritt zurückmacht, sondern eher noch einen nach vorne. So war es dann auch bei den Herren, auf die ich da getroffen bin. Es war schön zu sehen, dass viele Leute gesagt haben, ich sei ein sehr guter Verteidiger. Für mich war es auch schön zu sehen, dass ich es auf top-Euroleague Level bin.

Du hast jetzt ein paar Testspiele mit den neuen Teamkollegen gemacht. Vermisst du es jetzt schon, mit Cliff Hammonds die Gegner mit Defense zu terrorisieren?
(schmunzelt) Es ist in diesem Jahr auf jeden Fall anders, Cliff war ein ganz anderer Spielertyp. Ein toller Leader, er ist wie Sven immer mit gutem Beispiel voran gegangen. Jetzt haben wir ein anderes Team, die neuen Guards müssen sich daran gewöhnen, dass wir in der Defense so viel Druck machen wollen und dass wir als Mannschaft auch davon leben. Jetzt ist ja auch Alex (King) von der Nationalmannschaft zurück gekommen, es ist schön mit ihm zu hustlen und zu wissen, dass er hinter einem ist und den Rücken deckt. Da kann ich vorne schön aggressiv raufgehen. Ich denke wir werden uns noch finden. Das Gute an dieser Vorbereitung ist, dass wir auch enge Spiele gewonnen haben, obwohl wir die Philosophie noch nicht zu 100% drin haben. Das wird noch ein paar Spiele dauern aber ich denke, das wird klappen weil wir den richtigen Spirit dafür haben.

Akeem, Danke für dieses Ausführliche Gespräch und viel Erfolg für deinen weiteren Weg!

Fass Akeem, fass!
Fass Akeem, fass!

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